Schwangerschaft und Sport
Pregnancy and Sports
ZUSAMMENFASSUNG
Sport während einer Schwangerschaft auszuüben, führt häufig zur Verunsicherung und zu den Fragen: Wie viel und welchen Sport soll eine Schwangere ausüben? Während der Schwangerschaft führen erhebliche physiologische Veränderungen in der Hämodynamik, im Respirationstrakt, im muskuloskelettalen System, im Glukose-Stoffwechsel und im weiteren Endokrinium sowie in der Psyche zu tief greifenden Veränderungen, die sich mannigfaltig auf die Fitness und die sportliche Leistungsfähigkeit auswirken. Unter Berücksichtigung allgemeiner Trainingshinweise, Vorsichtsmaßnahmen und Kontraindikationen ist ein moderates Training zum Erhalt physischer und psychischer Fitness wünschenswert. Viele Sportarten (Joggen, Nordic Walking, Schwimmen, Radfahren u. a.) können in der Schwangerschaft ohne Risiko betrieben werden und fördern dabei die Gesundheit der werdenden Mutter und des Kindes. Dabei ist auf das steigende mütterliche Gewicht, den sich ständig ändernden Körperschwerpunkt und die instabiler werdenden Bandverbindungen zu achten. Die Verletzungsgefahren bestehen in fortgeschrittener Schwangerschaft in einer direkten Traumatisierung des Feten. Für die Schwangere bedeutet eine ernsthafte Verletzung mit einer risikobehafteten Diagnostik und Therapie zusätzliche Gefahren. Sportarten, die besser in einer Schwangerschaft unterbleiben sollten sind Kontaktsportarten, Sportarten mit hohem Verletzungsrisiko und Sport in der Höhe über 2000 m. Bei vorhandenen Risiken ist eine individuelle Sportempfehlung auszusprechen.
Durch regelmäßige körperliche Aktivität wird ein gesünderer Lebensstil gepflegt, der Diabetes, Adipositas, Hypertonie und thromboembolische Erkrankungen und deren Folgen vorbeugt.
Schlüsselwörter: Schwangere, Fitness, physiologische Veränderungen, psychologische Veränderungen, Empfehlungen
SUMMARY
Being physically active during pregnancy often leads to uncertainty and questions How much and which kind of sports is possible? Changes in fitness and physical performance in pregnant women arise due to a lot of physiological changes in haemodynamics, in the respiratoty system, in the muculoskeltal system, in glucose metabolism, in endocrinological feedback and also in the psyche.. Considering common recommendations for training, careful measures and contraindications, moderate training is desirable to maintain physical and emotional fitness. Many kinds of sports like jogging, nordic walking, swimming and cycling e.g. can be carried on during pregnancy without risk and promote the health of both mother and child. Thereby the mother’s increasing weight and the resultant instability of ligament’s conjunctions must be kept carefully in mind to create a moderate aerobic workload. The danger of injuries is present in later pregnancy and may lead to fetal trauma. For the pregnant woman, a serious injury includes the risk of diagnostic and therapy. Sports better not carried out during pregnancy are sports with contact, with high risk of injuries and sports at altitudes above 2000 m. In case of gynaecological risk of assistance at a birth an individual sport’s recommendation must be given.
Regular physical activity means regular attention paid to a healthy lifestyle. This prevents diabetes, obesity, hypertension and thromboembolic diseases and their consequences.
Key words: pregrant woman, fitness, physiological changes, psychological changes, recommandations
EINLEITUNG
Lange Zeit war man der Ansicht, dass sportliche Betätigung in der Schwangerschaft für die Schwangere und deren Ungeborenes negative Auswirkungen habe. In den letzten Jahrzehnten hat sich diese Ansicht deutlich geändert (6, 13, 27).
Frauen, die vor der Schwangerschaft regelmäßig Sport betreiben, möchten ihre körperliche Fitness und ihr sportlich geprägtes Lebensgefühl während der Schwangerschaft nicht einbüßen. Aber auch bisher sportlich inaktive Frauen entwickeln häufig in der Schwangerschaft ein ausgeprägtes Gesundheitsbewusstsein mit dem Wunsch, sich gesund zu ernähren und sportlich zu betätigen. Speziell Leistungssportlerinnen wollen ihr Training fortführen, um die sportliche und berufliche Karriere auch nach der Schwangerschaft fortsetzen zu können. Für alle Frauen stellt sich die Frage, welche Sportarten oder Disziplinen mit welcher Intensität und Häufigkeit betrieben werden können, ohne sich selbst sowie die Entwicklung des Kindes zu gefährden. Die Medizin muss alle denkbaren Anstrengungen unternehmen, so viel Schwangere wie möglich zum Sport zu bringen und damit zu einer wichtigen Verbesserung ihrer medizinischen Risiken beizutragen.
PHYSIOLOGISCHE VERÄNDERUNGEN IN DERSCHWANGERSCHAFT
In der Schwangerschaft kommt es im mütterlichen Organismus zu Anpassungsreaktionen, die die körperliche Leistungsfähigkeit beeinflussen. Neben der Gewichtszunahme sind folgende Veränderungen zu nennen:
Kardiovaskuläre und respiratorische Veränderungen
Bereits in der Frühschwangerschaft führt eine hormonell bedingte Tonusabnahme der glatten Muskulatur zur Dilatation der Arteriolen und venösen Gefäße (25). Dadurch kommt es zu einer relativen Abnahme des zirkulierenden Blutvolumens, welche das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System aktiviert. Natrium- und Wasser-Rückresorption steigen an, und als Folge davon nimmt das Plasmavolumen zu. Diese Volumenzunahme bewirkt eine Veränderung von Herzschlagvolumen, Herzfrequenz und damit Herzzeitvolumen. Der erhöhte Ruhe-Sauerstoffbedarf wird durch eine vermehrte alveoläre Ventilation bereitgestellt. Das Atemminutenvolumen steigt um bis zu 50% an (2, 4). Die Anpassungsvorgänge sind mit einem Ausdauertraining vergleichbar (3, 6, 8).
Der mittlere, arterielle Blutdruck sinkt um 5- 10 mmHg bis zur Mitte des 2. Trimenons. Dieser Effekt wird durch die Abnahme des Gefäßwiderstandes bedingt. Zusätzlich entsteht eine vermehrte, uterine Durchblutung und Vaskularisierung im Bereich von Uterus und Plazenta. Durch die Zunahme des Plasmavolumens kommt es reaktiv zu einer Vermehrung der Erythrozyten. Diese Erhöhung der Erythrozytenmenge bleibt dabei hinter der des Plasmavolumens zurück und folglich sinkt der Hämatokrit. Hierdurch wird die Rheologie verbessert (14).
Die Ausbildung von Varizen im Bereich der Beine, Vulva, Vagina und rektalem Venenplexus und Ödemem in den Beinen werden, vor allem bei entsprechender Disposition, durch die Schwangerschaft begünstigt. Als auslösende Faktoren sind zu nennen: Vasodilatation, erhöhter intraabdomineller Druck und erschwerter Rückfluss durch die Kompression der Gefäße im Beckenbereich.
Die Koagulolabilität des Plasmas ist in der Schwangerschaft erheblich gesteigert. Im Wesentlichen kommt es durch die Erhöhung der Östrogene zu Veränderungen des prokoagulatorischen Potentials, von Gerinnungsinhibitoren, des fibrinolytischen System und von Thrombozyten. Dadurch erhöht sich das Risiko für Thrombosen, Thrombophlebitiden und für Lungenembolien. Das Risiko für eine Thrombose in der Schwangerschaft liegt bei 1%, die häufigste Todesursache in der Schwangerschaft ist die Lungenembolie (15).
Anpassungen des Glukose-Stoffwechsels
Hormonelle Veränderungen während der Schwangerschaft (Östrogene, Prolactin, HPL, Cortisol, Progesteron) führen zunehmend zu einer erhöhten Insulinresistenz und bewirken damit sekundär eine vermehrte Insulinausschüttung. Diese diabetogene Stoffwechsellage sowie die Zunahme des Körpergewichtes können zu der Entwicklung eines Gestationsdiabetes (GDM) führen. Die Inzidenz des GDM liegt in Deutschland bei 5%- 10% (21, 22, 24). Der fetale Blutzuckerspiegel hängt direkt vom mütterlichen Glukosespiegel ab und das Kind ist diesem ausgesetzt.
Muskuloskelettale Veränderungen
Das Körpergewicht steigt in einer Schwangerschaft um 15 bis 25 Prozent an und erhöht die Kräfte, die auf die Gelenke wirken. Am Bewegungsapparat kommt es unter dem Einfluss von Relaxin und Östrogenen zu einer leichteren Überstreckbarkeit von Sehnen und Bändern (4, 10). Damit ist in den Endstellungen der Gelenke die Verletzungsgefahr durch ungünstigere Hebelverhältnisse und durch zusätzliches Gewicht erhöht. Die Auflockerung der Bandverbindungen führt am Becken zu einer Erweiterung des Beckenrings, damit das Kind den Geburtskanal besser passieren kann.
Durch den vergrößerten Uterus und die Volumenzunahme der Brüste resultiert eine Verlagerung des Körperschwerpunktes nach vorne, welche mit einer Kippung des Beckens und einer verstärkten Lordosierung lumbal einhergeht. Das Auftreten von Rückenschmerzen wird begünstigt. Mit zunehmender Bauchentwicklung vermindert sich bei der Schwangeren die Gangkontrolle, sie kann beim Gehen und Laufen das Aufsetzen der Füße optisch nicht mehr kontrollieren: Der Gang wird unsicher, die Sturzgefahr nimmt deutlich zu (26, 27).
Psychische Faktoren
In der Schwangerschaft kommt es zu hormonellen und körperlichen Veränderungen, die auch die Psyche beeinflussen. Die anfängliche Übelkeit, deutliche Müdigkeit und Antriebsminderung verschwinden oder verbessern sich deutlich nach den ersten 12 Wochen. Veränderungen der Stimmungslage bis hin zur Depression, plötzliche Stimmungsschwankungen und Schlafstörungen werden nur selten beschrieben. Am Ende der Schwangerschaft stört der große Bauchumfang den Schlaf.
AUSWIRKUNGEN UND MÖGLICHE GEFAHREN VON SPORTLICHER BETÄTIGUNG AUF DEN ORGANISMUS DER SCHWANGEREN
Durch Fortführung einer sportlichen Tätigkeit in der Schwangerschaft kann bei bisher sportlich aktiven Frauen die Fitness erhalten und bei bis dato sportlich inaktiven Frauen eine Grundfitness erreicht werden. Hieraus ergeben sich Vorteile für Schwangerschaftsverlauf, Geburt und post partum.
Durch Sport wird die körperliche Leistungsfähigkeit während und nach der Schwangerschaft erhöht. Dies erleichtert die Entbindung und das Wochenbett. Darüber hinaus wird einer übermäßigen Gewichtszunahme in der Schwangerschaft entgegengewirkt und nach der Schwangerschaft wird das frühere Gewicht häufiger wieder erreicht (9). Das Problem einer Inkontinenz tritt bei Frauen, die in der Schwangerschaft sportlich aktiv waren, später seltener auf (6, 7).Unterstützend kommt hinzu, dass generell kein kausaler Zusammenhang zwischen sportlicher Betätigung während der Schwangerschaft und erhöhten Fehlbildungsraten aufgezeigt wurde (1, 14, 18).
Als potentielles Risiko für das Kind wird eine erhöhte Körpertemperatur, wie sie z. B. bei sportlicher Betätigung auftritt, diskutiert. Ausgangspunkt waren die in Tierstudien nachgewiesenen Fehlbildungen bei erhöhter, fetaler Körpertemperatur im 1. Trimenon, die insbesondere zu Neuralrohrdefekten führten (14), die ebenso auftraten bei hohem Fieber über mehrere Tage in der Frühschwangerschaft. Bei längerem, intensivem Ausdauertraining kommt es, besonders bei hohen Außentemperaturen, zu einem deutlichen Anstieg der Körperkerntemperatur bis auf 41°C. Erhöhte mütterliche und fetale Temperaturen können zu nachteiligen Auswirkungen führen. Es kommt zu einer Blutumverteilung zu Gunsten der Haut auf Kosten der Uterusdurchblutung. Dies kann dann im späteren Schwangerschaftsverlauf bei Erhöhung der Körperkerntemperatur zur Minderversorgung des Feten mit Blut und zu vorzeitigen Wehen führen.
Tatsächlich zeigte sich in verschiedenen Studien, dass ein moderates Training in Abhängigkeit von Gestationsalter, mütterlicher Fitness und betriebener Sportart bei unauffälligem Schwangerschaftsverlauf und ohne Risikofaktoren keinen Einfluss auf die fetale Mortalität und Morbidität hat (4, 14, 16, 23).
Bei Saunagängen bis zu 10 Minuten steigt die axilläre Temperatur im Mittel von 36,4 auf 37,7 °C an. Saunieren bis 10 Minuten ist deshalb vertretbar.
Die Risiken einer sportlichen Betätigung in der Schwangerschaft für das Kind liegen in erster Linie in der Verletzungsgefahr. Im ersten Trimenon ist das Kind hinter der Symphyse gut geschützt und die Gefahr einer direkten Verletzung ist als gering einzustufen. Auch scheint das Abortrisiko durch moderate sportliche Betätigung nicht erhöht zu sein (6). Bei vorausgegangenen Fehlgeburten, bei Blutungen in der Frühschwangerschaft, bei Zwillingsschwangerschaften oder nach Sterilitätstherapie sollte erst nach ärztlicher Rückversicherung Sport betrieben werden. Im 2. und 3. Trimenon können stumpfe Traumata den Fetus direkt bedrohen. Vorzeitige Wehen oder Plazentalösung können die Folge sein. Das Risiko eines vorzeitigen Blasensprungs scheint durch eine sportliche Betätigung nicht erhöht zu sein (11, 14).
Hämodynamik
Das physiologisch in der Schwangerschaft vergrößerte Plasmavolumen und das Herzzeitvolumen werden durch regelmäßiges, moderates, aerobes Ausdauertraining zusätzlich erhöht. Nur unter diesen Trainingsbedingungen wird eine suffiziente Blutversorgung des Fetus während der Belastung sichergestellt (4, 6, 7). Bei intensiveren, körperlichen Belastungen kommt es zu einer Blutumverteilung mit einem bis zu 20fachen Anstieg der arbeitenden Muskulatur auf Kosten einer beträchtlichen Reduktion der Eingeweide- und Nierendurchblutung, wahrscheinlich auch des Uterus (23). Bei mütterlicher, erschöpfender Belastung mit Herzfrequenzanstiegen bis zu 210 Schlägen/min kam es bei 3 von 19 Feten zu einer ausgeprägten Bradykardie als Zeichen einer passageren Plazentainsuffizienz (4). In einer prospektiven Studie zur Beurteilung längerfristiger Auswirkungen von intensivem Sport in der Schwangerschaft konnten Clapp et al. nachweisen, dass höhere Belastungen ohne deutliche Reduktion der Leistungsumfänge eine erhöhte Frühgeburtlichkeit mit sich bringen und eine für die Tragzeit deutliche Retardierung entsteht (7, 25).
Als Kompensationsmechanismus der Blutumverteilung zugunsten der Skelettmuskulatur bei sportlicher Belastung wird die Durchblutung der Plazenta weniger eingeschränkt als die des Myometriums. Darüber hinaus werden die arteriovenöse Sauerstoffdifferenz und die Substrataufnahme in die Plazenta erhöht (10).
Durch regelmäßige sportliche Aktivität sinkt das Risiko für die Entstehung von Thrombosen und Krampfadern.
Glukose-Stoffwechsel
Die Prävalenz für einen Gestationsdiabetes (GDM) ist bei inaktiven und übergewichtigen Frauen erhöht. Etwa 40% der Frauen, die in der Schwangerschaft einen GDM entwickeln, erkranken innerhalb von 4 Jahren nach einer Schwangerschaft an einem Diabetes mellitus Typ 2 (3). Bei GDM werden die Kinder übergewichtig, sind aber für die Tragzeit und besonders im Bezug auf ihr Gewicht unreifer. Im späteren Leben erkranken Kinder von Müttern mit GDM bis zu 10-mal häufiger selbst an Diabetes mellitus Typ 2. Darüber hinaus ist die perinatale Morbidität und Mortalität und das Risiko geburtshilflicher Komplikationen deutlich erhöht (12, 14, 20).
Der physiologisch erhöhten Insulinresistenz kann durch Training – insbesondere großer Muskelgruppen – bei einer moderater Trainingsintensität und -dauer entgegengewirkt werden. Die zelluläre Glukoseaufnahme wird verbessert und die Empfindlichkeit des mütterlichen Organismus auf Insulin erhöht (3, 5).
Muskuloskelettales System
Durch die physiologische Auflockerung von Sehnen, Bändern und Gelenken und die schwangerschaftsbedingt höheren Kräfte, die auf die Gelenke wirken, steigt das Risiko für Distorsionen oder andere Verletzungen. Dazu gibt es in der Literatur jedoch unterschiedliche Angaben (4, 6). Das gegebene Verletzungsrisiko soll die Schwangere, aber auch den betreuende Arzt und Trainer nicht davon abhalten, zum geeigneten Sport in der Schwangerschaft zu raten, denn die Vorteile überwiegen bei weitem die aufgezeigten Risiken. Ein ständiges Training in der Schwangerschaft erhöht die Bewegungssicherheit und schult die Koordination der sich ständig ändernden Hebelverhältnisse auf Grund der Brust- und Bauchentwicklung nach vorne. Darüber hinaus lassen sich Haltungsschäden und Rückenprobleme vermindern.
Das Risiko einer Verletzung durch spontane, unüberlegte und nicht bewusst kontrollierte Bewegungen sollte minimiert werden. Bei Verdacht auf eine Band- oder Sehnenruptur oder eine Knochenfraktur kann der behandelnde Arzt nicht in gleicher Weise diagnostizieren und therapieren. Röntgenuntersuchungen, Computer- und Kernspintomographie, der Einsatz von Medikamenten und Operationen mit Narkose bergen für die Schwangerschaft Risiken. Eine nachfolgende Ruhigstellung und Schonung bei in der Schwangerschaft bereits 3- bis 4fach erhöhtem Thromboserisiko führen zu zusätzlichen Gefahren für Mutter und Feten.
Psyche
Neben den körperlichen Auswirkungen bewirkt eine regelmäßige, sportliche Betätigung auch Anpassungen auf psychischer Ebene. Die Veränderungen in der Schwangerschaft werden von sportlich aktiven Frauen besser kompensiert. Plötzliche Stimmungsschwankungen treten seltener auf, das Körpergefühl ist verbessert und das allgemeine Wohlbefinden erhöht. Auch sind postpartale Depressionen seltener und die Mutter-Kind-Beziehung ist entspannter (4, 6, 10, 14).
EMPFEHLUNGEN ZUM TRAINING IN DER SCHWANGERSCHAFT
Die körperlichen Belastungen müssen den o. g. physiologischen Veränderungen in einer Schwangerschaft Rechnung tragen. Die bisherigen, sportlichen Aktivitäten können bei Eintritt einer Schwangerschaft beibehalten werden, sollten aber im 2. und 3. Trimenon langsam reduziert werden. Eine leistungsorientierte Sportausübung oder Wettkämpfe sind nicht zu empfehlen.
Voraussetzung für ein regelmäßiges Training ist eine unkomplizierte Schwangerschaft. Bei Komplikationen muss die sportliche Betätigung abgebrochen und der Frauenarzt konsultiert werden.
Grundsätzlich sollte eine Schwangerschaft nicht die Lebensphase sein, um die sportliche Leistungsfähigkeit zu verbessern. Unter Beachtung der oben aufgeführten allgemeinen Trainingshinweise, Vorsichtsmaßnahmen und Kontraindikationen ist ein körperliches Training zum Erhalt der Fitness angezeigt.
Frauen, die bis zur Schwangerschaft sportlich aktiv waren, kann geraten werden, ihr Training entsprechend den oben genannten Einschränkungen fortzuführen.
Bei sportlich bisher nicht aktiven Frauen sollte die Trainingsdauer und -häufigkeit langsam auf 3- 4 x 30 min/Woche gesteigert werden.
Bei Leistungssportlerinnen kann ein der Schwangerschaft angepasstes Basisausdauertraining durchgeführt werden. Es zeigt sich, dass hierdurch die Ausdauerleistungsfähigkeit nur geringfügig abnimmt und nach dem Wochenbett schnell wieder erreicht wird (12, 25). Von einem Maximalkrafttraining sollte abgesehen werden, da durch einen erhöhten, abdominalen Druck die uterine Perfusion möglicherweise reduziert wird. Das potentiell erhöhte Verletzungsrisiko durch die Veränderungen im muskuloskelettalen System scheint bei Athletinnen im Vergleich zur Nichtsportlerin vermindert zu sein. Ursache hierfür sind die trainingsbedingt verbesserte Koordination und erhöhte Muskelkraft.
Bei Frauen mit Gestationsdiabetes (GDM) oder Risikofaktoren hierfür ist eine sportliche Betätigung in Kombination mit diätetischen Maßnahmen unter Überwachung sinnvoll.
Allgemeine Hinweise für ein moderates Training
- Neben einem aeroben Ausdauertraining (2-3x 30 min/Woche im Bereich der Aeroben Schwelle (AS) sind Kräftigungsübungen notwendig.
- Kräftigungsübungen (2-3x30 min/Woche) sollten für alle großen Muskelgruppen (6-8 Übungen) durchgeführt werden. Dabei sind die Widerstände gering und die Wiederholungszahlen hoch zu halten (2-3x 20 Wdh.; 45-60% MVC). Darüber hinaus ist auf eine richtige Atemtechnik zu achten.
- Die Trainingsdauer sollte nach den Richtlinien des American College of Obstetrics and Gynecology (1) ca. 30 min betragen und an den meisten Tagen der Woche erfolgen. Nach Artal (4) kann das Training bei trainierten Schwangeren auch bis zu 60 min dauern.
- Die Trainingsintensität sollte im aeroben Bereich liegen. Als eine einfache Methode, um eine Überanstrengung zu vermeiden, gilt der sog. „Talk Test“, bei dem eine normale Unterhaltung während der Belastung möglich ist. Alternativ kann man sich auch nach der Borg Skala richten, bei der das Belastungsempfinden zwischen 12 und14 liegen sollte.
- Eine ausreichende Kohlenhydrat- und Flüssigkeitszufuhr, vorwiegend bei Ausdauerbelastungen, ist wichtig, um die Versorgung von Mutter und Fet sicherzustellen und das Thromboserisiko zu senken.
- Extreme Beschleunigungen oder extremes Abbremsen des Körpers sind zu vermeiden. Durch schnelle Rotation um die Körperlängsachse in wechselnden Richtungen dreht sich das Kind mit. Da das Kind im Fruchtwasser wie ein Drehkreisel durch seine träge Masse sich jedoch nur verzögert mitdreht und dann verzögert wieder abgebremst wird, drohen dadurch Nabelschnurumschlingungen. Wie schnell diese entstehen können, ist mit letzter Sicherheit wissenschaftlich nicht untersuchbar.
- Übungen mit einer deutlichen Erhöhung des intraabdominalen Druckes sind zu vermeiden.
- Ab der 28.-30. Woche sollte zur Vermeidung eines V. cava Kompressionssyndroms Sport in Rückenlage nicht erfolgen.
Kontraindikationen für ein Training in der Schwangerschaft
Bestehen medizinische Risikofaktoren wie hämodynamisch wirksame Herzerkrankungen, restriktive Lungenerkrankungen mit Thoraxschmerzen oder Atemnot, frisch durchgemachte Infektionen, Bluthochdruck, Z. n. Sterilitätstherapie, Uterusfehlbildungen, Fehl- oder Frühgeburten bei einer vorherigen Gravidität, Mehrlingsschwangerschaft mit erhöhtem Risiko für vorzeitige Wehen und Mangelversorgung, bekannte Retardierung, verminderte Kindsbewegungen, Unwohlsein, Kopfschmerzen, Anschwellen der Extremitäten, Präeklampsie, Zervixinsuffizienz, Plazenta praevia, persistierende Blutungen oder Scheideninfektionen mit einem erhöhten Risiko für einen Blasensprung, so ist von einem Training abzusehen und eine eingehende fachärztliche Beurteilung notwendig.
Sportarten mit günstiger Auswirkung für Mutter und Kind
- Wandern, Walking, Jogging, Nordic Walking, Skilanglauf, Gymnastik
- sportliche Aktivitäten auf max. 1400 bis 2000 m Höhe (4)
- Radfahren in der Ebene – hier trägt das Rad das Gewicht und entlastet die Wirbelsäule
- Schwimmen eignet sich besonders bei Schwangeren, die zu Ödemen neigen. Durch den hydrostatischen Druck im Wasser erfolgt eine Umverteilung von Flüssigkeit aus dem extravasalen Raum und den oberflächlichen Venen in die großen, venösen Gefäße und damit zu einer Erhöhung des intravasalen Volumens. Dadurch werden die Nieren besser durchblutet und die Diurese erhöht. Ödeme werden ausgeschwemmt. Entgegen weitläufiger Meinungen ist das Risiko für Vaginal- oder Amnioninfektionen durch Schwimmen nicht erhöht. Darüber hinaus stellt Schwimmen eine gelenkschonende Belastungsform dar. Die Wassertemperatur sollte nicht unter 20°C und nicht über 33°C liegen, um zusätzliche Kreislaufreaktionen zu vermeiden.
- Moderates, dynamisches Krafttraining an Geräten oder mit freien Gewichten unter Beanspruchung verschiedener Muskelgruppen kräftigt allgemein und verbessert die Beweglichkeit. Durch entsprechende Übungen zur Kräftigung der Rückenmuskulatur können Rückenschmerzen in und nach der Schwangerschaft vermieden werden. Auf eine richtige Atemtechnik zur Vermeidung eines Valsalva-Manövers ist zu achten.
Sportarten mit deutlichen Risiken bei entsprechender Ausübungsintensität
- Laufen, Rudern, Geräteturnen, Tennis, Squash, Badminton, Tischtennis, Segeln, Golf, Hochsprung, Weitsprung, Kugelstoßen, Diskuswerfen, Hammerwerfen, Inline-skating
Bei den aufgeführten Sportarten besteht ein erhöhtes Verletzungsrisiko und bei hoher Belastungsintensität eine deutliche Gefahr für die fetale Mangelversorgung sowie für eine Nabelschnurumschlingung.
Nicht zu empfehlende Sportarten
- Sportarten mit erhöhtem Sturz- und Verletzungsrisiko (Reiten, Klettern, alpines Skifahren, Mountainbiking, Eiskunstlauf, Geräteturnen, Wasserski, Surfen, Fallschirmspringen, Gleitschirmfliegen, Bungee-Jumping usw.)
- Mannschafts-, Kontakt- und Kampfsportarten (Ballsportarten, Fechten, Judo, Karate, Boxen usw.)
- Flaschentauchen (Gefahr von Spontanaborten, teratogene Effekte im 1. Trimenon, erhöhtes Frühgeburtrisiko, Wachstumsretardierung und Dekompressionskrankheit mit dem Risiko der verschlechterten, plazentaren Durchblutung)
- körperliche Anstrengungen über 2000m Höhe, Marathonlauf, Triathlon
- Bodybuilding, Gewichtheben, Kraftsport
Bei diesen Sportarten ist das Verletzungsrisiko für Mutter und Kind und die Belastungsintensität so hoch oder die Sauerstoffversorgung für das Kind ungewiss, so dass diese Sportarten sich für Schwangere nicht eignen.
Geburt und Wochenbett
Entgegen früherer Auffassungen verläuft die Entbindung einer Sportlerin nicht erschwert. Zwar kann die Eröffnungsphase bei der Geburt bei einer Leistungssportlerin verlängert, jedoch die Austreibungsphase sowie die Gesamtgeburtsdauer verkürzt sein. Die Sportlerin hat es durch ihren Sport gelernt, ihren Körper besser einzuschätzen und mit Schmerzen entspannter umgehen zu können. Dies wirkt sich trotz muskulär besser ausgebildetem Körper entscheidend auf die Geburtsdauer aus (1).
Der Wochenbettsverlauf ist wegen der positiven Auswirkungen der körperlichen Fitness bei Sportlerinnen eher unkompliziert.
Ein systematischer Trainingsaufbau kann vier Wochen nach der Entbindung bei unauffälligem Wochenbettsverlauf beginnen. Dabei muss auf ein langsames, konsequentes Wiederaufbautraining des Sehnen-, Band- und Muskelapparates neben der Wiederherstellung der kardiopulmonalen Leistungsfähigkeit besonderen Wert gelegt werden. Das größte Augenmerk ist auf die erneute Festigung des Beckenbodens und die Verminderung der Rektus- diastase zu legen. Gezieltes Beckenbodentraining sollte als erstes begonnen und bis zu 6 Monaten fortgesetzt werden.
Bei Sportarten mit hohen Belastungen von Sehnen, Bändern und der Muskulatur ist wegen der Verletzungsanfälligkeit frühestens nach 12 Wochen wieder ein volles Training zu empfehlen (27).
Wenn eine stillende Mutter wieder intensiven Sport treibt, muss sie ihre Trinkmenge nochmals deutlich steigern, um den zusätzlichen Flüssigkeitsverlust durch Schwitzen zu ersetzen. Anderenfalls geht die Milchbildung zurück. Bei erschöpfender, körperlicher Belastung droht auch die Milchqualität sich zu ändern. Die mütterliche Laktatazidose führt zu einem säuerlichen Milchgeschmack. Deshalb sollte eine stillende Mutter auf anaerobe Belastungen verzichten.
Angaben zu finanziellen Interessen und Beziehungen, wie Patente, Honorare oder Unterstützung durch Firmen: Keine.
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Priv. Doz. Dr. med. Ulrike Korsten-Reck
Abteilung Rehabilitative und Präventive Sportmedizin
Medizinische Universität
Hugstetterstr. 55
79106 Freiburg
E-Mail: Ulrike. Korsten-Reck@uniklinik-freiburg.de