Sportmedizin
KURZBEITRAG
WADA - VERBOTSLISTE

Verbotsliste 2010 – Konsequenzen für die Behandlung von Leistungssportlern

Prohibited List 2010 – Consequenses for Treatment of Elite Athletes

Medizinische Universitätsklinik Tübingen, Abteilung Sportmedizin

ZUSAMMENFASSUNG

Die erneute Aktualisierung der Verbotsliste zum 01. Januar 2010 durch die World Anti-Doping Agency (WADA) bringt für die ärztliche Behandlung von Leistungssportlern erneut eine Reihe zu beachtender Änderungen.
Wesentliche Änderungen finden sich in der Gruppe S2. Peptidhormone, Wachstumsfaktoren und verwandte Substanzen. Darin wird festgelegt, dass Platelet Rich Plasma nur bei intramuskulärer Gabe verboten ist. Andere Applikationswege bedürfen einer Erklärung zum Gebrauch. In der Gruppe S3. Beta-2-Agonisten ist zukünftig für die Substanzen Salbutamol und Salmeterol bei inhalativer Gabe ebenfalls nur noch eine Erklärung zum Gebrauch notwendig. Für die übrigen Beta-2-Agonisten ist es bei der bisherigen Regelung geblieben. In die Gruppe S6. Stimulantien wurde Pseudoephedrin als verbotene Substanz wieder aufgenommen.
Klarstellend wurde in der Gruppe M1. Erhöhung des Sauerstofftransfers ein Halbsatz eingefügt, dass die Supplementierung von Sauerstoff (Hyperoxie) nicht verboten ist. Darüber hinaus wurde unter M2. Chemische und Physikalische Manipulationen festgeschrieben, dass intravenöse Infusionen mit Ausnahme derer, die im Rahmen einer Krankenhausbehandlung oder bei ärztlich klinischen Untersuchungen verabreicht wurden, verboten sind.

Schlüsselwörter: Doping; World Anti-Doping Code; Verbotsliste 2010; Medizinische Ausnahmegenehmigung; Erklärung zum Gebrauch.

SUMMARY

The on 1st January actualised edition of the Prohibited List of the World AntiDoping Agency (WADA) for the medical treatment of elite athletes contains some notable alterations which require to be respected in the medical treatment of professional athletes.
Remarkable changes were done in the group S2. Peptide Hormones, Growth Factors and Related Substances. Platelet Rich Plasma will furthermore only be prohibited when administered by intramuscular route. Other application routes require a Declaration of Use. In group S 3 the use of Beta-2-Agonists Salbutamol and Salmeterol by inhalative route not further requires a TUE (Therapeutic Use Exemption) but only a Declaration of Use. All other Beta – 2 – agonists need to be declared by TUE. In the group S6. Stimulants Pseudoephedrine will be reintroduced to the 2010 prohibited list.
The 2010 List also clarifies that supplemental oxygen (hyperoxia) is not prohibited. Additionally, in the group M2. Chemical and Physical Manipulation intravenous infusions are prohibited except for those legitimately received in the course of hospital admissions or clinical investigations.

Key Words: Doping; World Anti-Doping Code; The 2010 Prohibited List; Therapeutic Use Exemptions, Declaration of Use.

EINLEITUNG

Am 19. September 2009 hat das Exekutiv-Kommittee der World-Anti-Doping Agency (WADA) die ab dem 01.01.2010 gültige Verbotsliste 2010 verabschiedet. Für die Therapie von Leistungssportlern, die den Anti-Doping Richtlinien der WADA unterliegen, ergeben sich erneut eine Reihe wesentlicher Änderungen, die von Ärzten zu berücksichtigen sind (3).
Strukturell wurde die bestehende Gliederung der Verbotsliste in jederzeit verbotene Substanzen und Methoden, Substanzen und Methoden, die nur in Wettkämpfen verboten sind sowie nur in bestimmten Sportarten verbotene Substanzen beibehalten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Mehrheit der Gruppen und Untergruppen verbotener Substanzen sog. offene Listen darstellen. Dies bedeutet, dass nicht nur die namentlich genannten Substanzen verboten sind, sondern auch Substanzen mit ähnlicher chemischer Struktur oder biologischen Wirkungen.
Das Verfahren der Medizinischen Ausnahmegenehmigungen wurde strukturell zum 01. Januar 2009 grundlegend geändert. Hier ergeben sich für das kommende Jahr aber Änderungen für einzelne Substanzen, für die nun keine Medizinischen Ausnahmegenehmigung mehr notwendig ist, sondern bei bestimmten Applikationsformen nur noch eine Erklärung zum Gebrauch (1).
Inhaltlich wurden in verschiedenen Gruppen einzelne Substanzen hinzugefügt, andererseits aber auch gestrichen. Darüber hinaus finden sich eine Reihe sprachlicher Klarstellungen. Im Folgenden sollen die wesentlichen Änderungen, die sich aus der Neufassung der Verbotsliste 2010 ergeben (2), sowie das Verfahren der Medizinischen Ausnahmegenehmigung und Erklärung zum Gebrauch dargestellt werden.

S1. ANABOLE WIRKSTOFFE

Im Gegensatz zu früher sind für die Fälle, in denen das Verhältnis zwischen Testosteron und Epitestosterom (T/E-Quotient) größer als 4:1 ist und die Stabilisotopen-Massenspektrometrie (IRMS) oder eine andere reliable Analysemethode keinen Hinweis auf eine exogene Gabe einer verbotenen Substanz ergibt, keine weiteren Untersuchungen mehr notwendig.

S2. PEPTIDHORMONE, WACHSTUMSFAKTOREN UND VERWANDTE SUBSTANZEN

Die bisherige Gruppe S2. „Hormone und verwandten Substanzen“ wurde in „Hormone, Wachstumsfaktoren und verwandte Substanzen“ umbenannt. Es werden zudem weitere Wachstumsfaktoren, wie beispielsweise der Vascular-Endothelial-Growth-Factor (VEGF) und die Platelet-derived Preparations namentlich aufgeführt. Hinsichtlich letzterer Untergruppe, zu denen auch Platelet Rich Plasma gehört gilt dies nur für die intramuskuläre Verabreichung. Andere Applikationswege sind zulässig, wenn die Verabreichung unter Verwendung des Formulars „Erklärung zum Gebrauch“ der zuständigen Anti-Doping Organisation mitgeteilt wird.

S3. BETA-2-AGONISTEN

Die Beta-2-Agonisten Salbutamol und Salmeterol dürfen bei inhalativer Applikation nach Mitteilung an die zuständige Anti-Doping Organisation unter Verwendung des Formulars „Erklärung zum Gebrauch“ angewendet werden. Bisher war für die inhalative Verabreichung der Beta-2-Agonisten Formoterol, Salbutamol, Salmeterol und Terbutalin eine Medizinische Ausnahmegenehmigung notwendig. Für Salbutamol dürfen zudem nicht mehr als 1600µg innerhalb von 24 Stunden verabreicht werden. Darüber hinaus hat der Athlet wie bisher schon bei einem Analysebefund von mehr als 1000ng/ml im Urin nachzuweisen, dass dieser Befund auf eine inhalative Gabe zurückzuführen ist.

M1. ERHÖHUNG DES SAUERSTOFFTRANSFERS

Klarstellend wurde ein Halbsatz eingefügt, dass die Sauerstoffsupplementierung (Hyperoxie) nicht verboten ist.

M2. CHEMISCHE UND PHYSIKALISCHE MANIPULATIONEN

Intravenöse Infusionen waren bisher außer bei chirurgischen Verfahren, medizinischen Notfällen oder klinischen Untersuchungen verboten. Dieses Verbot wurden umformuliert mit der Folge, dass intravenöse Infusionen mit Ausnahme derer, die im Rahmen einer Krankenhausbehandlung oder bei ärztlich klinischen Untersuchungen verabreicht wurden, verboten sind.

S6. STIMULANTIEN

Pseudoephedrin wird wieder in die Verbotsliste aufgenommen, nachdem diese Substanz zum 01. Januar 2004 aus der Verbotsliste gestrichen wurde. Verboten sind Pseudoephedrinkonzentrationen von mehr als 150µg/ml im Urin.

MEDIZINISCHE AUSNAHMEGENEHMIGUNGEN

Bereits zum 01. Januar 2009 wurden Regelungen der Medizinischen Ausnahmegenehmigungen grundlegend geändert. Seit diesem Zeitpunkt gibt es nur noch ein Medizinisches Ausnahmegenehmigungsverfahren, welches im Wesentlichen der bisherigen Ausnahmegenehmigung im Standardverfahren entspricht (TUE – Therapeutic Use Exemption). Der nicht-systemische und inhalative Gebrauch von Glukokortikoiden bedarf ebenso wie die inhalative Applikation der Beta-2-Agonisten Salbutamol und Salmeterol nur einer Erklärung zum Gebrauch (1).

Die Medizinische Ausnahmegenehmigung (TUE) findet u.a. Anwendung bei chronischen Erkrankungen, wie der systemischen Gabe von Cortison zur Therapie eines Morbus Crohn oder die Verabreichung von Insulin bei Diabetes Mellitus, aber auch bei der inhalativen Verabreichung von Beta-2-Agonisten Formoterol mit Ausnahme von Salbutamol- und Salmeterolanwendung. Das Antragsformular ist über die Internetseite der NADA unter www.nada-bonn.de als pdf-file kostenfrei downloadbar. Das Formular gibt die notwendigen Dokumentationsschritte vor.
Die Zuständigkeit für die Begutachtung des TUE-Antrags richtet sich nach der Testpoolzugehörigkeit des Sportlers. Zu beachten ist, dass es eine Vielzahl von Ausnahmeregelungen gibt, beispielsweise für Athleten, die jünger als 12 Jahre alt sind und keinem Testpool angehören sowie Athleten über 50 Jahren, die keinem Testpool angehören. In diesen Fällen ist bei nationalen Wettkampfveranstaltungen eine Bescheinigung des behandelnden Arztes ausreichend. Im Zweifel empfiehlt es sich, beim zuständigen nationalen Spitzenfachverband bzw. bei der NADA nachzufragen.
Die Erklärung zum Gebrauch findet Anwendung bei der nichtsystemischen oder inhalativen Gabe von Glukokortikosteroiden sowie der inhalativen Applikation der Beta-2-Agonisten Salbutamol und Salmeterol. Für die Erklärung zum Gebrauch stellt die NADA ebenfalls ein entsprechendes Formular zur Verfügung, welches von der Internetseite der NADA (http://www.nada-bonn.de) als pdf-file kostenfrei heruntergeladen werden kann. Das Formular gibt wiederum die notwendigen Dokumentationsschritte vor. Der Athlet ist verpflichtet, den Gebrauch der Substanz bei Dopingkontrollen auf dem Kontrollformular zu vermerken. In Abhängigkeit von der Testpoolzugehörigkeit ist die Erklärung zum Gebrauch darüber hinaus an den internationalen Fachverband, den nationalen Spitzenfachverband bzw. die NADA zu senden.
Die topische Anwendung am äußeren After, an Augen, Nase und Ohren, an Zahnfleisch und Mundhöhle sowie an der Haut bedürfen wie bereits bisher weder einer Medizinischen Ausnahmegenehmigung, noch einer Erklärung zum Gebrauch und müssen lediglich bei Dopingkontrollen auf dem Kontrollformular angegeben werden.

LITERATUR

  1. Nationale Anti-Doping Agentur (NADA) Standard für Medizinische Ausnahmegenehmigungen. Bonn, 2009.
    www.nada-bonn.de
  2. World Anti-Doping Agency (WADA) Q&A 2010 Prohibited List. Montreal, 2009.
    www.wada-ama.org
  3. World Anti-Doping Agency (WADA) The 2010 Prohibited List International Standard. Montreal, 2009.
    www.wada-ama.org
  4. World Anti-Doping Agency (WADA) World Anti-Doping Code 2009. Montreal, 2008.
    www.wada-ama.org
Korrespondenzadresse:
Priv.-Doz. Dr. med. habil. Dr. iur. Heiko Striegel
Medizinische Universitätsklinik Tübingen
Abteilung Sportmedizin
SpOrt Medizin Stuttgart
Fritz-Walter-Weg 19
70372 Stuttgart
E-Mail: heiko.striegel@med.uni-tuebingen.de