Klinische Sportmedizin
ORIGINALIA
Compensation of Short-Term Negative Effects after Static Stretching

Effectiveness of Different Compensating Exercises after Static Stretching

Effekte unterschiedlicher Kompensationsmaßnahmen nach statischem Dehnen

Summary

Introduction: In recent years static stretching has taken center stage in selected sports science discussions. Several studies show that especially static stretching has a short-term negative effect on directly-following maximum and speed-strength performance. This study makes a selected contribution to the use of suitable compensating exercises immediately after static stretching that produce the baseline output.
Methods: This research reviewed two already proved and tested compensating exercises in terms of their effectivity inthe testparameter Squat-Jump and a new exercise was also generated. For this,21 participants were split into three experimental groups. The subsequentevaluation based on forming hypotheses in which the analysis of variance with repeated measures was used as significance test.
Results: In all experimental groups,a static stretching induced a significant reduction (DL: 6.92%; EK: 6.6%; MS: 6.24%) and a following compensating exercise a significant increase (DL: 7.87%; EK: 6.07%; MS: 5.29%) of the jump height. Only a 10-minute run was able to restore baseline performance and furthermore overcompensate the jump height. The other experimental groups stayed closebelow their baseline performance.
Discussion: The topic static stretching and compensating exercises still shows numerous structural options (intensity, repetition, durationetc.) with different effects and results, which make it difficult to make comparative and individual, as well as practical statements. In general,one can say that static stretching should be avoidedor appropriate compensating exercises must be performed whenever highest maximum and speed-strength performances are necessary.

KEY WORDS: Stretching, Compensation, Squat-Jump, Maximum Strength

Zusammenfassung

Problemstellung: In den letzten Jahren stehen statisch ausgeführte Dehnübungen kritisch im Mittelpunkt ausgewählter sportwissenschaftlicher Diskussionen. Zahlreiche Untersuchungen konnten zeigen, dass sich besonders statisches Dehnen kurzfristig negativ auf unmittelbar anschließende Maximal- und Schnellkraftleistungen auswirkt. Die vorliegende Arbeit liefert einen ausgewählten Beitrag über den Einsatz geeigneter Kompensationsmaßnahmen, welche unmittelbar im Anschluss an ein statisches Dehnprogramm die Ausgangsleistung herbeiführen sollen.
Methoden: Es wurden zum einen zwei bereits erprobte Kompensationsmaßnahmen hinsichtlich ihrer Effektivität am Testparameter Squat-Jump überprüft und zum anderen eine neue Bewegungsintervention aufgestellt. Dafür wurden aus 21 Teilnehmern drei Versuchsgruppen gebildet. Die spätere Auswertung der Ergebnisse erfolgte auf der Grundlage von Hypothesenbildung, wobei die Varianzanalyse mit Messwiederholung angewendet wurde.
Ergebnisse: In allen Versuchsgruppen führte ein statisches Dehnprogramm zu einer signifikanten Reduktion (DL: 6,92%; EK: 6,6%; MS: 6,24%) und eine anschließende Kompensationsmaßnahme zu einer signifikanten Steigerung (DL: 7,87%; EK: 6,07%; MS: 5,29%) der Sprunghöhe. Dabei konnte nur ein 10 minütiger Dauerlauf eine vollständige Wiederherstellung der Ausgangsleistung und ebenfalls eine Überkompensation der Sprunghöhe bewirken. Die anderen Versuchsgruppen liegen dicht unter ihrem Ausgangsniveau.
Diskussion: Das Themengebiet statisches Dehnen und Kompensation zeigt immer noch zahlreiche strukturelle Möglichkeiten (Intensität, Wiederholung, Dauer etc.) mit unterschiedlichen Auswirkungen und Ergebnissen, die es schwer machen, vergleichbare und individuelle sowie praxisrelevante Aussagen zu treffen. Verallgemeinernd kann aber festgehalten werden, dass statisches Dehnen vermieden werden sollte oder geeignete Kompensationsmaßnahmen durchzuführen sind, sofern größtmögliche Maximal- und Schnellkraftleistungen erbracht werden müssen.

SCHLÜSSELWÖRTER: Dehnen, Kompensation, Squat-Jump, Maximalkraft

Einleitung, Problem und Zielstellung

Im Rahmen der Elite Athletes´ Health-Study (2009) wurden 273 Leistungssportler aus 24 verschiedenen Sportarten zur Akzeptanz und Verbreitung von Stretching im Leistungssport befragt (24). Ca. 68% der Befragten waren der Überzeugung, dass Stretching sie grundsätzlich vor Verletzungen bewahrt, 75% vollzogen Dehnmaßnahmen im Training sowie vor einem Wettkampf und 74% fühlten sich in Bezug auf aktuelle sportwissenschaftliche Vorgänge und disziplinabhängige Verfahrensweisen nicht ausreichend beraten. Weitere Auswertungen zeigten, dass besonders Ballsportler und Athleten der Leichtathletik Dehnübungen am häufigsten nachkommen, allerdings oftmals deren Sinn und Zweck nicht als gewinnbringend und notwendig empfinden.
Dies wirft die Frage auf, ob Stretchingübungen mehr sind als ein bloßes Ritual in der Aufwärmphase vor sportlichen Leistungen und inwiefern sie vorteilhaft eingesetzt werden können.
Besonders statische Dehnübungen scheinen kurzfristig negative Effekte, unmittelbar auf anschließende Maximal- und Schnellkraftleistungen gemessen an unterschiedlichen Testparametern (CMJ, DJ und SJ) herbeizuführen (1, 2, 4, 6, 12, 15, 17, 22, 28, 35). Wenn statische Dehnübungen nun einen hohen Stellenwert vor sportlichen Leistungen haben (24) , fest im Aufwärmprogramm verankert sind (36) und sich kurzfristig negativ auf Maximal- und Schnellkraftleistungen auswirken, so muss deren Stellenwert und Nutzen kritisch hinterfragt werden. Es resultieren prinzipiell zwei Möglichkeiten: Entweder es wird auf ein (statisches) Dehnprogramm in der Aufwärmphase vor sportlichen Leistungen verzichtet, sofern Höchst- und Maximalleistungen erbracht werden müssen, oder es werden geeignete Maßnahmen gefunden, um mögliche negative Effekte statischen Dehnens auszugleichen.
Ziel der Pilotstudie ist es, Kompensationsmaßnahmen in Bezug auf Maximal- und Schnellkraftparameter sowie der zeitlichen Dauer der Wiederherstellung der Ausgangslage zu untersuchen. Aus der gegebenen Befundlage resultiert der Anspruch, einen ausgewählten Beitrag zu wirkungsvollen Kompensationsmaßnahmen und den Zeitpunkt der Wiederherstellung der Ausgangslage zu liefern.
Tabelle 1 gibt einen Überblick über Studien zur Frage nach der Effizienz ausgewählter Kompensationsmaßnahmen auf verschiedene Kraftfähigkeiten nach einer statischen Dehnintervention (21, 29, 30) . In allen Untersuchungen führte das statische Dehnprogramm zu Leistungseinbußen bzgl. verschiedener Maximal- und Schnellkraftfähigkeiten, gemessen an unterschiedlichen Testparametern. Es zeigt sich allerdings ein uneinheitliches Bild bezüglich der Wirkungsweise unterschiedlicher Kompensationsmaßnahmen und der zeitlichen Dauer der Wiederherstellung der Ausgangslage.
Im Vergleich zur Ausgangsleistung konnte nach der Kompensationsmaßnahme eine Reduktion der Leistung (Verminderung), eine unvollständige Kompensation (teilweise kompensiert) und auch eine gleiche sowie über das Ausgangsniveau hinaus gehende Verbesserung der Leistung (Überkompensation) festgestellt werden. Zur besseren Vergleichbarkeit und übersichtlicheren Darstellung wurden die Testparameter nach ihrer primär abhängigen Kraftfähigkeit, wie folgt nach Schnellkraft, Maximalkraft sowie Maximal- und Schnellkraft unterteilt.
Gedehnt wurde in allen Fällen die für die nachfolgende Belastung beanspruchte Muskulatur mit unterschiedlichen Gesamtzeiten, Wiederholungen und Dauer. Tendenziell waren die anschließenden Kompensationsmaßnahmen in der Lage die gemessenen Leistungseinbußen nach einem statischen Dehnen zumindest teilweise zu kompensieren.
Auffallend hierbei ist, dass zahlreiche unterschiedliche Kompensationsmaßnahmen bzgl. Intensität, Wiederholung, Bewegungsform und Dauer getestet wurden und entsprechend uneinheitliche Ergebnisse liefern. In vier Studien konnte eine weitere verminderte Leistungsfähigkeit, in vierzehn Untersuchungen eine teilweise Kompensation und in sieben Experimenten eine vollständige Kompensation bzw. Überkompensation nachgewiesen werden.
Die verminderte Leistung konnte durch drei 30m Sprints (DJ) (11), drei Sätze mit 8 maximal schnellen dynamischen Halb-Squats mit 50% des Körpergewichts (Dreier-Hop-Test) und drei Sätze mit vier Weighted Jumps mit 30% des 1-WM (CMJ) (18) sowie durch ein 15-minütiges sportartspezifisches Aufwärmen (CMJ und Sprint) (28) und einem zehnminütigen Dauerlauf in frei gewähltem Tempo (Plantarflexionskraft) (23) wieder ausgleichen werden. Eine weitere Verminderung der Leistung konnte durch Maximalkontraktionen festgestellt werden (11). Die überschaubare Anzahl von Studien und Untersuchungen zeigt, dass das Feld kompensatorischer Maßnahmen nach statischen Dehninterventionen noch weitgehend unerforscht ist, obwohl bereits zahlreiche Studien zu verminderter Leistungen nach statischem Dehnen existieren (14, 27, 36).
Die eben aufgeführten Maßnahmen können als geeignete Kompensationsmaßnahmen angesehen werden, um verminderte Leistung nach statischem Dehnen vollständig auszugleichen. Fraglich ist, ob die Maßnahmen auch für andere Testparameter oder Dehninterventionen gelten. Zum Beispiel konnte eine vollständige Reversibilität der verminderten Reaktivkraft, gemessen am DJ (kurzer DVZ), durch drei 30m-Sprints festgestellt werden (10), unklar bleibt aber, ob dies auch für die Schnellkraftfähigkeit im langen DVZ oder für andere Dehninterventionen gilt.
Resümierend bleibt festzuhalten, dass die aufgeführten Studien und ihre Ergebnisse zunächst nur für das jeweilige Untersuchungsdesign wirksam sind. Auffallend ist, dass nur eine Studie den Squat-Jump als Testparameter verwendet um kompensatorische Maßnahmen zu überprüfen (9). Ein Grund dafür könnte sein, dass diese Bewegungsausführung im Sportalltag selten anzutreffen ist und sich somit Drop- und Counter-Movement-Jumps als günstigere Testparameter erweisen. Folglich wurde für die vorliegende Studie zur Überprüfung der unterschiedlichen kompensatorischen Maßnahmen der Squat-Jump genutzt.

Fragestellung

Neben der Überprüfung unterschiedlicher Kompensationsmaßnahmen soll die vorliegende Untersuchung ebenfalls zeigen, ob zwei der in der Literatur gefundenen Maßnahmen in der Lage sind eine Überkompensation herbeizuführen. Dies mündet letztlich in den nachfolgenden Hypothesen:
H (1): Ein achtminütiges statisches Dehnen verschlechtert die Sprungkraftleistung beim Squat-Jump.
H (2): Die unterschiedlichen Kompensationsmaßnahmen 3x30m maximale Sprints, 3x20m explosiver Kniehub und zehn Minuten Dauerlauf haben einen Einfluss auf die Sprungkraftleistung im Squat-Jump.

Untersuchungsmethodik

An der vorliegenden Untersuchung nahmen 21 Sportstudierende (19 Männer und 2 Frauen) mit einem Durchschnittsalter von 24 Jahren (SD=1,0) teil. Angaben zu den Gruppen bezüglich Anzahl, Maße, Größe und Alter sind in Tabelle 2 aufgeführt. Der Untersuchungsablauf von Vortest, Durchführung einer statischen Interventionsmaßnahme und Zwischentest ist für alle drei Gruppen identisch, variiert wird lediglich die anschließende Kompensationsmaßnahme, während der abschließende Test für alle Gruppen wieder identisch ist. Der genaue Ablauf der Untersuchung wird in Tabelle 3 aufgeführt.
Zur Überprüfung verschiedener Kompensationsmaßnahmen auf die Sprungkraft wird der apparativ gestützte Squat-Jump ohne Auftakt und Ausholbewegung als vertikaler Sprungtest durchgeführt (7, 31). Gollhofer konnte für den Squat-Jump an 103 Versuchspersonen einen Reliabilitätskoeffizienten von .944 durch eine Test-Retest Überprüfung feststellen (8). Markovic, Dizdar, Jukic und Cardinale hingegen erzielten bei 93 Sportstudenten einen Test-Retest-Reliabilitätskoeffizienten von .97 (19). Somit ist die Reliabilität des Squat-Jumps als ausgezeichnet (≥.90 nach (3) einzustufen. Darüber hinaus kann der Squat-Jump als Teil einer vertikalen Sprungkraftdiagnostik betrachtet werden (13). Dass die Validität hinsichtlich der gewonnen Ergebnisse in Form von Sprunghöhen in ausreichendem Maße gegeben ist, bestätigen u. a. die Untersuchungen von Markovic et. al. (19).
Zur Messung der realisierten Sprunghöhe des SquatJumps wurde die Biovision Kontaktmatte sowie die Bearbeitungssoftware WJump Version 1.3 verwendet. Während des Vortests absolvierten die Teilnehmer drei Squat-Jumps, aus den erzielten Sprunghöhen wurde das arithmetische Mittel gebildet. Nach dem Vortest begann die Durchführung einer statischen Dehnintervention (16), die für alle Gruppen gleich war und bei denen die Hauptkinetoren des Vertikalsprungs der M. quadriceps femoris, M. gastrocnemius, M. glutaeus maximus (33) und M. ischiocrurales (34) gedehnt wurden. Gedehnt wurde jede Seite drei Mal und jede Dehnung wurde jeweils 20s gehalten. Hier sollte eine Position eingenommen werden, in der der Dehnreiz erträglich ist. Die entsprechenden Dehnübungen lassen sich bei Schott mit Abbildungen und Erläuterungen wiederfinden (25). Nach der statischen Dehnintervention wurde ein Zwischentest durchgeführt, daran anschließend fand die jeweilige Kompensationsmaßnahme (drei 30m Sprints, 3x20m Kniehub, ein zehnminütiger Dauerlauf) sowie der Nachtest statt.
Die statistische Auswertung erfolgte mit SPSS 23. Durchgeführt wurde eine Varianzanalyse mit Messwiederholung und anschließenden post-hoc Tests bzw. aufgrund nicht normalverteilter Daten und kleiner Stichproben das nichtparametrische Äquivalent der einfaktoriellen Varianzanalyse, der Friedman-Test mit anschließenden Einzelvergleichen mit dem Wilcoxon-Vorzeichen-Rang-Test. Überprüft wurde die Veränderung der Sprungkraftleistung nach einer 8-minütigen statischen Dehnintervention für die Gesamtgruppe, sowie Veränderungen der Sprungkraftleistung nach unterschiedlichen Kompensationsmaßnahmen der drei Versuchsgruppen.

Ergebnisse

Die Ergebnisse zur Auswirkung von statischem Dehnen auf die Sprungleistung über drei Messzeitpunkte bestätigen die bereits vorliegenden Ergebnisse aus dem Forschungsstand und zeigen für die Gesamtgruppe (χ2(2)=27.83, p=.000, n=21) eine signifikante Verminderung der Sprunghöhe beim SquatJump von Vor- zum ersten Nachtest sowie einen signifikanten Anstieg der Sprungleistung von Nachtest 1 zu Nachtest 2. Für die drei post-hoc-Vergleiche führt die Alpha-Fehler-Adjustierung nach Bonferroni zu einem p-Wert mit 0,05/3=0,017. Damit führt das statische Dehnen in allen Versuchsgruppen zu einer durchschnittlich signifikanten Verminderung der Sprunghöhe beim Squat-Jump. Für die Gruppe Dauerlauf (DL) verminderte sich die Sprunghöhe um 6,92%, für die Gruppe explosiver Kniehub (EK) um 6,6% und um 6,24% für die Gruppe maximaler Sprint (MS) (Abb. 1).

Die Ergebnisse der Kompensationsmaßnahmen zeigen ebenfalls in allen Versuchsgruppen eine signifikante Steigerung der Sprunghöhe, allerdings mit unterschiedlicher Ausprägung und unterschiedlichem Kompensationsgrad. So erfolgt bei der Gruppe Dauerlauf eine durchschnittliche Erhöhung um 7,87%, für explosiver Kniehub um 6,07% und maximaler Sprint um 5,29% (Abb. 1).

Diskussion

Wie in anderen Studien auch gezeigt werden konnte, bestätigen die vorliegenden Ergebnisse die Annahme, dass sich statisches Dehnen kurzfristig negativ auf Maximal- und Schnellkraftleistungen auswirkt. Die Ergebnisse und Auswertung der erreichten Sprunghöhen nach den Kompensationsmaßnahmen führen in allen Versuchsgruppen zu einer signifikanten Steigerung der Sprunghöhe, allerdings mit unterschiedlichem Kompensationsgrad. Hier ist nur die Versuchsgruppe Dauerlauf in der Lage, die negativen Effekte vollständig zu kompensieren und vielmehr die Ausgangsleistung um 1,03% zu erhöhen. Somit führen statisches Dehnen und ein zehnminütiger Dauerlauf zu einer signifikanten Steigerung der Sprunghöhe um 1,03%. Die absoluten Sprunghöhenmittelwerte von EK und MK zeigen, dass diese beinahe eine vollständige Kompensation erreicht hätten (Abb. 1), so allerdings nur als teilweise kompensiert festgehalten werden müssen. Beachtet werden muss, dass eine einzelne Untersuchung der Squat-Jump-Leistungen gezeigt hat, dass die Probanden der einzelnen Versuchsgruppen sehr unterschiedlich, zum Teil auch stark vom Mittelwert abweichend, auf die Dehnintervention und die Kompensationsmaßnahme reagieren.

Für die Sportpraxis empfiehlt sich daher vor allem eine individuelle Beobachtung der Leistungsveränderung und Reaktion auf spezifische Maßnahmen, um den Trainings- und Wettkampfprozess zu optimieren. Allerdings deutet die Befundlage an, dass von einem statischen Dehnprogramm generell abgeraten werden sollte. Auf der anderen Seite ist jedoch zu erwähnen, dass die Verminderung von Maximal- und Schnellkraftleistungen für den Freizeitsport eine geringere Bedeutung einnimmt, da hier z. B. Ziele zur Förderung der Gesundheit und ästhetische Ansprüche in den Vordergrund rücken. Im Wettkampf können dagegen bereits wenige Zentimeter oder (Milli-)Sekunden über Sieg und Niederlage entscheiden. Auch in Sportarten, bei denen eine optimale Beweglichkeit in der Wettkampfvorbereitung eine entscheidende Rolle spielt, sollte ein Dehnprogramm erfolgen (13). Hier erscheint es aufgrund der Problematik sinnvoll, gezielt die Körper- und Muskelpartien zu dehnen, von denen ein erhöhtes Beweglichkeitsausmaß erforderlich ist.
Prinzipiell ist auch die Ausweichmöglichkeit auf andere Dehnmethoden (z. B. dynamisches Dehnen) ratsam, da diese im Vergleich zum klassischen statischen Dehnen kurzfristig kaum bzw. keine negative Effekte aufweisen (5, 20, 26, 32, 36). Schließlich besteht auch die Möglichkeit erwartete negative Effekte durch geeignete Kompensationsmaßnahmen, je nach abhängigen Maximal- und Schnellkraftparameter, auszugleichen. In der vorliegenden Studie konnte diese Forderung durch einen zehnminütigen Dauerlauf in einem individuellen Tempo beim Testparameter SJ erreicht werden.
Für andere Testparameter (z. B. CMJ, DJ, Sprint, etc.) wurden bereits entsprechende Maßnahmen, die eine vollständig signifikante Wiederherstellung der Ausgangsleistung erreichen konnten, gefunden (vgl. Tab. 1). Durch das Anliegen und das Ergebnis dieser Studie konnte die Thematik kompensatorischer Maßnahmen nach einem statischen Dehnen positiv erweitert werden (zugunsten des SJ). Jene Erweiterung der Thematik und Umsetzung einer erfolgsversprechenden kompensatorischen Maßnahme ermöglicht, ungeachtet der kurzfristigen negativen Effekte, eine statische Dehnintervention im Aufwärmprogramm durchzuführen und keine negativen Auswirkungen auf anschließende Maximal- und Schnellkraftleistungen fürchten zu müssen.
Einen besonderen Stellenwert nehmen in diesem Abschnitt noch die, in der Literatur gefundenen, Kompensationsmaßnahmen der Versuchsgruppen DL und MS ein.
Es konnte keine signifikante Überkompensation durch drei 30m Sprints festgestellt werden, wie sie von Hillebrecht und Kollegen beim Drop-Jump gefunden wurde (10). Dies könnte an dem in der vorliegenden Studie umfangreicherem Dehnprogramm liegen und für eine größere Reduktion der Sprunghöhen sprechen (18). Beachtet werden muss, dass drei der sieben Probanden jedoch eine vollständige Kompensation erreichen konnten.
Der zehnminütige Dauerlauf, in frei gewähltem individuellem Tempo, wurde in Anlehnung an die Untersuchung von Rosenbaum und Hennig verwendet, welche verschiedene Parameter der Plantarflexionskraft betrachteten (23). Hier konnte eine signifikante Überkompensation erreicht werden. Allerdings fallen die Leistungsverbesserungen beim Squat-Jump deutlich geringer aus.

Fazit

Ziel zukünftiger Forschungsarbeiten muss es sein, das Themenfeld und die Problematik des statischen Dehnens verbunden mit kompensatorischen Maßnahmen weiter aufzufächern. Die Darlegung des Forschungsstands hat gezeigt, dass bzgl. der Ausführung, Intensität, Wiederholungszahl und Dauer noch große Unterschiede bestehen und ein Vergleich zwischen Kompensationsmaßnahmen sowie Aussagen über die Effizienz der jeweiligen Aktivität nicht getroffen werden kann. Interessant wäre auch zu überprüfen, wie Pausenzeiten mit Kompensationsmaßnahmen zu verknüpfen sind und ob die Position der Pause (vor oder nach der Kompensation) ausschlaggebend ist. Womöglich könnte die Verknüpfung zwischen Pausen und denjenigen Kompensationsmaßnahmen, welche die Ausgangsleistung nur teilweise wieder herstellen, eine vollständige Kompensation erreichen. Hinsichtlich dieser Problematik wäre auch ein denkbarer Ansatz, den vorliegenden Dehnumfang zu vermindern, sodass eine verminderte Reduktion nach der statischen Dehnintervention erwartet werden kann und schließlich die Kompensationsmaßnahmen EK und MS doch in der Lage sind eine vollständige Reversibilität der Ausgangsleistung zu erreichen (18).

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Keine

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Dr. Katja Ferger
Arbeitsbereich für Trainingswissenschaft
Justus-Liebig-Universität Gießen
Institut für Sportwissenschaft
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