Clinical Sports Medicine
EDITORIAL

2020 ESC Guidelines on Sports Cardiology and Exericse in Patients with Cardiovascular Diseases

ESC Leitlinien 2020 für Sportkardiologie und körperliche Bewegung bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen

This ESC (European Society of Cardiology) Guideline was written in cooperation between Martin Halle, President of the European Association of Preventive Cardiology (EAPC) and me, Chairman of the Section for Sports Cardiology of the EAPC and is appearing during a pandemic of physical inactivity which has been going on for decades and continuesto spread with no sign of even slowing down.

The knowledge that a lack of physical performance capacity is the strongest predictor for not only cardiovascular but even overall morbidity and mortality, which can be reduced by physical activity and sports, has led to a trend away from restrictive recommendations or even banning sports toward responsible but still rather liberal individual training recommendations. Physical activity including sports is an essential componentin the prevention and rehabilitation of nearlyall chronic diseases. N.B.: NO sports is NOT an option.

It is also new that the patient’s autonomy in the specific decision is given more weight. After thorough and individual estimating of risk bythe doctor and the patient together, a decision ismade concerning the type, scope and intensity of sports and noted in the patient’s file (“shared decision making”). Based on the numerous positive effects of training and the low probability of sudden cardiac death in sports, collateral damages which arise when sports are forbidden can be avoided. As for healthy adults of all ages, patients with cardiovascular diseases (CVD) should engage in sports 3-7 days per week, but at least 150-300 minutes at moderate or 75-150 minutes athigh intensity. Strength training should additionally be performed at least three times per week.

Hervorgehoben seien folgende Aspekte

Plötzlicher Herztod (Sudden Cardiac Death SCD)

Während bei Sportlern <35 Jahren meist angeborene Herzerkrankungen aber auch Myokarditiden ursächlich sind, zeigt sich bei Sportlern> 35 Jahre meist eine erworbene HKE, v.a. die koronare Herzkrankheit (KHK). Die Sporttauglichkeitsuntersuchung vor einer Teilnahme an Freizeit- oder Leistungssport zielt daher auf die Erkennung von Krankheiten im Zusammenhang mit SCD ab und beinhaltet neben dem Ruhe-EKG auch ein Belastungs-EKG (wenn möglich Spiroergometrie) und je nach Sportart sowie Trainingsumfang und -intensität eine Echokardiographie. Bei entsprechendem Alter und Risikofaktoren kann es zielführend sein, den Kalziumscore der Koronararterien mittels Koronar-CT zu bestimmen. Sofern die Befunde ein geringes Risiko für ein sportassoziiertes kardiales Ereignis ergeben, kann der Sportler/Patient für Freizeit- aber auch Leistungssport freigegeben werden. Bei Personen mit KHK und einem hohen Risiko für ein sportassoziiertes Ereignis sowie auch bei myokardialer Ischämie (auch aufgrund einer Koronaranomalie) wird Leistungssport nicht empfohlen. Nach einem akuten Koronarsyndrom aber auch bei chronischer KHK werden eine Rehabilitation sowie regelmäßige Kontrolluntersuchungen empfohlen.

Chronische Herzinsuffizienz

Trainingsprogramme für Patienten mit Herzinsuffizienz verbessern die Belastungstoleranz und Lebensqualität, sollten jedoch erst eingeleitet werden, nachdem die medizinische Therapie optimiert wurde. Eine maximale Ergometrie (möglichst Ergospirometrie) ist Voraussetzung für die Beurteilung der kardiopulmonalen Leistungsfähigkeit, der hämodynamischen Funktion und der Induzierbarkeit von Arrhythmien unter Belastung. Auch sind die Ergebnisse der Ergometrie die Basis für die individuelle Dosierung der Trainingstherapie.

Herzklappenerkrankung

Asymptomatische Patienten mit leichtgradigen Herzklappenerkrankungen können im Allgemeinen am Leistungssport teilnehmen. Asymptomatische Patienten mit mittelschwerer Klappenerkrankung, guter myokardialer und hämodynamischer Funktion und ohne Anzeichen einer Myokardischämie oder komplexen Arrhythmien während einer maximalen Ergometrie, können nach gemeinsamer Entscheidungsfindung durchaus am Leistungssport teilnehmen.

Aortopathie

Personen mit einer Aortenwurzeldurchmesser <40 mm haben das geringste Risiko für eine Dissektion. Eine Risikostratifizierung durch Ergometrie und Bildgebung (Computertomographie / kardiale Magnetresonanztomographie) wird vor Beginn des Trainings empfohlen. Sportliche Teilnahme verringert das Risiko von kardiovaskulären Ereignissen und Mortalität. Regelmäßige Kontrollen sind Grundvoraussetzung.

Kardiomyopathien, Myokarditis und Perikarditis

Bei Patienten mit hypertropher Kardiomyopathie sollte eine individuelle Empfehlung für die
Teilnahme am Sport gegeben werden. Pateinten mit akuter Myokarditis oder Perikarditis dürfen nicht am Sport teilnehmen. Nach Ausheilung einer Myokarditis (meist 3-6 Monate nach Diagnosestellung) oder Perikarditis (je nach Verlauf eher als bei Myokarditis) erfolgt eine umfassende Diagnostik einschließlich einer maximalen Ergometrie (möglichst Ergospirometrie), um das Risiko von belastungsinduzierten Arrhythmien zu beurteilen. Bei nachgewiesener arrhythmogener Kardiomyopathie ist Leistungssport kontraindiziert, da dieser nachweislich zu einem akzellerierten Krankheitsverlauf mit frühzeitigem Tod führen kann.

Arrhythmien und Kanalopathien

Bei Athleten mit supraventrikulärer Tachykardie (SVT) sollte eine Präexzitation ausgeschlossen und möglichst eine kurative Katheterablation in Betracht gezogen werden. Bei professionellen Leistungssportlern mit asymptomatischer Präexzitation wird eine elektrophysiologische Untersuchung und nach Risikoabschätzung ggf. eine Ablation empfohlen.

Bei Patienten/Sportlern mit rezidivierendem symptomatischem Vorhofflimmern, die keine Medikamente einnehmen möchten oder diese nicht vertragen, wird eine Katheterablation empfohlen. Während einer Antikoagulation ist von Kontakt-
sportarten abzusehen. Bei Vorhofflattern sollte ebenfalls eine Ablation in Betracht gezogen werden. Patienten/Sportler mit ventrikulären Rhythmusstörungen müssen auf zugrunde liegende strukturelle oder familiäre arrhythmogene Erkrankungen untersucht werden. Bei Kanalopathien wie Long-QT- oder Brugada-Syndrom wird zur Entscheidungsfindung ggf. ein Kardiogenetiker und/oder Elektrophysiologe hinzugezogen.

Patienten mit Herzschrittmachern sollten unter Berücksichtigung der Grunderkrankung zum Sport ermutigt werden (cave: Kollisionssport). Dies gilt auch für Patienten/Sportler mit implantierbaren Kardiovertern-Defibrillatoren, bei denen jedoch zusätzlich die Konsequenzen von möglichen Schocks und/oder Synkopen während des Sports sowohl für sich selbst als auch für Beteiligte berücksichtigt werden müssen (z. B. Tauchen, Klettern).

Angeborene Herzerkrankungen

Patienten mit angeborenen Herzerkrankungen sollten nach Möglichkeit zum Sport ermutigt werden. Wesentlich für die Entscheidungsfindung sind: ventrikuläre Funktion, Pulmonalarteriendruck, Aortendurchmesser, ggf. Arrhythmien und Sauerstoffsättigung. Eine Ergospirometrie ist unabdingbar.

In Summe gibt die neue Leitlinie alltagstaugliche Hilfestellung für die Entscheidung bei Fragen des Sporttreibens von Patienten und Sportlern bei einem breiten Spektrum an Herzkreislauferkrankungen. Ziel ist es, Patienten und Sportlern verantwortungsvoll, individuell und an das jeweilige Risiko angepasst das Sporttreiben zu ermöglichen, so dass diese keinem ungerechtfertigten Risiko ausgesetzt sind, ihnen aber auch nicht der gesundheitliche Nutzen des Sports vorenthalten wird. Bisher wurde zu selten die Möglichkeit der gemeinsamen Entscheidungsfindung (shared decision making) genutzt. Durch Analysieren, Abwägen und Beraten sowie akzeptieren des individuellen Wunschs des Patienten, wird uns für den Alltag ein bisher zu wenig genutztes Instrument an die Hand gegeben, welches uns verantwortungsvolle Partner der Patienten/Sportler sein lässt, damit diese ihrem Sport mit der Intensität und auf dem Niveau nachgehen können der ihnen wichtig ist.

References

  1. PELLICCIA A, SHARMA S, GATI S, BÄCK M, BÖRJESSON M, CASELLI S, COLLETJP, CORRADO D, DREZNER JA, HALLE M, HANSEN D, HEIDBUCHEL H, MYERS J,NIEBAUER J, PAPADAKIS M, PIEPOLI MF, PRESCOTT E, ROOS-HESSELINK JW,GRAHAM STUART A, TAYLOR RS, THOMPSON PD, TIBERI M, VANHEES L,WILHELM M; ESC SCIENTIFIC DOCUMENT GROUP. 2020 ESC Guidelineson sports cardiology and exercise in patients with cardiovasculardisease. Eur Heart J. 2020; ehaa605.
    doi:10.1093/eurheartj/ehaa605
Prim. Univ.-Prof. Dr. Dr. Josef Niebauer, MBA
Universitätsinstitut für präventive
und rehabilitative Sportmedizin
Institut für Sportmedizin des
Landes Salzburg
Lindhofstraße 20, 5020 Salzburg, Austria
j.niebauer@salk.at