Hepatitis und Sport
ZUSAMMENFASSUNG
Sowohl bei akuter wie auch bei chronischer Entzündung der Leber ist körperliche Aktivität in entsprechendem Ausmaß nicht schädlich und kann die Rehabilitation positiv beeinflussen. Dennoch existieren Einschränkungen, die je nach Ausmaß und Stadium der Erkrankung eine Berücksichtigung erfahren müssen. Neben dem individuellen Krankheitsverlauf sind auch potentielle Infektionsrisiken für das Umfeld zu beachten, und ggf. Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, wie besondere Hygieneschutzmaßnahmen oder Schutzimpfungen.
SUMMARY
In acute as well chronic hepatitis moderate exercise is not harmful and may enhance rehabilitation. However, according to severity of the underlying disease or grade of liver damage some restrictions have to be regarded. In addition to the individual disease potential risks for the environment may exist demanding further precautions, i.e. a careful attitude with respect to hygiene or immunizations.
EINLEITUNG
Die akute Hepatitis ist in der Regel durch eines der fünf Hepatitisviren bedingt (HAV, HBV, HCV, HDV, HEV). Der klinische Verlauf reicht von asymptomatischer Infektion bis zur fulminanten, evtl. gar fatalen Hepatitis. Infektionen durch HBV, HCV oder HDV können einen chronischen Verlauf mit Entwicklung einer chronischen Hepatitis annehmen mit dem Endstadium der Leberzirrhose und auch eines hepatozellulären Karzinoms (HCC). Die Empfehlungen bezüglich der individuellen sportlichen Belastung sind dabei unabhängig von der Ursache der Erkrankung.
DIAGNOSTIK
Ausgehend von einer gründlichen Anamnese, die auch Reisen, Essverhalten, erhaltene Impfungen, mögliche Supplementierungen und sexuelle Aspekte mit einschließt, lassen sich die möglichen Ursachen bereits deutlich eingrenzen. Eine spezifische Labordiagnostik identifiziert dann das infektiöse Agens. Im Falle einer metabolischen Lebererkrankung müssen weitere diagnostische Schritte, ggf. auch eine Leberbiopsie, eingeleitet werden. (s. Tab. 1). Zur Diagnose einer chronischen Hepatitis müssen erhöhte Leberwerte über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten dokumentiert sein. Hier ist im Falle einer viralen Hepatitis die Bestimmung der Viruslast und des Genotyps wichtig, um die individuellen therapeutischen Optionen festlegen zu können.
KÖRPERLICHE AKTIVITÄT
Körperliche Aktivität bei akuter Hepatitis
Die Einhaltung einer strengen Bettruhe, wie sie vor einigen Jahren zur Verbesserung der hepatischen Perfusion empfohlen wurde, ist nicht mehr Leitlinien konform. Freizeitsport ist möglich, sofern erschöpfende Belastungen vermieden werden. Tägliche moderate Trainingseinheiten (2 Einheiten, bei ca. 70% VO2max) hatten keinen Einfluss auf den Verlauf, körperliche Aktivität kann vielmehr den Rehabilitationsverlauf deutlich verkürzen (1). Intensivere Belastungen sind wieder erlaubt, sobald das Serum-Bilirubin unter 1,5 mg/dl gefallen ist, da dann keine Komplikationen oder Verschlechterungen des Krankheitsverlaufes zu erwarten sind (2).
Körperliche Aktivität bei chronischer Hepatitis
Patienten mit leichteren Formen der Erkrankung tolerieren körperliche Aktivität sehr gut. Bezüglich einer fortgeschrittenen Erkrankung existieren keine kontrollierten Studien, die spezielle Trainingsempfehlungen zulassen. Ein moderates Training wird jedoch ebenfalls gut toleriert und führt zu Verbesserungen der VO2max und Leistungsfähigkeit.
Körperliche Aktivität bei Leberzirrhose
Bei Vorliegen einer Leberzirrhose sind Empfehlungen zur körperlichen Aktivität mit großer Sorgfalt auszusprechen. Zum Erhalt der Muskelmasse und der koordinativen Fähigkeiten ist ein körperliches Training wünschenswert. Allerdings muss die eingeschränkte funktionelle Kapazität des Organs berücksichtigt werden. Die Glykogenese kann bis zu 80% reduziert sein, und eine entsprechende Steigerung bei bzw. nach körperlicher Belastung kann nicht erfolgen. Oftmals sind die Patienten bereits mangelernährt und können das kalorische Defizit nicht entsprechend ausgleichen. Eine kardiovaskuläre Dysfunktion führt zu einer erhöhten Ruheherzfrequenz und einer eingeschränkten Regulation bei Belastung. Im Falle einer portalen Hypertension ist besondere Vorsicht geboten. Bereits eine moderate Belastung (30% VO2max) kann zu einer signifikanten Steigerung des hepatovenösen Druckgradienten führen, mit deutlicher Zunahme des Blutungsrisikos bei Vorliegen ösophagogastraler Varizen. Ebenso kann bei Vorliegen von Aszites bereits durch moderate körperliche Aktivität die ohnehin eingeschränkte Nierenfunktion durch neurohumorale Stimulation weiter verschlechtert werden. Durch die metabolische Belastung bei eingeschränkter hepatozellulärer Funktion kann darüber hinaus eine Enzephalopathie auftreten oder verschlechtert werden.
Transmission einer viralen Hepatitis durch Sport
Die Übertragung eines enterischen Pathogens wie HAV oder HEV hängt zum einen von der individuellen Hygiene des Infizierten ab, zum anderen auch vom Hygienestandard des besuchten Landes. Meist beruht die Übertragung von HAV auf mangelnder eigener Hygiene oder Nichtbeachtung entsprechender Hygieneempfehlungen. In der Mehrzahl erfolgt die Übertragung von Mensch zu Mensch, wobei die betroffene Person meist asymptomatisch ist und (noch) nichts von der eigenen Infektiosität weiß. Aber auch Übertragungen bei Schwimmern durch Wasser wurden beschrieben.
Die Verbreitung durch Blut übertragener Krankheitserreger während eines Wettkampfs ist theoretisch denkbar, wenn auch das Risiko im Vergleich zu dem intravenösen Drogenkonsums oder unkritischen sexuellen Verhaltens wesentlich geringer zu sein scheint. Bei weltweit rund 350 Millionen Menschen, die von einer chronischen HBV-Infektion betroffen sind, wird das Risiko einer HBV-Übertragung durch ein Football-Spiel auf zwischen 1:10.000 und 1:4,25 Millionen geschätzt (3). Theoretisch liegt damit die Zahl der durch ein Sportereignis übertragenen HBV-Fälle über der Anzahl der im Gesundheitswesen durch Nadelstichverletzung erfolgten Infektionen. Zu beachten ist dabei auch die unterschiedliche regionale Häufung von HBV oder HCV-Infektionen. So zählt Westeuropa mit einer Prävalenz von weniger als 2% zu den niedrig endemischen Gebieten bezüglich der Hepatitis B. Demgegenüber sind in hochendemischen Regionen wie China, Südostasien oder Afrika mehr als 8% der Bevölkerung von einer HBV-Infektion betroffen. Dies ist bei internationalen Sportwettkämpfen zu beachten. Insbesondere bei Kontaktsportarten besteht ein Risiko bereits während der Trainingsmaßnahmen. So konnte in einem Football-Team die horizontale Transmission in 3 Fällen, ausgehend von einem HBVCarrier, nachgewiesen werden (4). Weiter wurde die HBV-Übertragung von einem Sumo-Ringer auf Teamkollegen oder zwischen Teilnehmern eines Orientierungslaufes dokumentiert. Als Übertragungsweg galten dabei (Schleim)hautverletzungen oder auch blutverschmierte Tücher bzw. gemeinsam genutztes Wasser zur Wundreinigung.
Wiederzulassung zum Sport
Moderate Belastungen sind bei einer akuten oder chronischen Hepatitis durchführbar und sollten sich am klinischen Bild orientieren. Erschöpfende Belastungen und die Wettkampfteilnahme sollten jedoch erst nach Normalisierung der Transaminasen erfolgen. Bei Nachweis einer Hepato- und/oder Splenomegalie hat die Ausübung von Kontaktsportarten zu unterbleiben. Eine Kontrolle der Transaminasen dient dazu, den Übergang in eine chronische Hepatitis rechtzeitig dokumentieren, diese Patienten sollten einem Leberzentrum vorgestellt werden.
PRÄVENTION DER VIRALEN HEPATITIS
Aufklärung und entsprechende Hygieneempfehlungen sind die Basis jeder Präventionsmaßnahme bezüglich einer infektiösen Hepatitis. Die meisten Infektionen werden auch im Sport nicht unmittelbar bei sportlichen Aktivitäten übertragen, sondern durch unbedachtes Verhalten und Fahrlässigkeit (5). Der richtige Umgang mit Lebensmitteln, aber auch die Verwendung individueller Trinkflaschen, die nicht unbedingt direkten Mundkontakt erfordern (Squeezer), vermeiden Übertragungen enterischer Hepatitiden.
Die Schutzimpfung gegen Hepatitis A und B ist sehr effektiv und sicher, wird jedoch noch zu wenig propagiert. In Deutschland wird die Vakzinierung gegen Hepatitis B bereits im Säuglingalter empfohlen und ist erstattungsfähig. Die Impfraten sind allerdings verbesserungswürdig.
Bei chronischer Hepatitis B sind mittlerweile mehrere Virostatika verfügbar, die aufgrund geringer Nebenwirkungsraten auch bei Leistungssportlern eingesetzt werden können. Ebenso steht bei der Hepatitis C Infektion eine wirksame Therapie zur Verfügung, die allerdings nebenwirkungsreicher ist. Die Virämie lässt sich durch diese modernen Therapeutika deutlich reduzieren, was für den Verlauf und auch für die Infektiosität entscheidend sein kann. Die Therapie sollte in Zusammenarbeit mit einem entsprechenden Zentrum durchgeführt werden. Die Aufklärung des Sportlers über seine Infektiosität hilft, weitere Infektionen zu vermeiden.
FAZIT
Körperliche Aktivität kann bei akuter und chronischer Hepatitis im entsprechenden Rahmen den Krankheitsverlauf günstig unterstützen. Bei Leberzirrhose müssen die Empfehlungen der Leberfunktion und einer portalen Hypertonie angepasst werden. Infektiöse Athleten müssen informiert und aufgeklärt werden, um weitere Infektionen im Umfeld zu vermeiden. Bei chronischer Hepatitis sollte die Therapie in Zusammenarbeit mit einem hepatologischen Zentrum durchgeführt werden. Als wirksame Prävention steht eine Immunisierung gegen Hepatitis A und B zur Verfügung.
LITERATUR
- The effects of physical activity on rehabilitation for acute hepatitis. Tokai J Exp Clin Med 21 (1996) 1-6.
- The treatment of acute infectious hepatitis. Controlled studies of the effects of diet, rest, and physical reconditioning on the acute course of the disease and the incidence of relapses and residual abnormalities. J Clin Invest 34 (1955) 1163-1235.
- Blood-borne pathogens and sports. Oxford, Blackwell Science (1997) 64-69.
- Horizontal transmission of hepatitis B virus among players of an American football team. Arch Intern Med 160 (2000) 2541-2545.
- Infectious disease outbreaks in competitive sports: a review of the literature. American Journal of Sports Medicine 34 (2006) 1860-1865.
PD Dr. Peter Deibert
Universitätsklinik Freiburg
Rehabilitative und Präventive Sportmedizin
Hugstetter Str. 55
79106 Freiburg
E-Mail: peter.deibert@uniklinik-freiburg.de