Tendinopathie der Sportlerschulter
Tendinopathy of the Shoulder in Sportsmen
ZUSAMMENFASSUNG
Tendinopathien am Schultergelenk sind häufige Ursachen für Beschwerden und treten vor allem bei Überkopfsportlern auf.
Risikofaktoren für das Auftreten sind wiederholte, gleichförmige Bewegungen, ein muskuläres Ungleichgewicht der Rotatorenmanschette, die knöcherne Akromionkonfiguration und Schulterinstabilitäten. Tendinopathien sind durch eine Entzündungsreaktion, einer Degeneration der Sehne und (Partial-) Rupturen gekennzeichnet. Prädilektionsstelle ist die schlecht durchblutete ansatznahe Zone. Bezüglich der Pathogenese wird ein „stress-shielding“ der Sehne diskutiert, da Degenerationen vor allem an der Zone auftreten, die einer geringeren Zugbelastung ausgesetzt sind. Bei der klinischen Untersuchung imponieren unter anderem Schmerzen im Sehnenansatzbereich, eine Schmerzprojektion auf den Deltoideusansatz am Humerus und die dorsale Kapsel, und Schmerzen bei isometrischer Anspannung der jeweiligen Sehne. Ein Kraftverlust weist auf eine Ruptur hin. Im der Magnetresonanztomographie können die Sehne und auch der zugehörige Muskel gut beurteilt werden. Die Genauigkeit bei der Diagnose einer Partialruptur kann noch durch die Gabe eines intraartikulären Kontrastmittels erhöht werden. Bei intakter Sehne stehen die konservative Therapie mit entzündungshemmenden und durchblutungsfördernden Maßnahmen, sowie die Behandlung von Muskeldysbalancen im Vordergrund. Hierbei steht neben einem funktionellen, propriozeptiven Training die Kräftigung der Humeruskopfdepressoren (M. infraspinatus und M. subscapularis) bei akromialem Impingement und beim inneren Impingement die Dehnung der verkürzten Anteile der funktionellen Muskelschlinge im Vordergrund. Bei (Partial-) Rupturen sollte die operative Versorgung je nach Ausmaß, Lokalisation und Beschwerden in Erwägung gezogen werden. In der Regel wird eine operative Refixation bei einem Sehnenriss >50% empfohlen.
Schlüsselwörter: Schulter, Tendinopathie, Sportler, Rotatorenmanschettenriss, Therapie, Impingement.
SUMMARY
Tendinopathies of the shoulder are a common complaint especially in overhead and throwing athletes. Risk factors are repetitive movements, dysbalances of the muscles, bony deformities of the acromion and instabilities of the shoulder. Tendinopathies are characterized by tendon degeneration with or without inflammation and later on by (partial-) tendon ruptures. Common sites of these changes are the areas close to the bony insertion sites because of their reduced blood perfusion. Stress shielding might play a role in the development of tendinopathy, as degenerative changes often occur in those areas with low strains. Clinical examination shows pain at the tendon insertion, mainly during isometric exercises, and pain projection to the humeral insertion of the deltoid muscle and to the dorsal capsule. A tendon rupture can be detected by loss of force. Magnetic resonance imaging helps identifying the pathology. Intraarticular application of contrast media increases the sensitivity and accuracy for the diagnosis of partial tendon ruptures. An intact tendon should be treated non-operatively with anti-inflammatory drugs and by treating the cause of the pathology, e.g. muscle dysbalances. For the treatment of an acromial impingement, besides functional training and training of proprioception, the humeral depressors (infraspinatus and subscapularis muscles) should be exercised, and for internal impingement, the shortened parts of the force couple have to be stretched. Symptomatic ruptures with failed conservative therapy should be treated surgically after exact evaluation of the type and extent of the rupture. Operative treatment is usually indicated for partial ruptures of more than 50%.
Key words: Shoulder, tendinopathy, rotator cuff rupture, athlete, therapy, impingement.
EPIDEMIOLOGIE UND URSACHEN
Fünf bis 8% aller akuten Verletzungen des menschlichen Körpers betreffen das Schultergelenk, etwa 3% sind Überlastungsschäden (43). Es wird vermutet, dass fast 50% der Sportverletzungen auf eine Überbelastung zurückzuführen sind (43). Vor allem bei Überkopfsportarten wie z.B. Werfern, Schwimmern, Gewichthebern und Handballern können Sehnenreizungen, d.h. Tendinopathien an der Schulter auftreten. Typische Stellen sind die Supra- und Infraspinatussehne und die Bicepssehne. Tendinopathien können zu einer reduzierten Belastbarkeit im Freizeit- und Leistungssport und im Weiteren zu Wettkampfausfällen und einer Trainingsreduktion führen. Die Ursachen können repetitive Bewegungsmuster mit Überlastung der Kapselbandstrukturen und der Sehnen sein, eine Überbeweglichkeit der Schulter oder eine subakromiale Enge mit Impingement sein. Oft sind mehrere Faktoren gleichzeitig verantwortlich. Ferner können auch Traumata mit direktem Anprall oder Zerrungen eine Rolle spielen.
Überlastung
Bei wiederholten, gleichförmigen Bewegungen der Schulter wie z.B. beim Golfen oder Tennis kann es bei fehlendem Kräftigen der muskulären Gegenspieler, Überlastung und technischen Fehlern zu Mikroläsionen im Bindegewebe der Bänder und Sehnen oder zu Muskelfaserrissen kommen. Hat das Gewebe bei fortgesetzter Belastung keine Zeit zur Regeneration, entwickeln sich (abakterielle) Entzündungsreaktionen (10) in den belasteten Strukturen einschließlich der Sehnen. Bei länger dauernder (Fehl-) Belastung kann es auch zu strukturellen Veränderungen einschließlich Degeneration kommen (38, 23). So ist bei Werfern häufig aufgrund der repetitiven Belastung eine vermehrte Außenrotation und eine verminderte Innenrotation zu beobachten. Dies ist auf eine Überdehnung der vorderen und Verkürzung der hinteren Muskel- und Bandstrukturen zurückzuführen. Dieses Ungleichgewicht macht die Sehnen verletzungsanfällig und leistet Tendinopathien Vorschub.
Überbeweglichkeit/Instabilität
Eine angeborene Bandlaxizität kann je nach Ausprägung bei ungenügender muskulärer Stabilisierung zu Subluxationen der Schulter führen. Dies kann sportartspezifisch z.B. bei Rückenschwimmern in eine Richtung verstärkt werden. Letztere haben beispielsweise oft eine extreme Beweglichkeit in die Außenrotation und Abduktion. Die anlagebedingte Überbeweglichkeit kann bei Spitzenbelastungen dekompensieren, was bei einer Subluxation zu einer Einklemmung von Sehnenansätzen führt. Eine maximale Abduktion und Außenrotation kann so zu einer Einklemmung des Sehnenansatzes des hinteren Anteils des Supra und des vorderen Anteils des Infraspinatus und des Bicepssehnenankers kommen (Abb. 1-3).
Bei wiederholter Belastung verursacht dies eine Tendinopathie und/oder Läsionen des Bicepssehnenankers (sogenannte superior Labrum anterior/posterior Läsionen (SLAP) (Abb. 4). Ferner kann auch die Subscapularissehne durch die maximale Außenrotation und Innenrotation gegen Widerstand überlastet werden. Bei jungen Sportlern sind auch aseptische Knochennekrosen in den ehemaligen Epiphysenkernen beobachtet worden.
Bei starken Bindegewebsschwächen und nach Traumata kann es auch zu kompletten Luxationen der Schulter kommen, die neben Verletzungen des Labrum/ Bänderkomplexes entweder zu einer Sehnenzerrung oder auch zu traumatischen (Teil-) Sehnenrissen führen können. Typischerweise ist bei einer vorderen Luxation die Sehne des M. subscapularis betroffen.
Impingement
Beim Schultergelenk gleitet ein relativ gesehen großer Kopf in einer kleinen Pfanne. Dies ermöglicht ein sehr großes Bewegungsausmaß. Umgekehrt bedeutet diese knöcherne Situation auch, dass die Stabilität wesentlich von umliegenden Bindegewebsstrukturen wie der Gelenklippe (Labrum), den Bändern zwischen Oberarmkopf und Pfanne (glenohumerale Bänder) und den umliegenden Muskeln, der Rotatorenmanschette, abhängt. Die Schulter wird maßgeblich von den verschiedenen Anteilen der Rotatorenmanschette, dem M. subscapularis, supraspinatus, infraspinatus und dem M. teres minor zentriert und geführt. Anatomisch bedingt gleitet die Supraspinatussehne unter dem Schulterdach (Akromion und Lig. coracoakromiale) zur Ansatzzone am Oberarmkopf. Dies bedeutet, dass es bei hakenförmiger Akromionkonfiguration zu einer relativen Enge mit daraus resultierender immer wiederkehrender Einklemmung und letztlich einer Tendinopathie der Supraspinatussehne kommt. Dieser Mechanismus tritt häufig allein durch eine Muskelimbalance der Humeruskopfdepressoren (M. infraspinatus von hinten und M. subscapularis von vorne) und daraus resultierende ungenügende Führung an der Supraspinatussehne zwischen Humeruskopf und Schulterdach auf.
Extreme Außenrotationsbewegungen in Kombination mit Abduktion (ARO/Abd) bzw Innenrotationsbewegungen mit Adduktion (IRO/Add) (s. Instabilität) können auch zu einem sekundären Impingement führen, bei dem es bei ARO/Abd zu einem Einklemmen der Sehnenansätze und des Bicepssehnenankers am Extreme Außenrotationsbewegungen in Kombination mit Abduktion (IRO/Abd) bzw Innenrotationsbewegungen mit Adduktion (IRO/Add) (s.Instabilität) können auch zu einem sekundären Impingement führen, bei dem es bei ARO/Abd zu einem Einklemmen der Sehnenansätze und des Bicepssehnenankers am oberen hinteren Glenoidrand (posterior/superiores Impingement PSI, Abb. 1-3) und bei IRO/Add am vorderen Glenoidrand bzw am Coracoid kommt (anterior/superiores Impingement ASI).
Traumata
Direkte Anpralltraumata können zu einer Einblutung und zu Gewebsschädigungen der Sehne und des Muskels führen, die im Verlauf dann vom Körper um- und abgebaut werden müssen. Dies kann im Rahmen der Heilung zu einer Tendinitis mit Schmerzen führen. Zerrungen der Muskel-Sehneneinheiten führen zu Mikrotraumata des Bindegewebes und der Muskelstrukturen, was ebenfalls bei der Regeneration mit einer Entzündung einhergeht. In seltenen Fällen kann es bei Hochenergietraumen auch zu einem Abriss der Sehnen der Rotatorenmanschette kommen (34, 33).
ANATOMIE DER SEHNE
Sehnen sind dichte Bindegewebsstrukturen, die den Muskel mit dem Knochen verbinden. Bis zu 85% des Trockengewichts besteht aus Kollagen. Sehnen sind dazu ausgelegt, starken Zugkräften stand zu halten. Die Rotatorenmanschette mit ihren 4 Muskelanteilen bildet nahe dem Knochenansatz eine gemeinsame Sehnenplatte, die auch radiäre Sehnenverbindungen haben. Zwischen den Kollagenfibrillen (bestehend vor allem aus Kollagen 1) sind in geringer Anzahl auch Fibroblasten vorhanden. Diese sind für die Produktion des Kollagens und der Matrixproteoglykane, und somit u.a. für die Sehnenregeneration verantwortlich. Tierexperimentelle Studien konnten zeigen, dass ein Training die Reißkraft einer Sehne erhöhen kann. Es erhöhten sich dabei die Anzahl an Kollagenfibrillen, die an sich einen dünneren Durchmesser hatten, was insgesamt zu einer höheren Zugfestigkeit führte (26).
PATHOLOGIE DER SEHNE
Nach einer traumatischen Sehnenverletzung kommt es regelhaft zu verschiedenen Stadien der Heilung. Zunächst erfolgen eine Entzündungsreaktion, danach eine Kollagen-Produktionsphase und schließlich der Umbau der Sehne. Diese Stadien lassen sich am besten bei einer Sehnendurchtrennung nachvollziehen. Bei einer Tendinopathie kommt es primär nicht zu einer kompletten Durchtrennung, sondern es wird zunächst eine lokale Entzündungsreaktion der Sehne und des umliegenden Gewebes (Peritendineum) angenommen (39). Die Entzündung geht mit einer Schwellung einher, die eine bereits bestehende Enge unter dem Schulterdach mit Impingementsymptomatik noch verstärken kann. Neuere Arbeiten konnten allerdings bei länger bestehenden Sehnenschmerzen unter Anwendung der Mikrodialyse keine Entzündungsmediatoren (2, 27, 23), sondern eine lokalisierte Kollagendegeneration feststellen (35). Es fanden sich Mikrorupturen, eine Aufhebung der hierarchischen Anordnung der Kollagenfasern, ein Ersatz von Kollagen Typ I durch Typ III und eine Einsprossung Substanz P-positiver Nervenendigungen (20, 21). Ferner wird diskutiert, ob die Einsprossung freier Nervenendigungen durch eine pathologische Neovaskularisierung stattfindet. Die Übergangszone zwischen Knochenansatz und dem Muskelsehnenübergang ist prinzipiell eine Stelle verminderter Durchblutung (38). Deshalb ist diese Zone ca. 1-2 cm medial des Tuberkulum majus eine Prädilektionsstelle für spontane Rupturen der Supraspinatussehne bei sportlicher Belastung (28). Histologische Untersuchungen haben an diesen Stellen nach Spontanrupturen weniger eine Entzündungsreaktion als degenerative Veränderungen gefunden (10, 28, 39).
Versuche an Ratten konnten bei einer Überbelastung der Supraspinatussehne eine Zunahme des Durchmessers bei gleichzeitiger geringerer Elastizität und Reißfestigkeit feststellen (42). Histologisch waren eine Zunahme der Zellularität und ein Verlust der originären Kollagenstruktur zu sehen (41). Verstärkt wurden diese Effekte noch, wenn ein extrinsisches Impingement hinzukam (40). Eine Terminierung der Belastung für 2 Wochen war in diesem Tiermodell geeignet, die histologischen Veränderungen wieder rückgängig zu machen (17). Interessant ist die Beobachtung, dass an den Ansatzzonen der Sehnen mit häufigen Ansatztendinosen (Li. Patellae, Achillessehne, Supraspinatussehne) die Zugbelastungen nicht uniform sind (22). In der Tat sind die Anteile, die einer stärkeren Zugbelastung ausgesetzt sind, seltener von der Tendinopathie betroffen. Degenerative Veränderungen sind dagegen oft an dem Bereich der Sehne vorhanden, die weniger Zugbelastungen ausgesetzt sind. Dies wäre ein biomechanisches Erklärungsmodell durch den Mechanismus des „stress shielding“ (22). Bei der Supraspinatussehne war eine gleichmäßigere Belastung an der Ansatzzone bei Abduktionswinkeln >60° vorhanden, was auch evtl. in der Prävention und Therapie genutzt werden könnte.Eine Klassifikation für Überlastungsschäden lässt sich von der Achillessehe m.E. auch auf die Rotatorenmanschette übertragen (39):
- Peritendinitis (Entzündung des Sehnen umgebenden Gewebes)
- Tendinosis (Sehnendegeneration) mit Peritendinitis
- Tendinosis ohne Peritendinitis
- partielle Ruptur
- komplette Ruptur
Von einer Partialruptur spricht man, wenn die Sehne nicht in der ganzen Dicke durchtrennt ist, d.h. keine Verbindung zwischen Subakromialraum und Schultergelenk besteht. Die Lokalisation der Partialrupturen kann gelenkseitig, bursaseitig oder intratendinös sein (Abb. 5). Die Einteilung erfolgt nach dem Ausmaß bzw. der Dicke der Ruptur (Grad 1 Durchmesser <1/4 oder <3mm, Grad 2 Durchmesser <1/2 oder 3-6mm, Grad 3 Durchmesser >6mm) (12). Von einer kompletten Ruptur spricht man unabhängig von der Ausdehnung, wenn der Riss die gesamte Sehnendicke betrifft.
Die Einteilung erfolgt einerseits anhand der Ausdehnung vom vorderen zum hinteren Rissrand (5) und andererseits nach dem Grad der Retraktion, d.h. wie weit sich die Sehne durch den Muskelzug vom Ansatz am Tuberculum entfernt hat (31) (Abb. 6-7).
Typischerweise liegt bei degenerativen Veränderungen an der Rotatorenmanschette auch eine Entzündungsreaktion des subakromialen Schleimbeutels mit einer Verdickung und Schwellung vor.
DIAGNOSE
Patienten mit chronischen Sehnenbeschwerden der Schulter haben meist eine lange (Schmerz-) Vorgeschichte. Typisch sind Schmerzen am Anfang der Belastung und mit zunehmender Belastungsintensität bei Über-Kopf Bewegungen oder Armrotationen. Bei der klinischen Untersuchung sind die Sehnenansatzpunkte an den Tubercula oder die Bicepssehne im Sulcus schmerzhaft palpabel. Oft werden Schulterschmerzen auch auf den Deltoideusansatz und die dorsale Kapsel projiziert. Bei den Provokationstests mit Anspannung der einzelnen Anteile der Rotatorenmanschette werden Schmerzen angegeben (z.B. JobeTest für die Supraspinatussehne oder der Test nach Gerber für die Subscapularissehne (6, 16)). Bei Rotatorenmanschettenrissen ist häufig eine Verminderung der Kraft festzustellen. Allerdings kann diese Kraftminderung auch schmerzbedingt sein. Dies kann mittels Injektion eines Lokalanästhetikums in die subakromiale Bursa differenziert werden. Die Provokationstests für ein subakromiales Impingement (36) werden in der Regel positiv sein.Auf Röntgenaufnahmen können degenerative Veränderungen des Schulter- und des Akromioclavikulargelenkes, die Akromionkonfiguration und der akromiohumerale Abstand (AHA) beurteilt werden. Ein nach unten abfallendes oder hakenförmiges Akromion oder Osteophyten am vorderen Akromioneck prädestinieren zum subakromialen Impingement. Ein verminderter AHA weist auf eine schon länger zurückliegende Supraspinatussehnenruptur mit Retraktion der Sehne hin. Für eine erfolgreiche Naht sollte der AHA>7 mm sein. Sonographie und Magnetresonanztomographie (MRT) können eine Signalalteration der Sehne durch intratendinöse Läsionen, Verdickungen und partielle oder komplette Rupturen zeigen. Desweiteren kann eine entzündlich veränderte subakromiale Bursa oder eine Tendinitis der langen Bizepssehne durch einen Flüssigkeitssaum im Sulcus bizipitalis dargestellt werden. Die Sonographie weist dabei abhängig vom Untersucher eine geringere Genauigkeit zur Darstellung von Rotatorenmanschettenläsionen auf. Die Treffsicherheit der MRT kann durch die intraartikuäre Injektion von Kontrastmittel noch gesteigert werden, da dadurch auch kleine komplette Rupturen durch den Kontrastmittelübertritt in die subakromiale Bursa sicher diagnostiziert werden können.
THERAPIE
Konservativ bei intakter Sehne
Primär sollten die Ursachen behoben werden: Die Noxe durch repetitive Mikrotraumata darf nicht weiter einwirken, d.h. die schmerzhaften Bewegungen müssen pausiert werden. Muskelverkürzungen und Ungleichgewichte sollten krankengymnastisch angegangen werden. Habituelle Schulterüberbeweglichkeiten und Instabilitäten sollten mit einem differenzierten Krafttraining für die Schulter-stabilisierende Muskulatur behandelt werden, insbesondere soll dabei Wert auf das Gleichgewicht zwischen Innen- und Aussenrotatoren (M. subscapularis, und M. infraspinatus/M.teres minor) gelegt werden. Als Standardtherapie werden Eis, Querfriktion und Ultraschall angewendet (25, 18, 8). Letztere beiden unterstützen die Kollagenregeneration durch eine Steigerung der Kollagensynthese (32, 14). Bei der Achillessehne konnten positive Effekte durch eine Trainingstherapie mit exzentrischer Belastung nachgewiesen werden (30). Neben der Schmerzreduktion kam es zu einer Reduktion des Schwellungszustandes der Sehne und einem Rückgang der Neovaskularisation (29). Ferner kann eine verbesserte intramuskuläre Koordination über sensomotorische Mechanismen die Lastübertragung verbessern.
Wichtige Pfeiler der konservativen Therapie sind entzündungshemmende Medikamente wie orale nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) und im geringeren Umfang auch subakromiale Cortisoninjektion. Die Wirksamkeit der letzteren wird in Frage gestellt, da Tendinosen auch ohne eine Entzündung einhergehen können, und die Sehnendegeneration im Vordergrund steht. Ferner konnten einzelne hochwertige Studien keine Überlegenheit von Cortison gegenüber Lokalanästhetika zeigen (3, 24, 50). Dem stehen jedoch auch prospektiv randomisierte Studien gegenüber, die eine Wirksamkeit des Kortisons gegenüber Injektionen nur mit Lokalanästhetika belegen (1, 7). Eine Metaanalyse kommt zum Schluss, dass bei einer Tendinitis der Rotatorenmanschette die subakromiale Injektion bis zu 9 Monaten nach Beschwerdebeginn eine effektive Therapie darstellt (4). Kritisch ist bei der Injektion zu sehen, dass beim wenig Geübten nicht sicher gewährleistet werden kann, dass nur der Schleimbeutel getroffen und nicht auch die Sehne infiltriert wird, was unbedingt vermieden werden soll. Dies kann zu Sehnennekrosen führen. Gemäß dem eigenen Konzept injizieren wir nur Cortison, wenn wir von einer akuten Entzündung des subakromialen Schleimbeutels ausgehen.
Subakromiale Dekompression
Beim Impingementsyndrom mit Einengung des subakromialen Raumes durch ein abfallendes oder hakenförmiges Akromion und intakter Rotatorenmanschette kann nach erfolgloser konservativer Therapie von mindestens 6 Monaten und bei entsprechenden Beschwerden die subakromiale Dekompression durchgeführt werden. Dabei erfolgt eine Erweiterung des subakromialen Raumes durch eine Resektion der anterolateralen Akromionecke und gleichzeitiger Bursektomie. Dieser Eingriff wird in der Regel arthroskopisch durchgeführt. Nach kurzer postoperativer Schonung kann bereits frühzeitig eine funktionelle Behandlung erfolgen.
Rotatorenmanschettennaht
Bei symptomatischen Partialrissen von mehr als 50% der Sehnenstärke und kompletten Läsionen der Rotatorenmanschette mit entsprechenden Beschwerden wird die operative Refixation der Sehnen empfohlen. Hierbei ist die Versorgung der Subscapularissehne besonders dringlich, da daraus ein Ungleichgewicht der Rotatoren mit der Gefahr der Dezentrierung des Humeruskopfes resultiert (13). Das Prinzip der Rotatorenmanschettennaht besteht in der spannungsfreien Fixation der Sehne am Ansatz (19).
Von großer Bedeutung ist für den behandelnden Schulterchirurgen, ob ein direkter Verschluss der Rotatorenmanschettenanht erfolgen kann und ob dies sinnvoll ist. Wichtige Kriterien sind hierfür der Grad der Sehnenretraktion, der Grad der Muskelatrophie und -verfettung und der akromiohumerale Abstand (AHA) (19). Die direkte Naht ist nur bei mäßiger Atrophie der betroffenen Muskelbäuche (Verhältnis Supraspinatusmuskel zum Volumen der Fossa supraspinata liegt im MRT zwischen 0,6 und 0,4 (44)), mäßiger Verfettung (intramuskuläres Fett ≤ Volumen des Muskels (15)), mäßiger Retraktion (bis zum Apex des Humeruskopfes (31)) und geringer Spannung nach Reposition des Sehnenrandes an die ursprüngliche Insertion am Tuberculum majus sinnvoll, da ansonsten die Funktion schlecht bleiben wird und die Rerupturrate ansteigt (11, 37). Ein wichtiges radiologische Zeichen zur Beurteilung einer Dezentrierung und Migration des Kopfes nach kranial ist der akromiohumerale Abstand (AHA). Sofern der AHA kleiner als 7 mm ist, sind die Ergebnisse einer RM -Sehnennaht schlechter (45, 48).
Während der Operation wird zunächst überprüft, ob sich der Sehnenrand an die ursprüngliche Insertion reponieren lässt. Falls dies nicht möglich ist, müssen Verklebungen, Faszienverbindungen und Bänder (z.B. das coracohumerale Band) gelöst werden. Dann wird der Sehnenansatz zur Induktion von Blutungen aus dem Knochen angefrischt, da von hier aus die Einheilung beginnt. Dann erfolgt die Fixation der Sehne am knöchernen Ansatz.
Dies kann arthroskopisch, mini-offen (d.h. ohne Ablösung des coracoacromialen Bandes) oder offen, mit Hilfe von Nahtankern oder transossären Nähten durchgeführt werden. Meist wird bei Zeichen eines mechanischen Impingements zusätzlich eine subakromiale Dekompression durchgeführt, um mehr Raum für die Supraspinatussehne zu schaffen. Für die arthroskopische Versorgung spricht die geringere Schmerzhaftigkeit und schnellere Wiedererlangung der Beweglichkeit nach Operation (9). Hinsichtlich des Langzeitergebnisses scheinen beide Methoden gleiche Ergebnisse zu erzielen (46, 47, 49).
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PD Dr. med Philip Kasten
Klinik und Poliklinik für Orthopädie
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Fetscherstr. 74
01307 Dresden
E-Mail: Philip.Kasten@uniklinikum-dresden.de