Sportwissenschaft
ORIGINALIA
Spielerprofilierung im Handball

Positions- und Spielklassenspezifität anthropometrischer und konditioneller Faktoren im Männerhandball

Playing Positions and Class Specifity of Anthropometrical and Physiological Factors in Male Handball Players

ZUSAMMENFASSUNG

Problemstellung: Konditionelle Fähigkeiten sind im professionellen und semiprofessionellen Herrenhandball von großer Bedeutung. Ziel der vorliegenden Studie war es, mögliche Unterschiede zwischen Handballspielern unterschiedlicher Spielpositionen und Spielklassen hinsichtlich anthropometrischer und konditioneller Charakteristika zu analysieren.
Methoden: 97 männliche, professionelle und semi-professionelle Handballspieler aus der ersten, zweiten und dritten Handballbundesliga (HBL) wurden hinsichtlich ihrer anthropometrischen Daten sowie ihrer Sprintfähigkeit, Sprungkraft, Wurfgeschwindigkeit und Ausdauerleistungsleistungsfähigkeit untersucht.
Ergebnisse: Außenspieler wiesen eine geringere Körpergröße und ein geringeres Gewicht auf als Spieler andere Positionen (p<0,01). Körpergewicht und Body-Mass-Index (BMI) der Kreisläufer waren signifikant höher als bei den Flügel- und Rückenraumspielern (p<0,05). Bezüglich der Spielklassenunterschiede zeigte sich, dass Kreisläufer der ersten HBL einen signifikant höheren BMI hatten als Kreisläufer der 2. und 3. HBL (p<0,01). In der Sprintfähigkeit über 30m waren die Rückraumspieler schneller als die Torhüter und Kreisspieler (p<0,05). Zudem waren Torhüter und Außenspieler der 1. HBL signifikant schneller als die Spieler der 3. HBL auf gleicher Position (p<0,01). Die besten Drop Jump-Leistungen zeigten die Außen- und Rückraumspieler, wobei die Torwarte, Außen- und Kreisspieler der 1. HBL bessere Sprungleistungen zeigten als die Spieler der 3. HBL. Die höchsten Wurfgeschwindigkeiten erzielten die Rückraum- und Außenspieler ohne Unterschiede zwischen den Spielklassen. Außen- und Rückraumspieler erreichten die höchste Laufgeschwindigkeit im Ausdauertest (p<0,05).
Diskussion: Ermittelt wurden eine Reihe von positions- und spielklassenspezifischen Leistungsvoraussetzungen im Herrenhandball. Die vorliegenden Daten sollten in der Talentsichtung und Trainingsgestaltung berücksichtigt werden.

SCHLÜSSELWÖRTER: Sprintfähigkeit, Ausdauerleistung, Wurfgeschwindigkeit, Sprungkraft, Reaktivkraft, Teamsport

SUMMARY

Purpose: Professional and semi-professional handball is a team sport with high demands on different athletic performance parameters. Aim of the current study was to determine the relationships between anthropometric/physiological characteristics and playing positions class.
Methods: Ninety-seven male professional and semi-professional handball players were recruited and anthropometric characteristics were analyzed. Furthermore, sprinting and jumping ability, throwing velocity and endurance capacity were determined.
Results: Wings were smaller and had lower weight compared to other positions (p<0.01). Body weight and BMI of pivots were significantlyhigher compared to wings and backs (p<0.05). Furthermore, pivots from 1stdivision had a higher BMI thanpivots of lower playing classes (p<0.01). Regarding sprint velocity, backs were faster than goalkeepers and pivots (p<0.05). Players of wing and back positions had best times in sprint test, best jumping performance and best endurance performance (p<0.05). In addition, wings and backs had the best drop jump performance, and players of the 1st division jumped higher thanplayers of the 3rd division. Highest throwing velocities and best endurance capacities were reached by wings and backs (p<0.05).
Discussion: These results indicate that anthropometric and physiological characteristics of male handball players are related to playing position and competitive level. Thisinformation might be helpful for the assessment and evaluation of talents and may help to develop position-specific trainings regimes.

KEY WORDS: Sprint Ability, Endurance Capacity, Throwing Velocity, Jumping Performance, Reactive Power, Team Sports

EINLEITUNG

Die physiologische Belastung und damit auch der Anspruch an die konditionellen Leistungsfaktoren im Herrenhandball haben sich in den vergangen Jahren erhöht. Dazu tragen das Spiel der „schnellen Mitte“, eine erhöhte Leistungsdichte sowie eine hohe Spielbelastung während der Saison bei (14).
Zur Bedeutung einzelner konditioneller Fähigkeiten wurden bereits eine Reihe von Studien im Bereich des Männerhandballs publiziert. Hier konnte gezeigt werden, dass Sprintfähigkeit, Sprungkraft, Ausdauerleistungsfähigkeit und Wurfstärke wichtige Leistungsvoraussetzungen eines Spitzenhandballers sind (14, 18). Als zentrale Leistungsvoraussetzungen stellten sich dabei die Antritts- und Sprintfähigkeit heraus (8). Diese ist besonders bedeutsam für den schnellen Wechsel zwischen Offensiv- und Defensivaktionen. Spieler, die sich durch eine hohe Beschleunigung und Sprintgeschwindigkeit einen Vorteil verschaffen, verzeichnen häufiger Torerfolge und nehmen nach Ballverlust häufiger erfolgreich an Defensivaktionen teil (10). Neben der Schnelligkeit im Lauf ist weiterhin die vertikale Sprungkraft eine zentrale Leistungsvoraussetzung eines Handballers. So konnte gezeigt werden, dass über die Dauer eine Spiels je nach Position bis zu 30 Vertikalsprünge ausgeführt werden (2). Eine weitere wichtige azyklische Kraftkomponente im Handball stellt die Wurfkraft dar (5). Durch eine hohe Wurfgeschwindigkeit bleiben Verteidigern und Torhüter verkürzte Reaktionszeiten, um den Ball zu parieren, was zu einer höheren Wahrscheinlichkeit für einen Torerfolg der Angreifer führt (5).
Nicht zuletzt fordert die hohe Intensität der intervallartigen Belastungen mit nur kurzen Pausen eine gut entwickelte Ausdauerleistungsfähigkeit (8). Während die anaerobe Kapazität besonders bei hochintensiven Pendelläufen gefordert ist, hilft eine gute aerobe Ausdauerleistung bei einer schnelleren Regeneration im Spiel, nach einem Spiel und in Phasen hoher Spielbelastungen (8).
Spielbeobachtungsstudien haben gezeigt, dass sich Anzahl und Qualität der Spielaktionen hinsichtlich der Spielerpositionen sehr unterscheiden (13, 14). Im Handball wird zunächst zwischen vier verschiedenen Positionen unterschieden: Torhüter, Kreisläufer, Rückraumspieler und Außenspieler. Obwohl die Unterschiede der körperlichen Leistungsfähigkeit zwischen diesen Positionen sehr offensichtlich erscheinen, fehlt hierzu gegenüber diesen eher anekdotischen Beobachtungen bislang ein empirischer Nachweis (5). Eine positionsspezifische Erfassung der körperlichen Leistungsfähigkeit ist dagegen hilfreich, um konditionelle Leistungsfaktoren spezifischer zu adressieren und bereits im Aufbau- und Anschlusstraining einen Fokus auf entsprechende konditionelle Anforderungen zu setzen.
Ziel der vorliegenden Studie war es daher, anthropometrische Daten und konditionelle Leistungsvoraussetzungen von Handballspielern unterschiedlicher Positionen und Spielklassen anhand der Erfassung von Messwerten wie Körperhöhe und -masse, Zeiten pro Strecke, Sprunghöhen, Wurfgeschwindigkeiten, Kontaktzeiten, Beanspruchungsindikatoren wie Laktat sowie Laufgeschwindigkeiten und zu erfassen und zu vergleichen.

METHODEN

Probanden
Es wurden 35 Spieler der ersten deutschen Handballbundesliga (HBL), 33 Spieler der zweiten deutschen HBL und 29 Spieler der 3. HBL rekrutiert (Torhüter n=17, Kreisläufer n=20, Rückraumspieler n=33, Flügelspieler n=27). Alter und anthropometrische Daten sind in Tabelle 1 aufgelistet. Probanden und Trainer wurden im Detail über die experimentellen Verläufe/Verfahren und mögliche Nutzen und Risiken des Projekts informiert und aufgeklärt. Die lokale Ethikkommission des FB06 der Justus-Liebig-Universität Gießen genehmigte die Studie nach den Kriterien der Deklaration von Helsinki.

Anthropometrische Daten und maximaler Sprinttest
Größe und Gewicht wurden erfasst (Omron BF508). Als Sprinttest wurden 30-m-Sprints aus einer aufrechten Startposition durchgeführt. Jeder Spieler absolvierte zwei Sprints mit einer Pause von 2-3 Minuten. Die Zeiterfassung erfolgte mittels Laser-Lichtschranken (Haynl-Elektronik, Schöneback, Deutschland). Die Zeit zwischen 0-5m wurde dabei als Antrittsschnelligkeit, die Zeit zwischen 5-10m als Beschleunigungsfähigkeit und die Strecke 10-30m als Sprintfähigkeit bezeichnet. Die Ergebnisse wurden automatisch mittels Haynl-Software (Haynl-Elektronik) ausgewertet. Der schnellste Lauf wurde zur weiteren statistischen Analyse herangezogen.

Testung der Sprungkraft
Zur Analyse der Sprungkraft wurde die maximale Sprunghöhe im Counter Movement Jump (CMJ) und anschließend die maximale Sprunghöhe und die Effizienz im Drop Jumps (DJ) ermittelt. Der DJ wurde als Sprung von einem 40cm hohen Kasten ausgeführt. Die Sprunghöhen wurden mittels Kontaktplattform (Haynl-Elektronik) gemessen, wobei der jeweils höchste Sprung zur statistischen Analyse verwendet wurde. Die Effizienz im DJ berechnet sich als Quotient aus dem Quadrat der Flugzeit und Bodenkontaktzeit (Effizienz=Flugzeit2/Bodenkontaktzeit) (1).

Messung der Wurfgeschwindigkeit
Zur Messung der Wurfgeschwindigkeit wurde mittels Radarmessgerät („Speed-Check Radarsystem“, Stalker Radar, Plano, TX, USA Stalker Sport 1-888) die Fluggeschwindigkeit des Balles erfasst. Zunächst absolvierten die Spieler einen Schlagwurf aus dem Stand, gefolgt von einen Schlagwurf mit drei Schritten Anlauf sowie einen Sprungwurf nach 3 Schritten Anlauf.

Testung der Ausdauerleistungsfähigkeit
Die Ausdauerleistungsfähigkeit wurde anhand eines Feld-Stufentests auf einer 400m Kunststofflaufbahn durchgeführt. Nach einer Startgeschwindigkeit von 8km/h wurde die Geschwindigkeit alle 3 Minuten um 2km/h bis zur Ausbelastung gesteigert. In den Pausenzeiten von 30 Sekunden zwischen den Stufen wurden jeweils 20µl Kapillarblut aus dem Ohrläppchen entnommen und die Herzfrequenz mittels Pulsuhren aufgezeichnet (Polar, Büttelborn, Deutschland). Die Berechnung der individuellen anaeroben Schwelle (IAS) wurde unter Verwendung der Ergonizer Software für medizinische Anwendungen (Ergonizer, Freiburg, Deutschland) durchgeführt (12).

Statistische Analyse
Da die Daten normalverteilt waren (Kolmogorov-Smirnov-Test), sind alle Analysen konfirmatorisch durchgeführt worden und als Mittelwert (MW) ± Standardabweichung (SD) angegeben. Die Hypothesenüberprüfung erfolgte mittels einfaktorieller Varianzanalyse (ANOVA). Das Signifikanzniveau wurde bei p<0.05 festgelegt. Post-hoc-Vergleiche wurden entsprechend einer multiplen Testung nach Bonferroni-Holm Korrektur adjustiert. Zur Prüfung der praktischen Bedeutsamkeit wurde die Effektstärke (Eta-Quadrat (η2)) berechnet. Alle sportmotorischen und leistungsphysiologischen Tests hatten eine Test-Retest Reliabilität (ICC/intraclass correlation Coefficient) von >0.92 (7). Zur statistischen Analyse wurden GraphPad Prism 5.01 und SPSS 23 verwendet.

ERGEBNISSE

Lebensalter und anthropometrische Daten
Hinsichtlich des Alters unterschieden sich die Spieler nur minimal. So waren die Torwarte aus der 3. Liga mit 21,2 Jahren im Durchschnitt jünger als die aus der 1.und 2. HBL (p=0,001, η2=0,29). In Bezug auf anthropometrische Daten zeigten Außenspieler der 1. HBL eine geringere Körpergröße und -gewicht als Spieler anderen Positionen (p<0,002). Weiterhin waren Körpergewicht und Body-Mass-Index (BMI) der Kreisläufer höher als bei den Flügel- und Rückenraumspielern (p=0,014, η2=0,22/p=0,019, η2=0,19). Bezüglich der Spielklassen zeigte sich, dass Kreisläufer der ersten HBL ein signifikant höheres Körpergewicht und BMI hatten als Kreisläufer der 2. und 3. HBL (p=0,003, η2=0,36/p=0,004, η2=0,21) (Tab. 1).

Sprintleistung
Betreffend der Sprinttestungen wurden im Bereich der Antritts- und Beschleunigungsfähigkeit (0-5m, 0-10m) weder signifikante Unterschiede zwischen den Positionen noch zwischen den Spielklassen festgestellt (Abb. 1A, B). In der Sprintfähigkeit 10-30m waren die Torhüter und Außenspieler der 1. HBL schneller als die Spieler der 3. HBL auf den entsprechenden Positionen (p<0,01) (Abb. 1C). In der Gesamtzeit im 30m Sprint (0-30m) waren ebenfalls die Torwarte der 1. HBL signifikant schneller als die Torwarte der 3. HBL (p=0,033, η2=0,09). Gleichzeitig zeigten sich positionsspezifische Unterschiede. So waren die Rückraumspieler der 1. HBL schneller in der Gesamtsprintleistung als die Kreisspieler und die Torwarte der gleichen Spielklasse (p=0,013, η2= 0,25/p=0,004, η2=0,29) (Abb. 1D).

Sprungfähigkeiten
Die besten Sprunghöhen beim DJ zeigten die Spieler der 1. HBL auf den Positionen Torwart, Außen- und Kreisspieler, welche signifikant höher sprangen als die Spieler der 3. HBL. Außerdem erreichten die Außenspieler bessere Höhen als die Kreisspieler (p=0.002, η2=0,31) (Abb. 2A). Ähnliche Resultate zeigte sich in der DJ-Effizienz. Hier waren die Außen- und Rückraumspieler den Kreisspielern überlegen (p<0.01). Bei den Torwarten als auch bei den Kreisspielern der 1. HBL zeigten sich signifikant bessere DJ-Effizienzen als bei den Spielern der 3. HBL (p=0.001, η2=0,36) (Abb. 2B).
Im CMJ waren die Außenspieler erneut die besseren Springer im Vergleich zu den Kreisspielern (p=0.001, η2=0,27), während die Torwarte aus der 1. und 2. HBL wiederum den Torwarten aus der 3. HBL überlegen waren (p=0,01, η2=0,24) (Abb. 2C).

Wurfgeschwindigkeit
In der Wurfgeschwindigkeit fanden sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Spielklassen, jedoch zwischen den Positionen. So zeigten die Rückraumspieler im Standwurf eine signifikant bessere Wurfleistung als die Torwarte (p=0.003, η2=0,14) (Abb. 3A). Im 3-Schritt Wurf erreichten die Außenspieler und Rückraumspieler signifikant höhere Wurfgeschwindigkeiten als die Kreisspieler (p=0.004, η2=0,31/p=0.002, η2=0,38) (Abb. 3B). Auch im Sprungwurf waren die Würfe der Rückraumspieler signifikant schneller als die der Kreisspieler und Torwarte (p<0.007, η2=0,35) Abb. 3C).

Ausdauerleistungsfähigkeit
In der maximal erreichten Laufgeschwindigkeit zeigten Außen- und Rückraumspieler bessere Leistungen als die Torwarte (p=0.043, η2=0,11/p=0.031, η2=0,19) (Abb. 4A). Dagegen wurden keine signifikanten Unterschiede bei den maximalen Laktatwerten (Daten nicht gezeigt), der Laufgeschwindigkeit an der IAS (Abb. 4B) und den Laufgeschwindigkeit an der fixen 2 oder 4mmol/l Schwelle ermittelt (Daten nicht gezeigt).

DISKUSSION

Die vorliegende Studie zeigt, dass sich männliche Handballspieler in Abhängigkeit von Spielposition und -klasse sowohl hinsichtlich anthropometrischer Merkmale als auch in konditionellen Leistungsfaktoren unterscheiden. Diese Hinweise auf positionsspezifische Leistungsprofile scheinen die funktionalen Anforderungen der Positionen widerzuspiegeln und lassen sich in vereinfachter Weise wie folgt zusammenfassen: Außenspieler sind eher kleiner gebaut, dafür aber schnell, sprungkräftig und haben eine gute Ausdauerleistungsfähigkeit. Rückraumspieler sind eher groß und wurfstark. Kreisläufer und Torhüter sind ebenfalls groß, wobei Kreisläufer einen kräftigeren Körperbau aufweisen, welcher möglicherweise negative Effekte auf die Sprungkraft hat. Die deutlichsten spielklassenspezifischen Unterschiede wurden positionsübergreifend im DJ gefunden, der sich folglich als bedeutsames Leistungsmerkmal hochklassiger Spieler darstellt.
Hinsichtlich der anthropometrischen Daten scheinen positionsspezifische Ausprägungen auf einigen Positionen ein Vorteil zu sein, während sie vermutlich auf anderen Positionen einen Nachteil bedeuten. So ist auffällig, dass Körpergewicht und BMI bei Kreisläufern höher ist als bei Spielern anderer Positionen. Ein robuster Körperbau scheint Kreisspielern besonders in kleinen Räumen am Kreis mehr Stabilität zu ermöglichen (18). Im Spielklassenvergleich fiel dabei auf, dass Kreisläufer der 1. HBL höhere BMI-Werte als Kreisläufer der niedrigeren Spielklassen aufwiesen. Dies könnte zum einen auf einen höheren Grad der Spezialisierung im Profisport, zum anderen auf eine Positivselektion der kräftigeren Spieler hinweisen. Eine höhere Körpermasse bei Profihandballern auf der Kreisposition wird durch andere Studien bestätigt, ebenso erhöhte relative Kraftfähigkeiten (6). Limitierend muss sicherlich ergänzt werden, dass in der vorliegenden Studie weder Körperfett noch fettfreie Masse bestimmt wurden. Niedrigere Werte für Körpergewicht und BMI wurden bei Flügelspielern gemessen. Auf dieser Position scheint es von Vorteil zu sein, ein geringeres Körpergewicht zu haben, wodurch Sprungkraft und Schnelligkeit begünstigt werden (4). Eine geringere Körpergröße der Außenspieler im Vergleich zu Rückraumspielern könnte sich auch daraus ergeben, dass sie seltener die gegnerische Verteidigung überspringen müssen und häufiger Körperfinten anwenden (15). Bei den Rückraumspielern begünstigt die Körpergröße dagegen die Reichhöhe im vertikalen Sprung, um in ausreichender Höhe über die Verteidigung zu werfen (11). Auch bei den Torhütern scheint die Körpergröße ein leistungsbestimmender Faktor zu sein. So sind größere Spieler per se in der Lage, einen größeren Torbereich abzudecken. Gleichzeitig bedingt die Körpergröße in der Regel auch längere Extremitäten und damit Reichweiten (18).
Die absoluten Sprintzeiten für die einzelnen Distanzen waren mit Ergebnissen anderer Studien vergleichbar (10). Dabei wurden keine signifikanten Effekte der Spielpositionen und -klassen in der Antritts- und Beschleunigungsfähigkeit gefunden. Hier vermuten wir, dass es sich um übergreifend wichtige Fähigkeiten eines Handballers handelt, welche schon in niedrigen Spielklassen gefordert und positionsübergreifend notwendig sind. Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit Daten anderer Studien, die keine Unterschiede zwischen Profispielern und Amateurspielern bei Sprintdistanzen von 5 und 15m aufzeigen (10). Mit zunehmender Sprintstrecke weisen Rückraum- und Flügelspieler allerdings signifikant bessere Leistungen auf als Kreisläufer und Torhüter, was durch andere Studien bestätigt wird (6).
Ähnlich wie bei der Sprintzeit zeigen Flügel- und Rückraumspieler die besten Ergebnisse in der Sprungfähigkeit. Diese Ergebnisse decken sich mit früheren Beobachtungen, die zeigten, dass Sprint- und Sprungleistungen oftmals korrelieren und Spieler auf diesen Positionen im Vergleich zu Kreisläufern und Torhütern mehr Sprünge pro Spiel absolvieren (3). Ein gutes Sprungvermögen ist deshalb sicherlich eine leistungsrelevante Komponente, weil hohe Vertikalsprünge häufig im Kontext entscheidender Spielaktionen, wie Torwurf, Torwurf-Täuschungen, Balleroberungen oder Abwehraktionen notwendig sind. Gleichzeitig hilft eine Translation der vertikalen Sprungbewegung in die Horizontale, die Distanz zwischen Wurfposition und Tor zu reduzieren (6). Flügelspieler scheinen ihre geringe Körpergröße mit einer gut entwickelten vertikalen Sprungfähigkeit zu kompensieren (6). Kreisläufer hingegen wiesen die schlechteste Sprungleistung auf. Dabei muss man sicherlich berücksichtigen, dass ihre Sprungleistung negativ durch ihre Körpermasse beeinflusst wird (15). Die Leistungen im DJ spiegeln auf mehreren Positionen die Spielklasse wieder, was durch die großen Effektstärken verdeutlicht wird. Beim DJ handelt es sich um einen Reaktivsprung, der durch die Reaktivkraft beeinflusst wird. Als leistungsbestimmend ist hier vor allem das neuro-muskuläre System anzusehen, im Speziellen ein effizienter, kurzer Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus und eine hohe Kraftfähigkeit der Muskulatur der Knie- und Sprunggelenksextensoren (16). Durch die Komplexität und die Vielzahl der leistungsbestimmenden Faktoren scheint die Reaktivkraft im DJ an einen hohen spezifischen Trainingsaufwand gebunden zu sein.
Bei der Wurfgeschwindigkeit zeigten Rückraum- und Flügelspieler die besten Leistungen, was ebenfalls durch andere Studien bestätigt wird (5). Vor allem im 3-Schritt-Lauf- und Sprungwurf war die Wurfgeschwindigkeit signifikant höher als bei Kreisläufern. Rückraumspieler sind spezialisiert auf Distanzwürfe bzw. Rückraumwürfe. Weiterhin werfen sie häufiger aus Positionen jenseits der Abwehrmauer aufs Tor. Kreisläufer dagegen befinden sich in den meisten Fällen in der Nähe der 6m-Kreislinie und führen den Torwurf durch Drehen und Fallen in den Kreis aus (15). Daher müssen sie anspruchsvolle technische Fähigkeiten haben, nicht aber zwangsläufig den Ball stark beschleunigen.
Hinsichtlich der Ausdauerleistungsfähigkeit zeigten sich in der maximalen Laufgeschwindigkeit im Stufentest statistisch signifikante Unterschiede zwischen den Positionen, wobei die Effektstärke hier als mittel einzustufen ist. Keine Unterschiede fanden sich dagegen in der Laufgeschwindigkeit an der IAS. Außen- und Rückraumspieler erreichten die höchste Stufe und waren somit leistungsfähiger als die Torwarte. Zur Beurteilung der Testung muss zunächst berücksichtig werden, dass die Bedeutung einer konstanten aeroben Belastung im Handball recht gering zu sein scheint. Daher wird die Bedeutung der Ausdauerleistungsfähigkeit im Handball immer wieder kontrovers diskutiert (8). Einerseits zeigen Spielanalysen eine Vielzahl hochintensiver Sprintaktivitäten bei Flügel- und Rückraumspielern, die eine hohe anaerobe Leistungsfähigkeit und schnelle Regeneration erfordern. Gleichzeitig wurde gezeigt, dass Spieler eine Laufstrecke von 4-6,5km pro Spiel bewältigen, wozu eine gute Ausdauerleistungsfähigkeit sicherlich hilfreich ist (8). Andererseits ergeben sich für Handballspieler durch viele Auswechselungen lediglich durchschnittliche Einsatzzeiten von 25-30 Spielminuten, die durch Pausen unterbrochen werden. Die fehlenden Unterschiede zwischen Spielklassen und Positionen bei der Laufgeschwindigkeit an der IAS können so zu erklären sein, dass die aerobe Ausdauer einen eher geringeren leistungsindizierenden Stellenwert besitzt. Die 6-8-wöchige Vorbereitungszeit lässt vielen Trainern nicht ausreichend Zeit, eine gute Grundlagenausdauer zu entwickeln (5).

SCHLUSSFOLGERUNG

Zusammenfassend zeigen die vorliegenden Daten, dass sich spielklassen- und positionsspezifische Leistungsprofile ableiten lassen. Diese Ergebnisse könnten für die Talentfindung, Struktur des Nachwuchstrainings sowie für athletische Trainingsinhalte von Bedeutung sein. Schwierig einzuordnen ist das Anforderungsprofil der Torhüter, für die es sicherlich hilfreich wäre, neben den Testungen der konditionellen Anforderungen noch zusätzliche spezifische Tests zu technischen Anforderungen durchzuführen. Daher sollten zukünftige Studien die Charakterisierung von Spielpositionen durch die Erfassung weiterer Anforderungen, wie zum Beispiel Messungen von Muskelkraft oder Reaktionsfähigkeit, erweitern, um eine detailliertere Profilierung der Spielklassen und Positionen zu erreichen.

Angaben zu finanziellen Interessen und Beziehungen,wie Patente, Honorare oder Unterstützung durch Firmen:
Keine

LITERATUR

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PD Dr. Karsten Krüger
Abteilung für Sportmedizin
Justus-Liebig Universität Gießen
Kugelberg 62; 35394 Gießen
karsten.krueger@sport.uni-giessen.de