STANDARDS DER SPORTMEDIZIN
STANDARDS DER SPORTMEDIZIN
EBV-INFEKTIONEN

Epstein-Barr-Virus-Infektionen

Epstein Barr Virus Infections

ZUSAMMENFASSUNG

Aufgrund der großen Prävalenz von Epstein-Barr Virus (EBV)-Infektionen sind diese auch für die Sportmedizin von Bedeutung, Bei abnehmender Leistungsfähigkeit wird häufig an eine EBV-Infektion gedacht, besonders wenn Leistungsminderung und grippeähnliche Symptome gleichzeitig vorliegen. Die klassische Trias der durch das EBV ausgelösten infektiösen Mononukleose (IM) besteht aus fieberhafter Angina tonsillaris bzw. Pharyngitis, Lymphadenopathie und dem typischen Blutbild. Nicht selten erfolgt bei der variabel auftretenden, häufig unspezifischen Symptomatik der Erkrankung, der Vielgestaltigkeit der serologischen Antwort und zum Teil unzulänglicher Testmethoden jedoch eine falsche Diagnose. Eine serologische Diagnosestellung sollte eindeutig zwischen Seronegativität, akuter und länger zurückliegender Infektion unterscheiden. Die Therapie erfolgt rein symptomatisch. Eine Sportfreigabe sollte nach individuellem Verlauf erfolgen (z.B. subjektives Wohlbefinden, normalisierte Laborwerte), wobei bei Splenomegalie das seltene Risiko einer Milzruptur bedacht werden sollte.

Schlüsselwörter: Infektionskrankheit, Athleten, Serologie, Diagnostik

SUMMARY

Based on the high prevalence, Epstein-Barr Virus (EBV) infections are an important issue for practitioners involved in the care of athletes. EBV-infections are often assumed with a loss of performance, especially when symptoms of the common cold and lymphadenopathy appear simultaneously. The classic triad of infectious mononucleosis (IM) consists of feverous tonsillitis or pharyngitis, lymphadenopathy and atypical lymphocytosis. False diagnoses are possible as a result of the variable, often unspecific symptoms, the diverse serologic response and in part insufficient diagnostic tests. The main task of EBV serology is the definite detection or exclusion of a primary or past infection. Acute, primary EBV infection requires supportive, symptomatic therapy. A return to sports activities should be decided based on the individual course of the disease (e.g. subjective well-being, normalized blood tests) while the rare risk of splenic rupture in patients with splenomegaly should be considered.

Key Words: infectious disease, athletes, serology, diagnostics

EINLEITUNG

Mit einer Prävalenz von 90-95% im Erwachsenenalter besitzt die Infektion mit dem zur Gruppe der Herpesviren gehörenden EpsteinBarr-Virus (EBV) eine Bedeutung in der Sportmedizin und im Leistungssport. Die Erstinfektion mit EBV entsteht durch Speichelkontakt mit Virusaufnahme über Epithelien des Naso- und Oropharynx und kann klinisch inapparent oder mit Symptomen der infektiösen Mononukleose (IM, auch Pfeiffer`sches Drüsenfieber) erfolgen. Es lassen sich zwei wesentliche Erkrankungsgipfel unterscheiden. Zum einen kommt es im Kleinkindalter zu einer Erstinfektion, die klinisch meist asymptomatisch verläuft. Zum anderen kommt es in der späten Adoleszenz und im jungen Erwachsenenalter zu einer EBV-Erstinfektion, die in etwa 50-75% der Fälle mit typischem Krankheitsbild einer IM imponiert. Die hohe Prävalenz ist auch dadurch bedingt, dass es nach Erstinfektion zu einer Ausscheidung des Virus im Oropharynx für etwa 6-18 Monate kommt, die danach bei lebenslanger Latenz intermittierend über Jahrzehnte erneut auftreten kann. Bei abnehmender Leistungsfähigkeit im Sport und Verlust von Trainings- und Wettkampfform wird häufig an eine EBV-Infektion gedacht, besonders wenn Leistungsminderung und grippeähnliche Symptome gleichzeitig vorliegen.

KLINISCHES BILD

Das klinische Bild einer akuten EBV-Infektion ist sehr variabel. Die Inkubationszeit bis zum Auftreten von Symptomen beträgt etwa 4-7 Wochen. Nach einer Phase von allgemeiner Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen und geringem Fieber besteht die klassische Trias der IM aus fieberhafter Angina tonsillaris bzw. Pharyngitis, Lymphadenopathie und dem typischen Blutbild (Leukozytose mit mononukleären Zellen, sog. Monozytose). Zudem kommt es in ca. 50-60% der Fälle zu Splenomegalie und einer milden Hepatitis mit Erhöhung der Transaminasen mit Übelkeit, Erbrechen und Appetitlosigkeit. Die Wahrscheinlichkeit einer Milzruptur wird als sehr gering eingeschätzt (ca. 0,1-0,2%), die in mehr als 50% spontan erfolgt und dennoch insbesondere bei Kontaktsportarten ein besonderes Risiko darstellt.
Eine exanthemische Form und Urtikaria sowie ein petechiales Exanthem am harten Gaumen sind außerdem möglich. Typischerweise kommt es nach Gabe von Amoxicillin/Ampicillin, unter Umständen auch bei anderen Antibiotika, bei initial vermuteter bakterieller Infektion zu einem makulopapulösem Exanthem, das nicht einer echten Allergie entspricht und noch immer wenig verstanden bleibt.
Bei Kindern kann eine respiratorische Symptomatik im Vordergrund stehen, sehr selten kann es auch im Erwachsenenalter zu Atemwegsobstruktionen kommen. Seltene neurologische Symptome (z.B, Guillain-Barré Syndrom, Fazialisparese) stellen eine besondere diagnostische Herausforderung dar. Als Folge der polyklonalen B-Zellstimulation können Autoantikörper auftreten, die die Grundlage für hämolytische Anämie, Neutropenie und Thrombozytopenie bilden. Prinzipiell kann EBV jedes Organsystem befallen, so dass beispielsweise in seltenen Fällen auch Pneumonie, Myokarditis und Myositis beobachtet werden können. Während der EBV-Primärinfektion kommt es zu einer vorübergehenden Suppression der zellulären Immunantwort.
Das Virus wird ferner mit der Entstehung verschiedener Malignome assoziiert, beispielsweise von B- und T-Zell Lymphom, Hodgkin-Lymphom sowie dem Nasopharynxkarzinom. Eine besondere Rolle spielt EBV bei immuninkompetenten Patienten, z.B. bei HIV-Infektion, bei denen im allgemeinen ein komplizierter, schwerwiegender Verlauf und Komplikationen auftreten können.
Die akuten Symptome bestehen für etwa 1-2 Wochen, darüberhinaus kann es für etwa 6 Monate jedoch zu einer vermehrten Müdigkeit und Abgeschlagenheit kommen, die sich insbesondere bei Athleten bemerkbar macht. Als mögliche Risikofaktoren für prolongierte Müdigkeit wurden weibliches Geschlecht und vorbestehende Stimmungsstörungen wie Angststörungen und depressive Störungen beschrieben (17).

DIAGNOSTIK

Bei Patienten der späten Adoleszenz und dem jungen Erwachsenenalter sollte bei allgemeiner Abgeschlagenheit, Fieber und Pharyngitis mit Lymphadenopathie an das Vorliegen einer akuten EBV-Infektion gedacht werden. Neben einer gründlichen Systemanamnese sollten bei der klinischen Untersuchung insbesondere die Lymphknotenstationen, der enorale Status und das Abdomen sorgfältig beurteilt werden. Bei entsprechendem Verdacht ist eine Blutabnahme zur Untersuchung des Blutbildes und der Laborchemie (inkl. Transaminasen) sinnvoll. Im Blutbild zeigt sich häufig eine Lymphozytose (>4.500/µl bzw. >50%). Zudem können im Blutausstrich oder von automatisierten Analysegeräten atypische Lymphozyten identifiziert werden (relativ >10%), die jedoch nicht spezifisch für eine EBV-Infektion sind und im Falle von automatisierten Geräten manuell betrachtet werden müssen, um beispielsweise Blasten auszuschließen. Erhöhte Transaminasen können insbesondere bei Patienten mit Pharyngitis auf eine akute EBVInfektion hinweisen.
Im Leistungssport ist bei einfacher Verfügbarkeit eine Abdomensonografie hilfreich, um Milz und Leber zu beurteilen. Bedacht werden sollte, dass im Leistungssport allgemein sowie in der jungen Bevölkerung eine leichte Splenomegalie ohne Krankheitswert bestehen kann, die die Diagnose einer EBV-assoziierten Pathologie erschweren kann (9, 14).
Da sich die Symptome mit denen anderer Krankheitsbilder überlappen, sind folgende Differentialdiagnosen in Betracht zu ziehen: A: Streptokokkenangina und Infektionen mit anderen respiratorischen Erregern, wie den im Sport nicht seltenen, Rhino-, Adeno- oder RS-Viren als Auslöser von oberen Atemwegsinfektionen (URTI), B: Infektion mit HIV, Röteln-, Mumps- Zytomegalieviren, Toxoplasmose, Brucellose, Leptospirose und Hodgkin-Lymphomen (aufgrund der Lymphadenopathie), C: Infektionen mit klassischen Hepatitisviren, D: Leukämie.

Gerade wegen dieser Variabilität kommt der adäquaten weiterführenden Diagnostik eine große Bedeutung zu. Der immer noch in manchen Laboratorien und in Nordamerika angebotene EBV-Schnelltest (Paul-Bunnel-Reaktion, Nachweis von heterophilen IgM-Antikörpern, die mit Erythrozyten des Schafs, Pferdes u.a. reagieren) ist nicht EBV-spezifisch und muss ggf. aufgrund einer verzögerten Bildung der Antikörper wiederholt werden. Außerdem liefern diese Tests nicht immer eindeutige Ergebnisse, da 10-15% der Erwachsenen mit IM keine heterophilen Antikörper bilden (5).

Serologie
Für die spezifische serologische Diagnostik steht eine Vielzahl verschiedener Tests zur Verfügung (z. B. Enzyme Linked Immunosorbent Assay (ELISA), Chemiluminescence Immuno Assay (CLIA)). Gängige serologische Testmethoden liefern nicht in jedem Fall ein eindeutiges Ergebnis, weil sie nur den klassischen, nicht aber den aberranten serologischen Konstellationen Rechnung tragen, so dass falsche Diagnosen möglich sind. Diese führen nicht selten zu einer Verunsicherung von Athleten, Trainern und betreuenden Ärzten. Grundsätzlich soll durch die serologische Untersuchung eine eindeutige Zuordnung des Falles zu einer der Kategorien „negativ“, „akute Infektion“, oder „länger zurückliegende (abgelaufene) Infektion“ erfolgen.
In der Praxis basiert klassische EBV-Serologie auf der Detektion der IgG- und IgM-Antworten gegen VCA (viral capsid antigen) und Antikörper gegen EBNA-1 (Epstein-Barr virus nuclear antigen 1). Dabei ist VCA-IgG der klassische Marker für Seropositivität und bleibt lebenslang nachweisbar. VCA-IgM ist bei akuter EBV-Infektion in etwa 80% der Fälle gleichzeitig mit VCAIgG nachweisbar, selten eilt es VCAIgG voraus oder tritt verspätet auf 4. VCA-IgM ist bei 20% der akuten Infektionen nicht nachweisbar. Andererseits kann dieser Marker in einigen Fällen persistieren oder infolge von Wiederaufnahme des Virus in den lytischen Zyklus auftreten. Damit erlaubt weder der Nachweis noch das Fehlen von VCA-IgM eine eindeutige Diagnose.

Antikörper gegen EBNA-1 fehlen regelmäßig in den ersten Wochen nach Krankheitsbeginn und stellen bei Positivität den sichersten Marker für eine abgelaufene Infektion dar. Allerdings wird Anti-EBNA-1 von 5-10% der gesunden Personen nicht gebildet (4). Sowohl bei 12% eines Athletenkollektivs (N=202) als auch bei 12% der gleichzeitig untersuchten Kontrollpersonen (N=200) wurde bei länger zurückliegenden Infektionen ebenfalls kein Anti-EBNA-1 nachgewiesen (19). Negatives Anti-EBNA-1 (Nichtbildung oder sekundärer Verlust) kann daher bei gleichzeitig positivem VCA-IgG eine akute Infektion vortäuschen. Diese mögliche falsch positive Diagnose einer akuten EBV-Infektion stellt das größte Problem der EBV-Serologie dar und führt insbesondere in Athletenkreisen zu Verunsicherung. Die hier für die Immunfluoreszenztechnik aufgezeigten Probleme ( fehlendes Anti-EBNA-1; Anti-EBNA-1-Verlust; untypische IgM-Antwort) treten auch bei Verwendung von Enzymimmunoassays auf.
Bei den ebenfalls verfügbaren Lineassay-Verfahren (Test auf IgG) werden rekombinant hergestellte Antigene verwendet, die in ihrer Auswahl sowohl den typischen als auch den aberranten serologischen Verläufen Rechnung tragen. Die in Tabelle 1 dargestellten Antigene erlauben eine klare Differenzierung. Die Bestimmung des EBV-Serostatus mithilfe des IgG-Lineassays wird in Tabelle 2 auch unter Berücksichtigung aberranter Konstellationen veranschaulicht. Der wichtigste Unterschied im Vergleich zu den bisherigen Testsystemen besteht darin, dass mit dem IgG gegen das in diesem Test (RecomLine, Mikrogen, Neuried) verwendete, gekürzte Antigen p18 (patentrechtlich geschützt) ein zweiter später Marker vorhanden ist, der im Gegensatz zu EBNA-1-IgG nur sehr selten nicht gebildet und bei Immunsuppression nicht sekundär negativ wird 4. Bei negativem Anti-EBNA-1 kann aufgrund des positiven p18-IgG ein sicherer Ausschluss einer akuten Infektion erfolgen. Der mit anderen auf dem Markt befindlichen Lineassay-Testverfahren erhaltene IgG-Befund gegen das ungekürzte p18 kann nach unserem Wissen dagegen nur als allgemeiner Seropositivitätsmarker verwendet werden und erlaubt die oben aufgezeigte Differenzierung nicht. Frühe Antikörper (Early Antigens (EA) Anti-p138, Anti-p54) erlauben nur dann die Diagnose einer akuten EBV Infektion (Tabelle 2: „C“, „D“) wenn die späten Antikörper negativ sind. Dabei können frühe Antikörper in manchen zurückliegenden Fällen positiv sein, auch bei klinisch Gesunden. In einer longitudinalen Beobachtung von Wettkampfathleten konnte über ca. 12 Monate gezeigt werden, dass diese frühen Antikörper in geringen Titern zwar fluktuieren, aber konstant nachweisbar sind (18). Diese besitzen also bei immunkompetenten Personen nicht zwangsläufig einen Krankheitswert und sollten nicht als Maß für eine klinische Reaktivierung herangezogen werden (18).
Die Sicherheit der serologischen Aussage kann bei unklaren Befunden durch eine Aviditätsbestimmung der IgG-Antikörper erhöht werden (1, 16), die bei präziser Quantifizierung eine hohe analytische Schärfe zur Trennung von frischen und abgelaufenen Infektionen aufweist und als Maß für die funktionelle Affinität der Antigen-Antikörper-Komplexe beschrieben werden kann. Frische, kürzlich zurückliegende Infektionen gehen mit einer geringen Avidität der Antigen-Antikörper-Komplexe einher; abgelaufene Infektionen mit einer hohen Avidität.
Sowohl die Prävalenz der klassischen als auch der aberranten serologischen EBV-Konstellationen ist bei Athleten verschiedener Sportarten- und Leistungsklassen im Vergleich zu altersentsprechenden Normalpersonen nicht signifikant verschieden, was an insgesamt über 400 Personen gezeigt werden konnte (19). Zudem scheint über einen Saisonverlauf trotz teilweise hoher Trainings- und Wettkampfbelastung die individuelle spezifische EBV-Antikörperkonstellation stabil zu bleiben (18).
Die oben beschriebenen Probleme der Diagnostik könnten in der Sportmedizin in manchen Fällen relativiert werden, wenn bei regelmäßigen ärztlichen Besuchen (z. B. Kaderuntersuchung) beispielsweise Serum asserviert würde, das bei unklaren serologischen Konstellationen der Zukunft und Verdacht auf akute, frische EBV Infektionen vergleichsweise getestet werden könnte. Im Übergang von der Adoleszenz zum Erwachsenenalter konnte bei Kaderathleten eine routinemäßige EBV-Serologie diskutiert werden, die jedoch nicht zur Verunsicherung der betreuenden Ärzte oder Athleten beitragen darf.

EBV Viruslast und Immunfunktion
Für die routinemäßige Bestimmung der EBV-Viruslast im Speichel oder Blut findet sich bei Athleten keine Evidenz. Zwar finden sich bei Leistungssportlern im Vergleich zu einem Kontrollkollektiv eine erhöhte EBV-Viruslast in peripheren Blutleukozyten und geringere EBV-spezifische IgG-Titer (8), jedoch bleibt die klinische Relevanz davon unklar, da EBV-DNA auch bei Gesunden nachweisbar ist (13). Ein Zusammenhang zwischen positivem EBV Serostatus sowie EBVDNA im Speichel und dem häufigeren Auftreten von URTI wurde bei 11 Schwimmern vermutet (6), konnte aber kürzlich an einer Untersuchung an 236 Athleten widerlegt werden (7). In dieser Untersuchung hatte EBV-Seropositivität keinen Einfluss auf die Häufigkeit und das Ausmaß von URTI. Außerdem traten URTI bei Athleten mit einer Koinfektion von EBV und dem Cytomegalievirus, die in 21% der Fälle beobachtet wurde, seltener auf (7). Allerdings wurde hier die EBV-Viruslast nicht untersucht, die von anderen Autoren wiederum als möglicher Surrogatmarker der Immunfunktion vor dem Hintergrund von URTI bei Athleten diskutiert wird (8). Bei Studenten konnte gezeigt werden, dass bei akuter EBV-Infektion die Schwere der IM mit der Viruslast zusammenhängt (3), die Bestimmung der Virus-DNA jedoch hinsichtlich therapeutischen Entscheidungen nicht weiterhilft.
Die Terminologie bei EBV-Reaktivierungen sollte also präzise geführt werden. Während der Latenzzeit kommt es über Jahrzehnte immer wieder zu lytischen Phasen und Nachweisbarkeit von Virus DNA im Speichel (12), die jedoch nicht gleichbedeutend mit einer klinischen Reaktivierung und IM-typischen Symptomen ist. Diese ist bei Immunkompetenten, auch bei Athleten, nicht wahrscheinlich.
Chronische EBV-Infektionen sind eine Rarität und können als persistierende, klassische Symptome der IM bei gleichzeitiger hoher Viruslast im peripheren Blut definiert werden (15).

THERAPIE

Die Therapie bei akuter EBV-Infektion erfolgt rein symptomatisch, wobei Paracetamol und nichtsterodiale Antirheumatika bei Fieber, Halsschmerzen und allgemeinem Krankheitsgefühl eingesetzt werden können. Für die Anwendung von Steroiden bei der unkomplizierten IM gibt es keine wissenschaftliche Evidenz, allenfalls bei schwerwiegenden Komplikationen wie Atemwegsobstruktionen können diese eingesetzt werden. Ebenso scheint eine gezielte antivirale Therapie beispielsweise mit Aciclovir verglichen mit Placebo keinen relevanten therapeutischen Nutzen zu haben (20).
Neben der symptomatischen Therapie besteht das Ziel, in der Akutphase wesentliche körperliche Anstrengungen zu vermeiden. Insbesondere vor dem Hintergrund einer, wenn auch seltenen, Gefahr einer Milzruptur sollten sportliche Aktivitäten (Training und Wettkampf) zunächst ausgesetzt werden.

Wiedereinstieg in Training und Wettkampf
Die größte Gefahr einer Milzruptur besteht zwischen dem 2. und 21. Tag nach Beginn der klinischen Symptome (11), ist jedoch insgesamt sehr gering (0,1- 0,2%). Allgemein gültige Leitlinien für die Dauer eines Sportverbots lassen sich nur schwer ableiten. Die Milzgröße kann im Verlauf sonographisch dokumentiert werden, wobei die Diagnostik durch die Möglichkeit einer bereits zuvor leicht vergrößerten Milz erschwert werden kann (9, 14). Während serologische Titeruntersuchungen im Verlauf aufgrund der beschriebenen Variabilität nicht zielführend sind, sollten die Transaminasen und das Blutbild kontrolliert werden.
Da das klinische Bild einer seltenen EBV Myokarditis variabel ist, sollte bei neuen Tachykardien, Herzrhythmusstörungen und/ oder auffälligen Laborwerten (z.B. CK/CK-MB, Troponine) ein EKG abgeleitet werden (Vergleich mit Vor-EKG) und ggf. zusätzlich eine Echokardiographie ergänzt werden, die dennoch normale Befunde zeigen können. Bei Auffälligkeiten sollte eine kardiologische Evaluation erfolgen.
Die Sportfreigabe sollte pragmatisch nach gründlicher ärztlicher klinischer Einschätzung, je nach subjektivem Krankheitsempfinden und bei normalisierten Laborwerten erfolgen. Dabei sollte das Training behutsam wieder aufgenommen und intensive Einheiten initial vermieden werden. Dies ist in der Regel frühestens nach 2 bis 3 Wochen nach Beginn der Symptome der Fall. Bei Kontaktsportarten sollte aufgrund der theoretischen Gefahr einer Milzruptur ggf. noch eine Woche länger abgewartet werden (2). Prinzipiell sollte bei der Wiederaufnahme von körperlicher Aktivität bedacht werden, dass in ca. 4 bis 7% der Fälle bei Adoleszenten die Definition eines chronischen Erschöpfungssyndroms nach 12-24 Monaten erfüllt wird, jedoch über die Zeit hinaus eine vollständige Genesung zu erwarten ist (10). Prospektive Daten zu Athletenkollektiven fehlen hier allerdings

FAZIT

Aufgrund der hohen Prävalenz und einem Erkrankungsgipfel in der späten Adoleszenz und dem jungen Erwachsenenalter muss bei allgemeiner Abgeschlagenheit, Fieber und Pharyngitis mit Lymphadenopathie an das Vorliegen einer IM gedacht werden. Die bedeutsame Unterscheidung von akuter oder abgelaufener EBV-Infektion lässt sich am besten mit serologischen Testmethoden erreichen. Jedoch ist bei serologischem Verdacht auf eine akute EBV-Infektion auch die aberrante Konstellation von negativen EBNA-1-Antikörpern in Betracht zu ziehen (ca. 10% der Fälle), wodurch eine frische Infektion vorgetäuscht werden kann und sich erhebliche Konsequenzen, wie z. B. prolongiertes Trainingsverbot für den Athleten ergeben können. Diese aberranten Konstellationen treten bei Athleten und Normalpersonen gleich häufig auf, bedürfen aber einer eindeutigen serologischen Diagnose, um Fehlbefunde zu vermeiden. Der Nachweis von VCA-IgM ist nicht eindeutig und daher diagnostisch nicht sinnvoll. Die deutliche Positivität von mindestens einem der späten Marker kann als Ausschluss einer akuten EBV-Infektion gewertet werden. Fehlen bei Seropositivität beide späten Antikörper, so gilt der Nachweis früher Antikörper als Hinweis auf eine frische Infektion. Bei Bedarf sollte die Diagnostik durch die Aviditätsbestimmung ergänzt werden.
Im Allgemeinen ist im Leistungssport nicht von klinisch relevanten EBV-Reaktivierungen auszugehen, die nicht mit rezidivierenden Phasen einer EBV-Ausscheidung im Speichel gleichgesetzt werden dürfen. Ebenso handelt es sich bei verifizierten chronischen EBV-Infektionen um Raritäten. Dagegen kann nach EBV-Erstinfektion in wenigen Fällen eine prolongierte allgemeine Abgeschlagenheit bestehen, die sich negativ auf die Aktivität und die körperliche Leistungsfähigkeit auswirken kann. Entsprechend ist nach eindeutiger Diagnose mit symptomatischer Therapie eine differenzierte ärztliche Beurteilung notwendig, bevor Athleten wieder mit körperlichem Training beginnen, was in der Regel frühestens ca. 2-3 Wochen nach Beginn der Symptome möglich ist, bei Kontaktsportarten nach ca. 4 Wochen.

Angaben zu finanziellen Interessen und Beziehungen, wie Patente, Honorare oder Unterstützung durch Firmen: Keine.

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