Beschwerden des Bewegungsapparates bei Drachenbootsportlern im Vergleich zu anderen Wassersportarten
Complaints of the Musculoskeletal System of Dragon Boaters Compared to Those of Kayakers
ZUSAMMENFASSUNG
Einleitung: Aufgrund der zunehmenden Beliebtheit des Drachenbootsports war das Ziel der vorliegenden Untersuchung, Beschwerden des Bewegungsapparates bei leistungsorientierten Drachenbootsportlern zu untersuchen. Durch den Vergleich mit anderen Wassersportarten sollten zudem mögliche Ursachen der Beschwerden aufgezeigt werden. Methoden: Ein eigenkonzipierter Fragebogen (Kategorien: Persönliche Daten, Sportgewohnheiten, subjektive Beschwerden des Bewegungsapparates der letzten 6 Monate) wurde von 65 (36 m., 182,8±6,5 cm, 86,5±8,0 kg und 29 w., 167,8±5,1 cm, 65,1±8,0 kg) Mitgliedern der Nationalmannschaft des Deutschen Drachenboot Verbands e.V. beantwortet. Die Ergebnisse wurden mit den Daten von 30 (21 m., 184,6±7,9 cm, 80,0±7,0 kg und 9 w., 173,4±6,0 cm, 66,5±6,2 kg) Kajaksportlern vergleichbarer Leistungsklasse verglichen. Ergebnis: Die häufigsten Beschwerden lokalisierten 33,3 % aller männlichen Drachenbootsportler im Rücken, gefolgt vom Schulter- (25,0), Arm-, Bein- und Kopfregion. Die Sportlerinnen gaben im Schulter- und Kopfbereich (jeweils 41,4%) die häufigsten Beschwerden an, gefolgt von Rückenbeschwerden mit 31,0 %. Bei den männlichen Kajaksportlern traten die meisten Beschwerden im Rücken gefolgt vom Schulter- und Beinbereich auf, bei den weiblichen Kajaksportlern im Rücken- und Schulterbereich gefolgt von der Arm- sowie Kopfregion. Diskussion: Bei Drachenbootleistungssportlern zeigt sich im Vergleich zum Kajak- und Rudersport trotz der eher einseitigen Belastung eine vergleichbare oder sogar niedrigere Beschwerdeprävalenz des Bewegungsapparates. Die Hauptbeschwerderegionen liegen dabei im Bereich des Rückens und der Schulter. Ein Zusammenhang von Beschwerden und Trainingsumfang sowie muskulären Dysbalancen und sportartspezifischen biomechanischen Anforderungen erscheinen möglich und sollten in nachfolgenden Untersuchungen genauer betrachtet werden.
Schlüsselwörter: Verletzung, Sportartspezifische Belastung, Kanu, Drachenboot, Beschwerden, Wassersport
SUMMARY
Introduction: Since the 1990s dragon boating in Europe has become more and more popular as public and also competitive sport. The aim of the current research is to determine the disorders of the musculoskeletal system of elite dragon boating athletes. By comparison with other water sports possible causes of the disorders should be evaluated. Methods: A self constructed questionnaire (categories: personal data, exercise habits, musculoskeletal system disorders for the last 6 months) was answered by 65 (36 m., 182,8±6,5 cm, 86,5±8,0 kg und 29 f., 167,8±5,1 cm, 65,1±8,0 kg) members of the national team of the German Dragon Boat Association. The results have been compared to data of 30 (21 m., 184,6±7,9 cm, 80,0±7,0 kg und 9 f., 173,4±6,0 cm, 66,5±6,2 kg) kayak athletes of similar class. Results: Male dragon boaters described most frequently disorders of the back (33.3%) followed by shoulders (25.0%), arm, leg and head area. Female dragon boaters most frequently mentioned disorders in the head and shoulder area (41.4%), followed by back pain (31.0%). Male kayakers described disorders mainly of the back followed by shoulders and legs and female kayakers mentioned back and shoulder area followed by arms and head area. Discussion: By comparison dragon boat athletes with kayaking and rowing athletes we find a similar or even lower disorder prevalence. The main disorders are located in the back or the shoulder area. A correlation between these disorders and training level seems possible. Muscular imbalances and sports specific biomechanical requirements may be possible causes of the disorders. Further research of these facts seems advisable.
Key Words: Injury, sports specific requirements, kayak, dragon boat, disorders, water sport
EINLEITUNG
Der Drachenbootsport erfreut sich seit den 90er Jahren auch in Europa zunehmender Beliebtheit. Dies spiegelt sich in der steigenden Zahl der Drachenbootfestivals und der organisierten Mitglieder sowie der Etablierung des Sports als Leistungs- und Wettkampfsportart wider. Um in die nationale und internationale Spitze dieser Sportart zu gelangen, ist neben einem spezifischen Wassertraining, insbesondere ein Krafttraining und die Technikharmonisierung der Mannschaft gefragt. Ein optimaler Paddeldurchzug und die Ökonomisierung der Bewegungsabläufe bilden die Erfolgsgrundlage. Diese Faktoren lassen sich ebenfalls bei anderen Wassersportarten, z.B. im Kanu- oder Rudersport, nachweisen.Im Trainings- und vor allem im Wettkampfbetrieb benötigen deutsche Leistungssportler im Drachenbootsport eine intensive medizinische Betreuung. Das Auftreten von Beschwerden und die Qualität der sportmedizinischen Betreuung scheint somit auch einen direkten Einfluss auf die Leistungsfähigkeit zu haben. Fehlbelastungen am Bewegungsapparat durch Fehlhaltungen und/oder mangelnde Technik können gerade bei den Spitzenathleten, die erfahrungsgemäß höhere Trainingsumfänge absolvieren, zu akuten oder chronischen Überlastungsschäden führen (14). Bei Leistungsruderern fanden sich hohe Raten an chronischen Beschwerden und Überlastungsschäden, die zum Teil zu einem erheblichen Trainingsausfall führten (11, 13, 14). Insbesondere im Bereich der Schulter und des Rückens, hier insbesondere der Lendenwirbelsäule, wurden Beschwerden lokalisiert (11, 13, 14). Zusätzlich fanden sich häufig Beschwerden im Bereich der Unterarme, insbesondere der Handgelenke. Auch bei Kanuten sind diese Probleme apparent (2, 6). Da sich die artverwandten Wassersportarten Drachenboot- und Kajaksport jedoch in den zu absolvierenden repetitiven Abläufen unterscheiden, können jeweils sportartspezifische Beschwerden des Bewegungsapparates angenommen werden. Im Geschlechtervergleich zeigen sich im Kanu- und Drachenbootsport resultierend aus unterschiedlichen Kraftniveaus geschlechtsspezifischem Unterschiede in der Paddeltechnik. Auch hieraus könnten Unterschiede im Auftreten von Beschwerden resultieren.
Ziel dieser Studie ist es, die Beschwerden des Bewegungsapparates und deren mögliche Begleitfaktoren und Ursachen bei Leistungssportlern im Drachenbootsport (deutsche Nationalmannschaft) zu untersuchen, um in Zukunft Überlastungen und hohe beschwerdebedingte Ausfallzeiten für Athleten dieser Sportart zu vermeiden.
Hierzu sollen insbesondere auch Geschlechtsunterschiede betrachtet und Empfehlungen zu Präventionsmaßnahmen abgeleitet werden. Des Weiteren soll ein Vergleich der Beschwerden mit Athleten des artverwandten Kajakrennsports erfolgen.
Unsere Annahme ist, dass Drachenbootsportler im Vergleich zu Kajaksportlern aufgrund der einseitigen Paddelbewegung höhere Beschwerdeprävalenzen vor allem im Bereich der Schulter und des Rückens aufweisen und eine intensivere sportmedizinische Betreuung benötigen.
METHODIK
Untersuchungsdurchführung
Die Untersuchung fand im Rahmen eines abschließenden Vorbereitungslehrgangs des Deutschen Drachenbootverbands e.V. vor der Weltmeisterschaft im August statt und wurde allen vornominierten Teilnehmern der Nationalmannschaft angeboten.
Probanden
Insgesamt 65 Leistungssportler (29 weiblich und 36 männlich) der Nationalmannschaft des Deutschen Drachenbootverbands (DDV e.V.) nahmen nach mündlicher Aufklärung und schriftlichem Einverständnis an der Studie teil. Verglichen werden diese Daten mit denen von 9 weiblichen und 21 männlichen Kajakfahrern des Bundes- und Landeskaders, die über einen Zeitraum von mehreren Wochen innerhalb der Saison ermittelt wurden.Das Alter der männlichen Drachenbootsportler liegt bei 33,2±10,4 Jahren, bei den weiblichen bei 31,5±9,2 Jahren und somit höher als in den Vergleichsgruppen der Kajaksportler (männl. 25,4±6,1 weibl. 22,2±2,4 Jahre). Die vollständigen anthropometrischen Daten der Teilnehmer sind der Tabelle 1 zu entnehmen.
Fragebogenerhebung
Die Befragung der Sportler erfolgte mittels einheitlichem Fragebogen. Neben persönlichen Angaben, wurden Daten zum Training, den Sportgewohnheiten sowie der durchschnittliche regelmäßige Trainingsumfang der Probanden als oberkörperbetonter (spezifischer Trainingsumfang im Kajak- und Drachenbootsport sowie spezifisches Krafttraining für diese Region), beinbetonter (Radfahren, Laufen, Fußball) und gemischter Trainingsumfang (Schwimmen, Volleyball, Gymnastik, Rudern, Kampfsport, Badminton, Reiten, Skaten) erfasst.
Für das Auftreten von Beschwerden am Bewegungsapparat wurde der Körper in die folgenden sieben Regionen Kopf/Hals (Kopf), Brust (Brust), Bauch (Bauch), Rücken (Rücken), Schulter/Oberarm (Schulter), Ellenbogen/Unterarm/Hand (Arm) sowie Becken/Hüfte/untere Extremität (Bein) eingeteilt und allen Probanden eine Graphik mit den eingezeichneten Regionen vorgelegt. Die Probanden gaben für jede Region einzeln an, ob subjektive Beschwerden des Bewegungsapparates aufgetreten waren. Bei Angabe von Beschwerden erfolgte die weitere Einteilung der genannten Beschwerden nach der Auftretenshäufigkeit als einmalig, mehrmalig (rezidivierend) oder dauerhaft (chronisch).
Bei den Kajaksportlern wurde derselbe Fragebogen zur Bestimmung der subjektiven Beschwerden des Bewegungsapparates verwendet. Es wurden Beschwerden in einem Zeitraum von 12 Monaten erfragt. Da die Beschwerden der Drachenbootsportler insbesondere während der Wassertrainingsphase untersucht werden sollte, beschränkten wir uns bei den Drachenbootsportlern auf eine Abfrage der subjektiven Beschwerden auf den Zeitraum März bis August, also insgesamt 6 Monate.
Statistische Auswertung
Die statistische Auswertung erfolgte mit den Programmen SPSS Version 19 sowie Microsoft Excel 2007. Die deskriptive Darstellung sämtlicher Variablen erfolgte mit Mittelwerten und Standardabweichungen. Die Beschwerdehäufigkeit der sieben Körperregionen wurde für alle Gruppen mittels einer deskriptiven Darstellung sowohl in absoluten als auch in relativen Werten angegeben. Bei der Berechnung von Prozentangaben wurden Fehlwerte stets ausgeschlossen. Die Signifikanztestung der Trainingsumfänge zwischen den Sportlergruppen erfolgte mittels T-Test für unabhängige Stichproben mit einem Konfidenzniveau von 95%.
Aufgrund der geringen Fallzahl erfolgte die Darstellung der Korrelation von Beschwerdeauftreten und Trainingsumfang nur deskriptiv.
ERGEBNISSE
Beschwerdeklassifizierung
Die 36 männlichen Drachenbootsportler geben zusammen insgesamt 41 subjektive Beschwerden des Bewegungsapparates in den letzten 6 Monaten an, wobei hiervon 17 (41%) als einmalig, 20 (49%) als rezidivierend und 4 (10%) als chronisch eingestuft werden (Tab. 2).
Die 21 männlichen Kajaksportler berichten 50 subjektive Beschwerden in den letzten 12 Monaten, von denen 38 (76%) als rezidivierend oder chronisch angegeben werden.
Die 29 weiblichen Drachenbootsportler nennen 42 subjektive Beschwerden, die sich auf 19 (45%) einmalige, 20 (48%) rezidivierende und 3 (7%) chronische Beschwerden verteilen.
Die 9 weiblichen Kajaksportler berichten über 16 subjektive Beschwerden in den letzten 12 Monaten, von denen 12 (75%) als rezidivierend oder chronisch beschrieben werden.
Beschwerderegionen
Die Hauptbeschwerderegionen der männlichen Drachenbootsportler liegen im Rücken- und Schulterbereich. Insgesamt 33,3%, bzw. 25,0% aller Sportler geben in diesen Bereichen Beschwerden an. Bei den Armen und Beinen geben jeweils 19,4% aller Sportler, im Kopfbereich 16,7% Beschwerden an. Im Brust- und Bauchbereich werden keine Beschwerden angegeben.
Rezidivierende oder chronische Beschwerden werden im Rücken- (16,7%), Arm- (13,9%), Bein- (13,9%), Schulter- (11,1%) und Kopfbereich von 11,1% der Sportler angegeben.
Die Hauptbeschwerderegion der männlichen Kajaksportler der rezidivierenden oder chronischen Beschwerden stellt der Rücken dar, in dem 61,9% aller Sportler Beschwerden angeben. Die weiteren Beschwerderegionen sind der Schulter- (52,4%) und Beinbereich (23,8%) gefolgt von den Bereichen Arm, Bauch, Brust und Kopf.
Bei den weiblichen Drachenbootsportlern werden Gesamtbeschwerden im Schulter- und Kopfbereich bei jeweils 41,4%, gefolgt vom Rücken mit 31,0% angegeben. Weniger Beschwerden treten im Bein- (17,8%) und Armbereich (13,8%) auf. In der Brust- und Bauchregion werden keine Beschwerden angegeben.
Rezidivierende und chronische Beschwerden geben die weibl. Drachenbootsportler im Schulter- (24,1%), Kopf- (24,1%), Rücken- (17,2%), Bein- (6,9%) und Armbereich (6,9%) an.
Hauptlokalisationen bei den rezidivierenden und chronischen Beschwerden der weiblichen Kajaksportler sind der Schulter- (55,6%) gefolgt vom Rückenbereich (44,4%). Im Armbereich geben 22,2% und im Kopfbereich 11,1% rezidivierende oder chronische Beschwerden an. In den Regionen Brust, Bauch und Bein treten keine Beschwerden auf (Tab. 2).
Trainingsumfang
Die untersuchten männlichen Drachenbootsportler weisen eine durchschnittliche Gesamttrainingszeit von 10,3±3,6h/Woche auf, die im Vergleich zu den männl. Kajaksportlern (15,1h±5,8h/Woche) signifikant (p=0,01) niedriger war (Tab. 3). Beide Gruppen absolvieren ein rein oberkörperbetontes Training 7,2±2,7 (Drachenbootsportler) gegenüber 10,1±4,8h/Woche (Kajaksportler), ein rein beinbetontes Training (z.B. Radfahren) 0,9±1,0 versus 3,3±2,5h/Woche sowie ein gemischtes Training (z.B. Schwimmen) 2,2±1,4 gegenüber 1,7± 2,7h/Woche.
Die weiblichen Drachenbootsportler trainieren durchschnittlich 10,0±3,2h/Woche und weisen keinen signifikanten Unterschied zu den weiblichen Kajaksportlen (10,2±5,5h/Woche) auf. Der Hauptanteil liegt in beiden Gruppen bei oberkörperbetonten Trainingsaktivitäten mit 5,7±1,9h bzw. 7,1±5,4h/Woche. Es werden zudem 1,6±1,0h/Woche (Drachenboot) und 1,7±1,1h/Woche (Kajaksport) beinbetontes Training und 2,7±1,4 gegenüber 1,5±1,2h/Woche gemischte Trainingsaktivität angegeben.
Zusammenhang zwischen Beschwerden und Trainingsumfang
Bei den männlichen Drachenbootsportlern ohne Rückenbeschwerden zeigt sich ein Gesamttrainingsumfang von 10,7±4,2h/Woche. Sportler mit rezidivierenden oder chronischen Beschwerden trainieren 8,6±2,6h/Woche.
Im Schulterbereich liegt der Gesamttrainingsumfang bei Sportlern ohne Beschwerden bei 10,5±4,0 bei den Sportlern mit rezidivierenden oder chronischen Beschwerden bei 10,8±4,0h/Woche.
Die weiblichen Drachenbootsportler ohne Rückenbeschwerden haben einen Gesamttrainingsumfang von 9,9±3,4h/Woche, die Sportler mit rezidivierenden oder chronischen Beschwerden 11,1±3,2h/Woche. Im Schulterbereich liegt der Gesamttrainingsumfang bei Sportlern ohne Beschwerden bei 10,0±3,4 bei den Sportlern mit rezidivierenden oder chronischen Beschwerden bei 10,9±2,7h/Woche.
DISKUSSION
Bei den untersuchten Leistungssportlern im Drachenbootsport zeigt sich in dieser Studie eine relevante Anzahl von Beschwerden des Bewegungsapparates, die im Folgenden bezüglich Prävalenz, der Beschwerdeart und der Lokalisation genauer dargestellt und mit anderen Wassersportarten, insbesondere dem Kajaksport, verglichen werden.
Beschwerdeauftreten
Die Zahl der subjektiven Beschwerden des Bewegungsapparates liegt in dieser Studie bei den männlichen Drachenbootsportlern bei durchschnittlich 1,2 Beschwerdeangaben und bei den weiblichen Drachenbootsportlern bei 1,4. Die Beschwerden werden dabei zu einem hohen Anteil als rezidivierend oder chronisch beschrieben, was die Relevanz für eine sportmedizinische Betrachtung unterstreicht und die beschriebenen hohen Beschwerderaten von Zandi et al. (15) bestätigt.
Im Vergleich zu anderen Wassersportarten ist insbesondere für Deutschland zu berücksichtigen, dass viele Sportler der Drachenboot-Nationalmannschaft früher den Kanu- oder Rudersport als Hochleistungssport ausführten oder sogar weiterhin als Trainingsdisziplin regelmäßig absolvieren, so dass ein ähnliches Beschwerdemuster durchaus möglich ist.
Aufgrund des unterschiedlichen Betrachtungszeitraums der Drachenbootsportler und der untersuchten Kajaksportler können die Daten nicht direkt miteinander verglichen werden. Allerdings zeigen sich sowohl bei der Gesamtbeschwerdeanzahl aber insbesondere auch bei den rezidivierenden und chronischen Beschwerden deutliche höhere Beschwerdeangaben bei den Kajaksportlern. Demgegenüber konnte im Vergleich von Wildwasserkanusportlern und Drachenbootsportlern ein höheres Beschwerdeauftreten bei den Drachenbootsportlern gezeigt werden (15). Bei weiteren Untersuchungen sollte idealerweise ein identisches Untersuchungsintervall betrachtet werden.
Bei dem Vergleich von Kanusportlern und der bekannten Wassersportart Rudern zeigten sich in vorhergehenden Untersuchungen keine wesentlichen Unterschiede bei den Beschwerden insbesondere in Bezug auf Häufigkeit und Lokalisation (3, 14).
Beschwerderegionen
Die insgesamt am häufigsten berichteten Beschwerden liegen in unserer Studie bei Drachenbootsportlern im Bereich des Rückens und der Schulter, was den Beschwerderegionen von den untersuchten Kajaksportlern entspricht.
Auch bei Leistungsruderern zeigten Winzen et al. häufige Rückenschmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule, die insgesamt mit 50% angegeben werden (14). Auch bei 32,2% der Teilnehmer einer Juniorenweltmeisterschaft im Rudern wurden LWS Beschwerden gefunden (10), bei Wettkampfkanuten lag diese Zahl bei 26% (3). Betrachtet man die in unserer Studie erhobene Prävalenz der rezidivierenden und chronischen Rückenschmerzen bei den männlichen Drachenbootsportlern (16,7%) fallen diese gegenüber den männlichen Kajakfahrern (61,9%) deutlich geringer aus.
Auch im weiteren Hauptbelastungsbereich der Schulter weisen die Drachenbootsportler im Vergleich zu den Kajakfahrern bei rezidivierenden oder chronischen Beschwerden ein geringes Beschwerdeauftreten auf.
Die weiblichen Drachenbootsportler weisen mit 17,2% rezidivierenden oder chronischen Beschwerden im Rückenbereich im Vergleich zu den weiblichen Kajaksportlern (44,4%) niedrige Beschwerderaten auf. Gleiches gilt auch für den Schulterbereich.
Trainingsumfang
Der Gesamttrainingsumfang von männlichen Drachenbootsportlern liegt signifikant niedriger als der Trainingsumfang von männlichen Kajaksportlern. Bei den weiblichen Sportlern zeigt sich kein signifikanter Unterschied im Gesamttrainingsumfang.
Längere Trainingszeiten bei Freizeitdrachenbootsportlern (>3 Stunden/Woche) werden mit weniger Beschwerden assoziiert. Bei Leistungssportlern im Drachenbootsport mit deutlich größeren Trainingsumfängen konnte eine positive Korrelation zwischen absolvierten Trainingskilometern pro Woche und den Beschwerden gefunden werden (14). Somit scheinen auch im Drachenbootsport Hochleistungssportler häufig von Beschwerden am Bewegungsapparat betroffen zu sein. Dies lässt sich in unserer Untersuchung tendenziell auch bei den männlichen Drachenbootsportlern im Schulterbereich und bei den weiblichen Sportlern in der Schulter- und Rückenregion nachvollziehen, so dass eine gezielte Prävention insbesondere auch der Leistungssportler sinnvoll erscheint. Im Rückenbereich ist jedoch bei den männlichen Sportlern der entgegengesetzte Effekt zu sehen, so dass zur weiteren Evaluation ergänzende Untersuchungen erfolgen sollten.
Mögliche Beschwerdeursache –
Sportartspezifische Biomechanik
Als Ursache für die hohe Rückenschmerzprävalenz bei Wassersportlern, insbesondere bei Ruderern, sind sowohl die hohe, repetitiv einwirkende biomechanische Belastung als auch die insbesondere auf die Lendenwirbelsäule einwirkenden Kräfte anzusehen (1, 10, 11, 13, 14). Bei Kajaksportlern tritt grundsätzlich eine geringere Belastung der Lendenwirbelsäule auf, wobei jedoch den wiederholt einwirkenden Rotationskräften eine Bedeutung bei der Entstehung von Lendenwirbelsäulenbeschwerden zugemessen wird (6). Drachenbootsportler paddeln sportartspezifisch auf einer Seite des Bootes, was durch die Kombination aus wiederkehrender Wirkung von Extension und Flexion auf die untere Rückenpartie zu Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule und des Iliosakralgelenks führen kann (4). Dass der Rücken somit eine Hauptlokalisation von Beschwerden darstellt, ist daher nicht verwunderlich. Beachtenswert ist jedoch, dass im Vergleich zu den anderen symmetrisch durchgeführten Wassersportarten in unserer Untersuchung geringere Beschwerden auftreten. Hierbei könnte die insgesamt geringere Kraftentfaltung am Paddelblatt eine Ursache darstellen.
Die Schulter stellt eine weitere zentrale Beanspruchungsregion im Kanu- und Rudersport dar (7, 14), da hierüber eine wesentliche Kraftüberleitung zwischen Paddel/Ruder und Boot erfolgt. Belastungsbedingte Beschwerden durch Überlastung der Schulter, fehlerhafte Technik oder erhöhter Muskelspannung im Oberkörper finden sich daher sehr häufig (12). Die auch in diesem Bereich geringere Beschwerdeanzahl bei den Drachenbootsportlern gegenüber Kajaksportlern ist ebenfalls überraschend. Eine Ursache könnte in der niedrigeren oberkörperbetonten Trainingsaktivität bei den Drachenbootsportlern liegen (5), andererseits könnte dies auch auf eine höhere sportartspezifische Belastung der Schulter beim Kajakfahrern hinweisen (8, 12).
Welchen Einfluss die unterschiedliche Altersstruktur mit deutlich höherem Alter in der Gruppe der Drachenbootsportler hat, lässt sich anhand der Daten nicht beurteilen, sollte aber ebenfalls Gegenstand von weiteren Untersuchungen sein.
Schulterbeschwerden und Muskelüberlastungen sind zudem häufig mit Nacken- und Kopfschmerzen assoziiert (9). Auch in der vorliegenden Untersuchung fand sich ein relevanter Anteil an Athleten, die Beschwerden im Bereich des Nackens und Kopfes angaben. Drachenbootsportler gaben dabei insgesamt mehr Beschwerden im Bereich des Kopfes an als die Kajakfahrer. Im Geschlechtervergleich klagten insbesondere die weiblichen Sportler sowohl im Drachenboot- als auch Kajaksport über Beschwerden im Kopfbereich. Ursächlich könnte eine unterschiedliche geschlechtsspezifische Sitzposition und Technik sein. Insbesondere die höhere Führung der Druckhand mit damit verbundener vermehrter Haltearbeit der Schulter- und Nackenmuskulatur sowie die stärkere Rotation im HWS- und BWS-Bereich bei den weiblichen Drachenbootsportlern sollte diesbezüglich näher betrachtet werden. Da in dieser Studie die Beschwerden nur subjektiv erfasst wurden, sollten zur weiteren Evaluation der Beschwerdeursachen in einer weitergehenden Untersuchung die Beschwerden des Bewegungsapparates fachärztlich diagnostiziert und klassifiziert werden.
Zusammenfassend lässt sich bei Drachenbootleistungssportlern trotz der im Vergleich zum Kajak- und Rudersport eher einseitigen Belastung eine vergleichbare oder sogar niedrigere Beschwerdeprävalenz des Bewegungsapparates nachweisen. Die Hauptbeschwerderegionen liegen bei den Drachenbootsportlern simultan zu den Kajaksportlern im Bereich des Rückens und der Schulter. Aufgrund der relevanten Anzahl an Beschwerden sollten mögliche Ursachen und Präventionsmaßnahmen eruiert werden. Ein Zusammenhang von Beschwerden und Trainingsumfang sowie sportartspezifischen biomechanischen Anforderungen sollten dabei in nachfolgenden Untersuchungen genauer betrachtet werden, um die Erstellung sportartspezifischer Trainingsempfehlungen zu ermöglichen.
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Dr. Andree Hillebrecht
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