Klinische Sportmedizin
AKTUELLES

Xenon – Noble Gas, Anaesthetic and Doping Substance!

Xenon – Edelgas, Narkosegas und Dopingmittel!

Auf der Sitzung des Executive Boards der WADA (World Anti-Doping Agency) in Montreal am 17. Mai 2014 wurde beschlossen, die Edelgase Xenon und Argon schon 2014 wegen ihrer Wirkung auf die Blutbildung und den „hypoxia inducable factor-1 alpha“ (HIF-1-alpha) zu verbieten, nachdem im Zusammenhang mit der Olympiade in Sotschi das erste Mal Hinweise darauf bekannt wurden, dass diese Edelgase solche Wirkungen haben können. Das Verbot wurde am 1. September 2014 wirksam (1). Da ich das federführende „Health, Medical & Research Committee“ auf dieser Sitzung vertrat, fasse ich die wichtigsten Entscheidungsgründe zusammen.
Dass das Edelgas Xenon schmerzhemmende Wirkung hat, ist seit etwa 80 Jahren bekannt. Im weiteren Verlauf setzte sich Xenon gegenüber dem Narkosegas NO (Lachgas) nicht durch, da es sehr viel teurer ist (2). Die schmerzhemmende Wirkung wird über eine nicht-kompetitive Hemmung von N-methyl-d-aspartate (NMDA) Rezeptoren, bei nur geringen Effekten auf GABAAoder nicht-NMDA glutamatergene Rezeptoren bewirkt (3). Langsam stellte sich heraus, dass Xenon Sicherheitsvorteile bringt, insbesondere keine Induktion einer malignen Hyperthermie, schnelles An- und Abfluten und antiischämische Vorteile und Neuroprotektion, sodass es immer wieder bei großen intrazerebralen Eingriffen, bei Herz- und Nierentransplantationen oder Kreislaufproblemen eingesetzt wird (2, 3).
In einem experimentellen Ischämie-Reperfusionsmodell der Mausniere wurde 2009 erstmals gezeigt, dass Xenon eine Wirkung auf den mTOR-Pathway hat, damit HIF-1alpha stimuliert und darüber Erythropoietin-Spiegel erhöht, sowie dass dieser Effekt durch den mTOR-Blocker Rapamycin blockiert wird (4). 2013 konnte gezeigt werden, dass Xenon über die HIF-1alpha-Stimulation nicht nur Erythropoietin erhöht, sondern auch IGF-1, IGF-1R, Cyclin D + E erhöht sowie Inflammationsantworten wie NF-kB, T-Zell-Antwort und Apoptose erniedrigt (5). Auch hielten die Effekte länger als einen Tag an, nachdem Xenon abgeflutet war (5). Xenon ist im Urin nachweisbar, wie das Kölner Labor bereits publiziert hat (6).
Offenkundig wurden diese Erkenntnisse in verschiedenen Ländern wie Russland für leistungssteigernde Anwendungen bei Sportlern genutzt. Vor der Olympiade in Sotschi hat erstmals die Presse breit darüber berichtet. Auch wenn kontrollierte Studien über Leistungseffekte beim Menschen fehlen, ist das Wirkprinzip so grundlegend, dass die verantwortlichen Gremien der WADA das Verbot beschlossen haben. Damit sind Narkosen mit Xenon weiter möglich, müssen aber mit einer retroaktiven TUE angezeigt werden, wenn der Eingriff nicht planbar war.

LITERATUR

  1. www.wada-ama.org
    www.wada-ama.org/Documents/World_Anti-Doping_Program/WADP-Prohibited-list/2014/WADA-Revised-2014-Prohibited-List-EN.PDF
  2. Lachmann B, Armbruster S, Schairer W, Landstra M, Trouwborst A, van Daal G-J, Kusuma A, Erdmann W. Safety and efficacy of xenon in routine use as an inhalational anaesthetic. Lancet 1990; 335: 1413–1415
  3. Sanders RD, et al. Xenon: no stranger to anaesthesia. Br J Anaesth. 2003; 91: 709-717.
    doi:10.1093/bja/aeg232
  4. Ma et al. Xenon Preconditioning Protects against Renal Ischemic-Reperfusion Injury, J Am Soc Nephrol. Apr 2009: 713–720.
    doi:10.1681/ASN.2008070712
  5. Zhao et al. Xenon protects against cold ischemia associated allograft nephropathy in rats. Kidney International (2013) 85, 112–123.
    doi:10.1038/ki.2013.334
  6. Thevis M et al. Measuring xenon in human plasma and blood by gas chromatography / mass spectrometry. Rapid Commun. Mass Spectrom. 2014, 28, 1501–1506.
    doi:10.1002/rcm.6926