Sportmedizin
EDITORIAL

Prävention allerorten?

Prevention everywhere?

Wer die Fachzeitschriften, Medienmitteilungen und Internetinformationen durchsieht findet in zunehmend Angebote zur Prävention. Prävention durch regelmäßige körperliche Aktivität wird aus der Sicht der Sportmedizin dem Begriff Sport vorgezogen, da aus vielen aktuellen Studien bekannt ist, dass bereits Bewegung und regelmäßige körperliche Aktivität im täglichen Leben einen Trainingseffekt haben. Sport vermag, vor allem im Alter, eher abschreckend wirken. Diese körperliche Aktivität ist – nicht ganz unerwartet – der zentrale Ansatz der Prävention allgemein.
Mittlerweile liegen überzeugende Studien vor, die körperliche Aktivität als Präventionsansatz mit einem hohen Evidenzgrad (IA) belegen. Eigene Analysen zeigen, dass bereits moderate körperliche Aktivität eine signifikante Senkung von Mortalität und Morbidität bewirken. Körperliche Aktivität steigert auch die Lebenserwartung bei älteren Menschen, fast noch mehr als beiden jüngeren.
Diese Argumente machen sich derzeit viele Aktionen zu nutze, von MOBILIS und Rezept für Bewegung, Sport pro Gesundheit, Ministerien mit IN FORM oder peb (plattform ernährung und bewegung) bis hin zu zahlreichen Bewegungsangeboten für Kinder. Ebenso liegen bereits Curricula und Seminare für den „Präventionsarzt“ vor, sie werden erfolgreich in der Praxis eingesetzt.
Das Thema Prävention und körperliche Aktivität ist die zentrale Aufgabe für alle Sportärzte. Bei jedem Praxisbesuch sollte die Frage nach Bewegung und körperliche Aktivität zur Standardanamnese gehören. Diese Frage ist immer in den Komplex Lebensstil einzubinden:

Nichtrauchen, Stressbewältigung, „kluge“ Diät und Gewichtsnormalisierung (oder möglichst in diese Richtung) und Stressminderung.

Neuere Studien machen die Lebensstilberatung einfacher: Alle Diäten haben sich als gleichwertig erwiesen, nach wie vor steht die mediterrane Kost im Vordergrund und die Reduzierung der Kalorien nach alter Bauernregel ( fdH). Aber alles ist nichts oder wenig ohne regelmäßige körperliche Aktivität (Projekt MOBILIS). Hier ist Motivationsarbeit zu leisten.
Zunächst müssen die Hürden zum bewegten Lebensstil erfragt werden. Die Wohnortlage, die sozioökonomischen Randbedingungen, und die lange währende Bewegungsarmut müssen erfragt und überwunden werden. Dabei ist das stufenweise Vorgehen, dem Trainingsbeginn nicht unähnlich, der wichtigste Ansatz. Die Verlockung eines langen Lebens sollte, vor allem bei Älteren, nicht im Vordergrund stehen, sondern die bessere Lebensqualität, geringere Beeinträchtigung im Alter mit besserer und längerer Selbstständigkeit (Autonomie). Und dies alles durch ein regelmäßiges Training. Mehrere große prospektive Kohortenstudien belegen diesen Ansatz.
Training und Bewegung beginnt im Hause und im täglichen Leben, durch Treppensteigen, Einkaufen zu Fuß und ähnlichem. Angebote der Sportvereine mit Qualitätssiegel oder guten FitnessStudios sind hilfreich, Bewegung in der Gruppe stimuliert, Nordic Walking ist für viele ältere Menschen ein idealer Einstieg. Entscheidend ist die Trainingsberatung, hier ist der fachkundige Sportarzt gefordert. Die aktuellen Empfehlungen, zum größten Teil evidenz-basiert, geben wichtige Hilfen im Hinblick auf Intensität, Dauer, Umfang und Art des Trainings, auch Hilfen zum Einstieg sind publiziert.
Die Sportärzte sollten diese Chance ergreifen und umsetzen. Ein mögliches Hindernis mag die fehlende Abrechnungsziffer im EBM sein. Hier sind Igel-Leistungen möglich.
Der Beginn liegt immer bei der qualifizierten Vorsorgeuntersuchung, in allen Altersgruppen (Konsensus-Empfehlung) und anschließender Trainingsberatung. Bei kardiovaskulären Problemen, aber auch bei den nicht seltenen metabolischen Fragen (Übergewicht, Diabetes) kann das Spektrum der gezielten, umfangreicheren Vorsorgeuntersuchung eingesetzt und abgerechnet werden. Bei schwierigen EKG-Befunden von Sportlern vermittelt die DGSP Fachwissen von Experten.
Die Sportärzte in der Praxis sollten nicht bis zum Präventionsgesetz warten, sondern verstärkt aktiv werden. Die sportmedizinischen Institute haben die Aufgabe, in prospektiven Studien, möglichst multizentrisch, die Effektivität, aber auch die KostenNutzen-Effekte eines körperlichen Trainings bei definierten Populationen zu untersuchen. Hier besteht noch Nachholbedarf. Voraussetzung hierfür ist der Erhalt und Ausbau der sportmedizinischen Institute in Deutschland und die Verankerung der Sportmedizin als Pflichtfach in die Approbationsordnung.
Schließt man Therapie und Rehabilitation durch körperliche Aktivität ein, dann ist Sportmedizin die Bewegung zur Gesundheit.

LITERATUR

  1. DGSP Vorsorgeuntersuchung, EKG-Experten.
  2. Flyer Bewegung und Sport: Anfangen ja, aber wie?
  3. 10 goldene Regeln Positionspapier unter www.dgsp.de
  4. Bulwer BE Sedentary lifestyles, physical activity and cardiovascular disease: From research to practice. Crit Pathways in Cardiol 3 (2004) 184-193.
  5. Haskell W et al. Physical activity and public health. Circulation 116 (2007) 1081-1093.
  6. Nelson ME Et al. Physical activity and public health in odler adults. Circulation 116 (2007) 1094-1105.