Doping und Medikamentenmissbrauch
im Breiten- und Freizeitsport*
Doping and Ergogenic Substance Use in Fitness Sports
ZUSAMMENFASSUNG
In den zurückliegenden zwei Jahrzehnten mehrten sich Hinweise, dass auch im Breiten- und Freizeitsport ein Missbrauch von Arzneimitteln mit dem Ziel der Leistungssteigerung und des Muskelaufbaus stattfindet. Diese Stellungnahme der Sektion Breiten-, Freizeit und Alterssport der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention soll insbesondere bei klinisch tätigen Ärzten die Sensibilität für das Thema wecken, dessen tatsächliche Relevanz für die ärztliche Praxis aufzeigen und Hinweise für den Umgang mit der Problematik geben. Etwa 10 bis 20% der Mitglieder von deutschen Fitness-Studios geben an, bereits einmal Dopingsubstanzen eingenommen zu haben. Der Missbrauch von Dopingsubstanzen ist mit einem relevanten Gesundheitsrisiko verbunden. Berichte von Anwendern, Fallbeschreibungen und Studien bestätigen ein breites Spektrum an teils schwerwiegenden Nebenwirkungen bis hin zu Todesfällen. Insbesondere Effekte auf das kardiovaskuläre System und die Leber bergen lebensbedrohliche Risiken. Infolge der Dopingprävalenz im Breiten- und Freizeitsport kann angenommen werden, dass daraus auch gesundheitsökonomische Folgen resultieren. Neben dem ärztlichen Berufsethos untersagt § 6a Absatz 1 des Arzneimittelgesetzes dem Arzt die Anwendung oder Verschreibung von Medikamenten zu Dopingzwecken auch bei Breiten- oder Freizeitsportlern. Wird man in der Rolle des Arztes in einem konkreten Fall mit Hinweisen oder gar Anfragen zum Doping konfrontiert, so sollte man in dieser Situation den Sportler eindringlich und verständlich auf die gesundheitlichen Risiken hinweisen. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass auch in einer solchen Situation die ärztliche Schweigepflicht zu wahren ist.
Schlüsselwörter: Doping, Freizeitsport, Breitensport, Anabol-androgene Steroide, Nebenwirkungen
SUMMARY
There is growing evidence that the misuse of doping substances is also present in leisure and fitness sports. This statement from the section of leisure sports and sports for the elderly of the German Society of Sports Medicine and Prevention is to inform medical practitioners about the misuse of ergogenic substances in leisure and fitness sports and aims to raise awareness of this issue as it has increasing relevance in clinical practice. Approximately 10–20% of German fitness center visitors report having used doping substances at some point in time. The misuse of doping substances is associated with a number of health hazards. Reports from users, case reports and scientific studies show that particularly anabolic androgenic steroids cause a broad spectrum of side effects, such as adverse effects on the cardiovascular system and the liver which can have life-threatening consequences. Due to its high prevalence, doping in leisure and fitness sports is also financially relevant for the health care system and national economy. Besides medical ethics, paragraph 6a of the German pharmaceutical law also prohibits the application and prescription of drugs for doping purposes in leisure and fitness sports. Medical practitioners are at risk to be faced with indications or even requests for doping misuse. In such situations, it is important to inform and warn the athlete about the health hazards and consequences of these substances. Similarly, medical confidentiality has to be respected in most instances.
Key Words: doping, leisure sports, fitness sports, anabolic androgenic steroids, adverse effects
EINLEITUNG
Doping stellt nicht nur im Leistungs- und Spitzensport ein relevantes Problem dar. Innerhalb der zurückliegenden zwei Jahrzehnte mehrten sich Hinweise und Evidenz, dass auch im Breiten- und Freizeitsport ein Missbrauch von Arzneimitteln stattfindet. Somit berührt die Problematik des Dopings nicht nur Ärzte bei der Betreuung von Leistungssportlern, sondern auch in ihrer sonstigen Tätigkeit (25). Dieses von der Sektion Breiten-, Freizeit und Alterssport der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) in Auftrag gegebene Publikation soll insbesondere bei klinisch tätigen Ärzten die Sensibilität für das Thema wecken, dessen Relevanz auch für die ärztliche Praxis aufzeigen und Hinweise für den Umgang mit der Problematik geben. Hilfreich ist hierbei vor allem die Kenntnis des Nebenwirkungsprofils von Dopingsubstanzen, kann man als Arzt doch jederzeit mit entsprechenden Fällen konfrontiert werden. Hinsichtlich der ethischen und berufsrechtlichen Aspekte sei auch auf die ausführliche Stellungnahme der Zentralen Ethikkommission bei der Bundesärztekammer „Doping und ärztliche Ethik“ aus dem Jahre 2009 verwiesen (39).
DEFINITION DES DOPINGS
Unter Doping in engerem Sinne versteht man die Einnahme verbotener Substanzen oder die Anwendung unerlaubter Methoden zur Leistungssteigerung im Sport. Die offizielle Definition des Dopings für organisierte Leistungssportler ist weiter gefasst und im Code der World Anti-Doping Agency (WADA) festgelegt (36). Der Begriff Doping bezieht sich somit zunächst auf den Leistungssport; er trifft jedoch auch im Bereich des Breitensports zu, da hier, wenn auch auf einem anderen Niveau, Sport mit kompetitiver Ausrichtung betrieben wird (19). Anders sieht es im Freizeitsport aus, wo die kompetitive Ausrichtung oftmals fehlt und das Wort Arzneimittelmissbrauch zutreffender ist.
Die Stellungnahme der Zentralen Ethikkommission bei der Bundesärztekammer „Doping und ärztliche Ethik“ (39) führt eine Reihe von Argumenten zur Rechtfertigung des Verbots von Doping an. Diese umfassen die Unvereinbarkeit mit dem Sinngehalt des Sports, Unfairness und Beeinträchtigung der Chancengleichheit, Verlust der Vorbildfunktion, die Verursachung von Gesundheitsschäden sowie die daraus resultierende Vergesellschaftung von Folgeschäden des Dopings. Zumindest die beiden zuletzt genannten Argumente rechtfertigen eine kritische Betrachtung des Arzneimittelmissbrauchs auch bei nicht wettkampforientierten Sportlern im Freizeitsport.
EPIDEMIOLOGIE
Daten zur Häufigkeit des Missbrauchs von Medikamenten bei erwachsenen Freizeit- und Breitensportlern liegen bisher nur in unzureichendem Maße vor (19). Am besten untersucht sind Nutzer von Fitnessstudios. Nach den vorliegenden Studien haben etwa 10 bis 20% der Mitglieder von deutschen Fitness-Studios bereits einmal Dopingsubstanzen – im Wesentlichen anabole Steroide oder Clenbuterol – eingenommen (2, 19). Auch Stimulanzien zählen zu den angewandten Substanzen. Die aus Erhebungen mit Fragebögen (Rücklaufquoten um 35%) ermittelten Daten sind zwar mit einer gewissen Vorsicht zu interpretieren, doch werden sie durch Ergebnisse aus angelsächsischen Studien gestützt, in denen 8 bis 24% der Sportler in Fitnessstudios auf Befragen einen Konsum anaboler Steroide angegeben haben (16). Des weiteren konnten Interviews nach der Randomized-Response-Methode in einer Kohorte von 500 Personen aus 49 Fitnessstudios mit 12,5% eine ähnliche Dopingprävalenz ermitteln (26).
Dabei lag in allen Studien die Missbrauchsrate bei den Männern deutlich höher als bei den Frauen. Die zum Teil deutliche Variabilität in der Missbrauchshäufigkeit zwischen den einzelnen Fitnessstudios kann durch eine unterschiedliche Zielrichtung des Trainings erklärt werden. Eine angestrebte Zunahme an Muskelmasse scheint mit einer höheren Missbrauchsrate assoziiert zu sein. Dies wird auch durch die deutliche höhere Häufigkeit an Medikamentenmissbrauch bei der Subgruppe der Bodybuilder mit Raten zwischen 20% und 62% unterstrichen, wobei neben Anabolika auch andere Substanzen wie Stimulanzien, Diuretika oder Humanes Choriongonadotropin (HCG) angegeben wurden (19).
Während sich in einigen Studien ein genereller Zusammenhang zwischen dem Gebrauch von leistungssteigernden Substanzen und illegalen Drogen zeigte, fand sich in einer Untersuchung bei Mitgliedern deutscher Fitness-Studios eine spezifische Assoziation mit der Kokaineinnahme (29). In diesem Untersuchungskollektiv war eine längere Trainingsanamnese (mehr als 3 Jahre) mit einer höheren Missbrauchsrate assoziiert.
Der Medikamentenmissbrauch außerhalb von Fitness-Studios ist bislang wenig untersucht, so dass hierzu keine validen Aussagen getroffen werden können. Insbesondere liegen nur marginale Daten zum Doping bei Wettkämpfen des Breitensports wie z.B. Marathonläufen oder Radrennen vor (19). Die Tatsache, dass in diesem Sportsegment zum einen teils hoch ambitionierter Wettkampfsport betrieben wird und andererseits so gut wie keine Dopingkontrollen zu erwarten sind, lässt zumindest einen relevanten Missbrauch von Medikamenten zur Leistungssteigerung vermuten.
Trotz der alarmierenden epidemiologischen Zahlen gibt es bisher keine erfolgversprechenden Ansätze zur Dopingprävention im Freizeit- und Breitensport. Im Gegensatz zum Leistungssport ist es im Fitness-Sport nicht möglich, Anti-Doping-Maßnahmen wie Dopingkontrollen durchzuführen oder Sanktionen auszusprechen. Der Schwerpunkt der Bekämpfung dieser Form des Medikamentenmissbrauchs muss daher in einer verstärkten Aufklärung der Sportler und deren Umfeld über die weit reichenden negativen Folgen einer Dopingeinnahme liegen. Hier kommt auch dem Arzt eine bedeutende Rolle zu, sollte er im Rahmen seiner Tätigkeit mit dem Thema konfrontiert werden.
UNERWÜNSCHTE WIRKUNGEN UND RISIKEN VON DOPINGSUBSTANZEN
Der Missbrauch von Medikamenten zur Leistungssteigerung ist mit einem relevanten Gesundheitsrisiko vergesellschaftet. Sowohl im Leistungs- als auch im Breitensport - und hier vor allem im Bodybuilding - sind unter der Anwendung von Medikamenten zur Leistungssteigerung teils gravierende unerwünschte Wirkungen bis hin zu Todesfällen dokumentiert (3, 23). In diesem Zusammenhang weist ein Positionspapier der European Society of Cardiology (ESC) auf ein breites kardiovaskuläres Nebenwirkungsprofil vieler dieser Substanzen hin (6).
Berichte von Anwendern, Fallberichte und wissenschaftliche Studien bestätigen insbesondere für die anabol-androgenen Steroide (AAS) ein breites Spektrum an unerwünschten Wirkungen (19). In einer US-amerikanischen Studie mit Konsumenten von AAS (20) berichteten fast 100% der Befragten über unerwünschte Wirkungen. 95% griffen begleitend auf weitere Pharmaka zurück, wobei davon ein Viertel den Konsum von Wachstumshormon und Insulin angab.
Neben allgemeinen unerwünschten Wirkungen wie Akne oder Wasserretention (16) können AAS bei Sportlern zu Schäden der Leber und des Herzkreislaufsystems, zu Störungen des Lipidstoffwechsels, des reproduktiven Systems sowie auch zu psychotropen Effekten führen. Darüber hinaus mehren sich Hinweise für eine relevante Gefahr einer Abhängigkeitsentwicklung bei einem Teil der Anwender (14). Insbesondere die Effekte auf das Herzkreis-laufsystem und die Leber bergen das Risiko für lebensbedrohliche Komplikationen (1, 3, 7, 8, 15, 33, 34)
Die Effekte von AAS am Herzkreislaufsystem umfassen eine Störung der Endothelfunktion und einen Anstieg des peripheren Widerstandes (5). Die Entwicklung hypertensiver Blutdruckwerte unter AAS wird noch kontrovers diskutiert, erscheint jedoch möglich (1, 3, 34). Des weiteren sind proatherogene Effekte durch die Begünstigung einer Dyslipidämie beschrieben, die ebenso wie das erhöhte thromboembolische Risiko zu Myokardinfarkten und zerebrovaskulären Ereignissen führen können (1, 6). Die beschriebene Abnahme des HDL-Cholesterins kann insbesondere bei alkylierten AAS wie Stanozolol ausgeprägt und bei längerer Anwendung auch 6 Wochen nach Absetzen noch nachweisbar sein (11).
Darüber hinaus kann die Einnahme von AAS auch zu einer myokardialen Hypertrophie sowie zu einer gestörten systolischen und diastolischen Funktion führen (4, 18, 32). Dabei zeigt sich im Gegensatz zur Sportherzentwicklung eine konzentrische Hypertrophie mit einer erhöhten Relation von Wanddicken zum Innendurchmesser, wie sie unter einem Krafttraining allein nicht zu erwarten ist. Tiermodelle zeigten eine erhöhte Apoptoserate in Myokardzellen unter Einfluss von AAS, begleitet von lokalen Myokardnekrosen und Fibrosierungen (38). Diese Veränderungen können als eine Erklärung für die beschriebenen myokardialen Alterationen und Arrhythmien angesehen werden (4, 7, 18). Mit zunehmender Dauer des Steroidmissbrauchs steigt das Risiko für den plötzlichen Herztod (8, 10).
Insbesondere die 17-alpha-alkylierten AAS besitzen hepatotoxische Wirkungen: intrahepatische Cholestase, toxische Hepatitis, hepatozelluläre Adenome und eine Peliosis hepatis sind beschrieben (27, 28). Bekannt sind auch lebensbedrohliche Effekte wie die Entwicklung von Leberzellcarcinomen, hepatischen Angiosarkomen und spontanen Leberrupturen bei Adenombildung (27).
Bei längerer Anwendung unterdrücken AAS die hypothalamisch-hypophysäre Achse mit einer verringerten Produktion von Gonadotropinen und endogenen Steroiden. Mögliche Folgen beim Mann sind Hodenatrophie, verringerte Spermatogenese, erektile Dysfunktion, Impotenz und Libidoverlust (3). Beschrieben ist eine Dosis- und Zeitabhängigkeit dieser Effekte, bei Frauen zudem ein Libidoverlust. Hinzu kommen eine tiefere Stimme und bei längerer Anwendung Zyklusstörungen, Klitorishypertrophie und verringerte Brustgröße (9).
Insbesondere supratherapeutische Dosen von AAS können durch deren periphere Konversion in Östrogene beim Mann zu einer Gynäkomastie führen. Für deren Prävention ist bei Nutzern von AAS wiederum die zusätzliche Einnahme von Antiöstrogenen wie Tamoxifen nicht unüblich.
Letztendlich können neben verringerten Konzentrationen des HDL-Cholesterins infolge chronischer Anwendung von AAS bei verschiedenen Parametern weitere Abweichungen im Laborstatus mit Überschreiten (z.b. Estradiol, GPT und GOT) oder Unterschreiten (LH, FSH) der Referenzbereiche beobachtet werden (31).
In welchem Ausmaß AAS zu psychotropen Nebenwirkungen führen, ist nicht vollständig geklärt. Unter Anwendern dieser Substanzen mag es schwierig sein, zwischen pharmakologischen Effekten, vorbestehenden Persönlichkeitsmerkmalen und psychosozialen Einflüssen differenzieren zu können. Gleichwohl bestätigt eine Reihe von Arbeiten einen direkten Effekt im Sinne manischer oder hypomanischer Veränderungen, teils mit erhöhter Aggression und Gewaltbereitschaft, aber auch depressive Symptome bis hin zu einer erhöhten Suizidalität (13, 22, 24, 30). In den meisten Arbeiten sind diese psychotropen Effekte während oder kurz nach dem Absetzen der AAS beschrieben. Möglicherweise ist mit psychotropen Langzeiteffekten zu rechnen, die nach Absetzen persistieren (17). Hinsichtlich eines Suchtpotenzials geht man derzeit davon aus, dass ein noch unklarer Anteil der Anwender von AAS im Verlauf der Einnahme eine Abhängigkeit entwickelt (14).
Die bereits erwähnte Polymedikation umfasst Substanzen wie Clenbuterol, Wachstumshormon, Insulin, Humanes Choriongonadotropin (HCG), Diuretika aber auch Stimulanzien (20, 21). Auch bei diesen Substanzen muss von einem nicht zu unterschätzenden Risiko gesundheitlicher Nebenwirkungen ausgegangen werden, auch wenn diese im Vergleich zu AAS bisher nur ansatzweise untersucht sind. Bekannt sind unerwünschte Wirkungen bei Stimulanzien, die insbesondere das kardiale Risiko erhöhen und als Auslöser des plötzlichen Herztodes gelten (23, 30). Vermutete Risiken beim Missbrauch von Wachstumshormon umfassen die Entwicklung einer Hypertonie, eines Diabetes mellitus, von Tumoren und einer Kardiomyopathie (12).
Die aus dem Missbrauch von Arzneimitteln im Breiten- und Freizeitsport resultierenden gesundheitsökonomischen Folgen sind schwer kalkulierbar. Eine relevante Vergesellschaftung von Dopingschäden zu Lasten des Gesundheitssystems ist in diesem Bereich jedoch anzunehmen (19). Dies umso mehr, als dass insgesamt gesehen der Missbrauch von Arzneimitteln im Breiten- und Freizeitsport von deutlich mehr Personen praktiziert wird als im Leistungssport. Alarmierend sind hier Ergebnisse, die zeigen, dass je nach Erhebung zwischen 14 und 60% der befragten Anwender angaben, die Substanzen vom Arzt erhalten oder verschrieben bekommen zu haben (29).
ROLLE UND VERHALTEN DES ARZTES
Das Mitwirken des Arztes bei der Anwendung von Dopingpraktiken verstößt gegen das ärztliche Berufsethos (35, 39). Neben dem Aspekt der sportlichen Unfairness widersprechen die möglichen Gesundheitsschäden dem Selbstverständnis ärztlicher Tätigkeit. Die Stellungnahme der Zentralen Ethikkommission bei der Bundesärztekammer „Doping und ärztliche Ethik“ (39) äußert sich hier unmissverständlich („...widerspricht die Mitwirkung am Doping der elementaren Pflicht des Arztes zur Einhaltung der Gesundheit seines Patienten“) und bezieht sich dabei auch auf den Medikamentenmissbrauch im Breiten- und Freizeitsport. Neben dem ärztlichen Berufsethos untersagt § 6 a Absatz 1 des Arzneimittelgesetzes dem Arzt die Anwendung oder Verschreibung von Medikamenten zu Dopingzwecken, unabhängig, ob es sich um Leistungs-, Breiten- oder Freizeitsportler handelt: „Es ist verboten Arzneimittel zu Dopingzwecken im Sport in den Verkehr zu bringen, zu verschreiben oder bei anderen anzuwenden“. Ein Verstoß kann mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit einer Geldstrafe geahndet werden.
Widerspricht also das Mitwirken des Arztes beim Doping dem ärztlichen Berufsethos und dem Arzneimittelgesetz, so ist es dennoch nicht unwahrscheinlich, dass man als Arzt bei der Behandlung eines Freizeit- oder Breitensportlers von dessen Missbrauch von Dopingsubstanzen Kenntnis erlangt. Das gilt auch für die Nachfrage zur Beratung oder Verschreibung von Medikamenten zu Dopingzwecken. Neben der unmissverständlichen Ablehnung einer solchen Anfrage sollte der Arzt in diesen Situationen den Sportler eindringlich und verständlich auf die gesundheitlichen Risiken hinweisen. Gleichzeitig gilt jedoch auch in einer solchen Situation die ärztliche Schweigepflicht. Auch im Zusammenhang mit Doping im Freizeit- und Breitensport wäre deren Bruch nur durch ein höherwertiges Rechtsgut zu rechtfertigen. Dies liegt in der Regel nicht vor, wenn es um die Aufklärung des Dopings geht. Anders sind jedoch die Fälle zu beurteilen, in denen eine unwillentliche oder unwissentliche Anwendung von Dopingsubstanzen vorliegt, vor allem wenn Doping an Kindern oder Jugendlichen vorgenommen wird (35, 39).
Die ärztliche Behandlung kann aufgrund der bestehenden Vertragsabschlussfreiheit mit Ausnahme der Notfallversorgung grundsätzlich abgelehnt werden. Aus dem Genfer Gelöbnis des Weltärztebundes ergibt sich jedoch, dass der Arzt auch dann um das Wohl des Patienten bemüht sein soll, wenn dieser schädigende Verhaltensweisen praktiziert (37). Insofern sollte die Behandlung des Patienten nicht nur deshalb abgebrochen werden, weil dieser aktuell oder in der Vergangenheit Dopingsubstanzen konsumiert hat. Ein Abbruch oder eine Ablehnung der ärztlichen Behandlung kommt jedoch dann in Betracht, wenn der Sportler eine Unterstützungshandlung des Arztes beim Doping bzw. Missbrauch von Medikamenten zur Leistungssteigerung einfordert, insbesondere dann, wenn diese wiederholt eingefordert wird (39).
An der Stellungnahme beteiligt waren die Mitglieder der Sektion Breiten-, Freizeit- und Alterssport der DGSP: Hubert Bakker, Anneliese Berbalk, Folker Boldt, Jörn Dethloff, Andreas Nieß (Vorsitzender), Ernst Rzesacz, Burkhard Weisser und Marc Ziegler.
Angaben zu finanziellen Interessen und Beziehungen, wie Patente, Honorare oder Unterstützung durch Firmen: keine.
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