Einfluss von Heimkrafttraining auf die posturale Kontrolle von Patienten mit Hüftarthrose/ -prothese
Influence of a Strengthening Exercise Program on Postural Control in Patients with Hip Arthritis and/or Hip Joint Endoprothesis
ZUSAMMENFASSUNG
Ziel: Untersuchung der Wirkung eines kraftbasierten Heimtrainingprogramms auf die statische Gleichgewichtsfähigkeit bei Patienten mit Hüftarthrose und Hüftgelenksersatz und Überprüfung der Durchführbarkeit des Trainings sowie der Testmethoden. Probanden und Methoden: Im Rahmen einer longitudinalen Pilotstudie über 8 Wochen wurden 36 Teilnehmer aus den „Tübinger Hüftsportgruppen“ randomisiert einer Interventionsgruppe (IG, n = 18, 65 ± 7,5 Jahre) und einer Kontrollgruppe (KG, n = 16, 65 ± 9 Jahre) zugeteilt. Die IG führte zusätzlich zum wöchentlichen Hüftsport dreimal pro Woche ein 30minütiges Heimtraining zur Kräftigung der hüftübergreifenden Muskulatur durch. Die Gleichgewichtsfähigkeit wurde zu Beginn und am Ende der Interventionszeit bei allen Probanden mittels Rombergtest im Tandemstand und Einbeinstand auf dem Posturomed quantifiziert. Ergebnisse: Nach dem Trainingsintervall kam es im Romberg-Test zu keiner signifikanten Änderung. Auf dem Posturomed nahm die Plattenschwankung bei der IG im Median um 16,2 % ab, während sie bei der KG um 12,0 % zunahm. Der Vergleich der Differenzen von der Eingangsmessung zur Abschlussmessung im Gesamtwegsignal zwischen Interventions- und Kontrollgruppe zeigte im Mann-Whitney-U-Test jedoch keine signifikanten Unterschiede (p = 0,248). Diskussion/Schlussfolgerungen: Die Messmethoden sind bei Hüftpatienten anwendbar und das Krafttrainingsprogramm ohne Probleme durchführbar. Das Heimtraining hat jedoch in der bestehenden Form nur geringe Auswirkungen auf die Gleichgewichtsfähigkeit. Zukünftig werden deshalb vermehrt funktionelle Balanceübungen in das Heimtraining implementiert, um neben der allgemeinen Kräftigung auch einen positiven Effekt auf die Koordinationsfähigkeit zu ermöglichen.
Schlüsselwörter: Posturale Kontrolle, Hüftpatienten, Hüftschule, Sporttherapie.
SUMMARY
Purpose: To test the influence of a home-based training program for hip muscles on static balance in patients with arthritis and/or endoprosthesis of the hip joint and to evaluate the feasibility of the exercises and test methods. Subjects and methods: In a longitudinal pilot study, balance was measured at the beginning and end of an 8-week training period in 36 subjects, randomly assigned to an intervention group and a control group. IG trained 3 times a week for 30 minutes at home in addition to regular weekly hip school training. Balance was quantified using the Romberg test in tandem stance and a single leg stance test on the Posturomed. Results: The Romberg test showed no significant changes after the intervention. The tests on the Posturomed showed that the mean sway of the plate decreased by 16.2 % in IG, while it increased in KG by 12.0 %. No significant differences between IG and KG were found for the total sway path when comparing the two measurements within the groups (p = 0.248). Discussion/Conclusion: The Posturomed and Romberg test were suitable for testing hip patients. The training programme was well accepted, but only showed a minor effect on balance improvement. Prospective studies should implement more balance exercises in the training to positively influence not only strength but also balance.
Key Words: Postural control, hip patients, hip school, home-based training, sports therapy.
PROBLEM-UND ZIELSTELLUNG
Osteoarthrose (OA) ist eine weit verbreitete chronische Krankheit, welche den Patienten erhebliche Schmerzen sowie Schwierigkeiten bei der Ausübung alltäglicher Arbeiten bereitet und insbesondere Knie- und Hüftgelenk betrifft (5,8). Darüber hinaus stellt die Behandlung der OA eine erhebliche Belastung für die Volkswirtschaft dar. Demographischen Abschätzungen zufolge werden im Jahre 2040 mehr als 20% der Bevölkerung über 65 Jahre alt sein (15). Da die Prävalenz der OA mit steigendem Alter zunimmt (17) wird erwartet, dass sich die Anzahl der Osteoarthrosepatienten bis zum Jahre 2020 verdoppelt (10) und sich somit die ökonomische Belastung auf das Gesundheitssystem weiter erhöht (5).
Das erhöhte Alter und die zusätzliche Einschränkung durch die Arthrose ziehen häufig eine Abschwächung der Beinmuskulatur sowie eine Verschlechterung von Mechanismen der posturalen Kontrolle nach sich (27). Mehrere Studien haben gezeigt, dass eine verminderte Gleichgewichtsfähigkeit oftmals zu einem erhöhten Sturzrisiko führen kann (6, 22, 23) und dass diese durch Training auch bei älteren Personen verbessert werden kann (2). Als ein wichtiger Pfeiler der konservativen Behandlung könnte daher das aktive Training (4, 32) eine geeignete und kostengünstige Möglichkeit darstellen, um ein verbessertes Balancevermögen als Voraussetzung für eine erhöhte Stand- und Gangsicherheit zu schaffen (7, 20). Ein essentieller Bestandteil bei der Gleichgewichtserhaltung ist dabei die Kraft der hüftumgebenden Muskulatur, welche beim Stehen und Gehen Stabilität verleiht. Vor allem die Muskeln der Rotatorenmanschette des Hüftgelenks sowie die Abduktoren spielen hierbei eine übergeordnete Rolle (9), insbesondere verhindert der Musculus glutaeus medius im Einbeinstand das Abkippen des Beckens zur Gegenseite (16). Da der Einfluss der Kraftfähigkeit auf die posturale Kontrolle bisher bei Hüftpatienten noch nicht untersucht wurde, war es das Ziel dieser Studie, zu prüfen, ob Teilnehmer einer Hüftsportgruppe ihre Gleichgewichtsfähigkeit durch ein zusätzlich stattfindendes Heimtraining zur Kräftigung der hüftumgebenden Muskulatur verbessern können. Die Interventionsform eines ergänzenden Heimtrainings wurde gewählt, um den Trainingseffekt des wöchentlich einstündigen Hüftsports, welcher sich an der unteren Grenze der Trainingswirksamkeit (13) befindet, zu steigern. Ferner sollte geprüft werden, ob die gewählten Test- und Trainingsmethoden für Hüftpatienten im Sinne der Durchführbarkeit geeignet sind.
MATERIAL UND METHODEN
Studiendesign und Probanden
Bei der vorliegenden Längsschnittuntersuchung handelt es sich um eine randomisierte Kontrollgruppenstudie im Test-Retest-Design mit einem Interventionszeitraum von acht Wochen.
Die Probanden wurden aus den „Tübinger Hüftsportgruppen“ (16, 19) rekrutiert und im Vorfeld über den Ablauf und den Inhalt der Studie informiert. Die Überprüfung der Ein- und Ausschlusskriterien erfolgte im Rahmen der klinischen Eingangsuntersuchung durch den Prüfarzt (Tab. 1). Der Studiendurchführung wurde von Seiten der lokalen Ethikkommission zugestimmt.
Von den insgesamt 36 Teilnehmern mussten 2 Probanden der Kontrollgruppe zum einen wegen einem selbst durchgeführten Gleichgewichtstraining und zum anderen wegen krankheitsbedingter Abwesenheit bei der Abschlussmessung ausgeschlossen werden. Hinsichtlich Alter, Geschlechterverteilung, Gewicht, Größe und Body-Mass-Index (BMI) sowie der Verteilung von Hüftendoprothese (HTP) und Arthrose und Dauer der Beschwerdezeit sind Kontrollgruppe (KG) und Interventionsgruppe (IG) vergleichbar (Tab. 2).
Trainingskonzeption
Alle Probanden nahmen seit mindestens 6 Monaten an einem wöchentlich stattfindenden 60-minütigen Training in den „Tübinger Hüftsportgruppen“ teil (16, 19). Die IG absolvierte zusätzlich ein dreimal wöchentlich stattfindendes, 30-minütiges Heimtrainingsprogramm zur Kräftigung der hüftübergreifenden Muskulatur und angrenzender Körperregionen in unterschiedlichen Ausgangsstellungen (Rückenlage, Seitlage, Sitz, Stand) mit geringem Materialaufwand (Ball, BalancePad, Theraband®). Beispielhafte Übungen waren dabei Bridging in Rückenlage mit unterschiedlichen Kniewinkeln, Beinachsentraining beim Transfer vom Sitz zum Stand oder Kräftigung der Abduktoren im Sitz über Abspreizen der Knie gegen den Widerstand des Therabandes®. Eine genaue Beschreibung erfolgte über Trainingsbögen, welche zu Anfang jeder neuen Woche ausgeteilt wurden.
Die Trainingskonzeption des Heimtrainings entspricht den im Jahr 2000 bekannt gegebenen „Osteoarthritis Guidelines“ und zielt demnach auf eine Schmerzlinderung sowie auf die Verbesserung der Funktionsfähigkeit und der gesundheitsbezogenen Lebensqualität ab. Grundlage des Belastungsgefüges für das Heimtraining ist eine modifizierte Form des „Fünf-Stufen-Modell“ nach FROBÖSE und LAGERSTRØM (12): So ergab sich für das Heimprogramm der Probanden ein Krafttraining in drei Stufen (Tab. 3).
Im Trainingstagebuch wurden die durchgeführten Trainingseinheiten und der Trainingsumfang notiert, sowie auftretende Schmerzen (WOMAC-Schmerz-Score) und das subjektive Belastungsempfinden (BORG CR-10-Scala), auf welche im Einzelnen nicht näher eingegangen wird, dokumentiert. Anhand dieser Angaben konnten die Trainingsmodalitäten in der wöchentlichen Besprechung durch Veränderungen von Ausgangsstellung, Intensität oder Vorschlag einer Alternativübung bei Bedarf individuell angepasst werden.
Gleichgewichttests zur Quantifizierung der posturalen Kontrolle
Der Rombergtest im Tandemstand wurde in aufrechter Körperposition durchgeführt, wobei die Füße direkt hintereinander standen (26) und in den Knien leicht gebeugt waren. Der Proband wurde angewiesen das Gewicht auf beide Füße gleichmäßig zu verteilen. Zusätzlich wurde die Armposition (Hände in den Hüften) standardisiert. Als Maß für die Gleichgewichtsfähigkeit diente die Zeit, über die der Proband die Position aufrechterhalten konnte, maximal aber 60 Sekunden. Als Abbruchkriterien wurde das Wegbewegen einer Hand von der Hüfte, Versetzen oder Abheben eines Fußes, öffnen der Augen oder die Veränderung der Kniebeugung/-streckung in ersichtlichem Maße festgelegt. In beiden Testkonditionen, mit geöffneten und geschlossenen Augen, wurde je eine Probemessung pro Seite vorangestellt. Wenn bei dieser die maximale Zeit erreicht wurde, zählte sie bereits zu den 6 nachfolgenden Versuchen. Die Messungen wurden jeweils im Wechsel mit dem linken und dem rechten Fuß an vorderer Stelle durchgeführt.
Der Test auf dem Posturomed® (Haider Bioswing, Pullenreuth) erfolgte im Einbeinstand mit leicht gebeugtem Standbein, locker herabhängenden Armen und dem Blick an die gegenüberliegende Wand gerichtet (Abb. 1). Nach einer Eingewöhnungsphase und jeweils einmaliger Probemessungen wurden 10 Messungen abwechselnd mit dem linken und dem rechten Bein über eine Dauer von 6 Sekunden durchgeführt (3). Die Platte wurde an der Unterseite mit einem berührungslosen induktiven Wegaufnahmesystem (DIGIMAX, mechatronic, Hamm) kombiniert. Durch Aufsummation der einzelnen Weginkremente in medio-lateraler- bzw. anterior-posterior-Richtung wurde der zurückgelegte Gesamtweg (Sr) der Platte für das gewählte Messintervall mit der geräteeigenen Software berechnet (25).
Bei beiden Tests wurden die äußeren Bedingungen, Anweisungen, der Messablauf und die Standpositionen standardisiert.
Statistische Auswertung
Aufgrund nicht-normalverteilter Messdaten wurden Medianwerte, Minima und Maxima bestimmt. Zur Überprüfung der Fragestellung, ob das zusätzliche Heimtraining der IG im Vergleich zur KG einen Einfluss auf die Gleichgewichtsfähigkeit hat, erfolgte der Vergleich der Differenzen von der Eingangsmessung (Mprä) zur Abschlussmessung (Mpost) zwischen IG und KG mit dem MannWhitney-U-Test (p<0.05).
ERGEBNISSE
Von den insgesamt 432 Heimtrainingseinheiten aller Probenden der IG wurden nur 6 versäumt. Dies entspricht einer Teilnahme von 98%. Eine Abänderung des Trainingsplans in Form einer Reduktion der Intensität war lediglich bei einem Probanden über einen Zeitraum von einer Woche erforderlich.
32 der 34 Probanden konnten den Tandemstand mit geöffneten Augen über 60 Sekunden aufrechterhalten. Mit geschlossenen Augen verringerte sich der Medianwert der jeweiligen Messwerte von Mprä zu Mpost bei der IG um 2,5 % (von 19,8 s auf 19,3 s) und bei der KG um 16,6 % (von 15,1 s auf 12,6 s). Differenzen von Mprä nach Mpost zeigten im Gruppenvergleich jedoch keine signifikanten Unterschiede (p = 0,325; Abb. 2).
Bei Betrachtung des Sr auf dem Posturomed verzeichnete die IG von Mprä zu Mpost eine Reduzierung um 7,9 mm (Differenzbereich -127 bis 24 mm), während die KG eine Steigerung um 5,8 mm (Differenzbereich -84 bis 114 mm) zeigte. Die Abnahme der IG war im Vergleich zur Zunahme der KG statistisch nicht signifikant (p = 0,248). Aus Abb. 3 ist jedoch ersichtlich, dass mehr als 75% der Probanden der IG eine Verminderung des Sr von Mprä nach Mpost aufweisen, während die Veränderungen in der KG keine eindeutigen Tendenzen zeigen.
Die Durchführbarkeit der Testmethoden war bei der gewählten Stichprobe gegeben. Aufgrund von Schmerz oder der Unfähigkeit die geforderten Positionen einzunehmen musste keine Messung abgebrochen werden. Fehlversuche, bei welchen die Standposition auf dem Posturomed nicht über die geforderten 6 Sekunden aufrechterhalten werden konnte, kamen in beiden Gruppen nur zu 5,3% vor und verringerten sich vom ersten zum zweiten Messtermin noch weiter (auf 2,9%). Diese Messungen gingen nicht in die Analyse mit ein.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Gleichgewichtsfähigkeit in der vorliegenden Untersuchung, quantifiziert durch Tandemstand auf festem Untergrund sowie Einbeinstand auf dem Posturomed, durch ein zusätzliches zum Hüftsport durchgeführtes, funktionelles Krafttraining nicht verbessert werden konnte. Zudem weisen die Messwerte innerhalb der erhobenen Population eine erhebliche Streuung auf.
DISKUSSION
Im Rahmen der vorliegenden Studie sollte die Auswirkung eines heimbasierten Krafttrainings der hüftumgebenden Muskulatur auf die posturale Kontrolle überprüft werden. Eine Verbesserung der Messwerte als Maß für die Gleichgewichtsfähigkeit konnte dabei in den verwendeten Testmethoden nach acht Wochen nicht beobachtet werden.
Die Testmethoden, Tandemstand und Einbeinstand auf dem Posturomed, waren gut durchführbar, was auf einen alters- und populationsangemessenen Schwierigkeitsgrad schließen lässt. Durch Kontrolle der Umgebungsbedingungen und Minimierung von Störeinflüssen sowie festgelegten Anweisungen wurde der Test so weit wie möglich standardisiert. Dennoch konnte der Einfluss weiterer Faktoren, wie zum Beispiel die Schmerzsymptomatik der Patienten, die sich aufgrund der Arthroseerkrankung an verschiedenen Tagen unterschiedlich stark manifestieren kann, auf die Testleistung der Probanden nicht völlig ausgeschlossen werden.
Der Tandemstand wird häufig zur Quantifizierung der posturalen Kontrolle herangezogen (11, 26). Er charakterisiert insbesondere die Fähigkeit eine Standinstabilität aus der Hüfte heraus auszugleichen, da der Tandemstand vor allem durch die Hüftkontrolle dominiert wird (31). In verschiedenen Studien konnten bereits Verbesserungen des Gleichgewichts über den Tandemstand als Testmethode gezeigt werden. Ullmann et al. stellten eine signifikante Verbesserung der Messwerte des Tandemstands bei älteren Probanden, die an einem fünfwöchigen Feldenkrais Programm teilnahmen, im Vergleich zu einer altersgleichen Kontrollgruppe fest (30). Parkinsonpatienten konnten sich in einer Studie von Stankovic im Tandemstand nach einer 30-tägigen physiotherapeutischen Intervention signifikant verbessern (28). In beiden Fällen wurde der Tandemstand mit geöffneten Augen durchgeführt. Diese Version bedingte bei der vorliegenden Stichprobe in dieser Untersuchung jedoch einen Deckeneffekt, da nahezu alle Probanden den Test über die maximale Zeitspanne absolvieren konnten. Deswegen scheint die Messmethode in dieser Form für die gewählte Population zwar anwendbar aber nicht sensitiv genug zu sein.
Die Charakterisierung der Gleichgewichtsfähigkeit über das Posturomed wählten Boeer et al. um eine Verbesserung von Hüftsportteilnehmern mit zusätzlichem Balancetraining gegenüber einer Kontrollgruppe ohne zusätzlichem Training nachzuweisen. Nach dem 12-wöchigen Interventionszeitraum verminderte sich das Gesamtwegsignal der Platte bei den Teilnehmern des Programms im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant (2). Im Vergleich dazu konnte durch Applikation eines zusätzlichen Krafttrainings zum Hüftsport in der vorliegenden Studie ein solcher Effekt jedoch nicht nachgewiesen werden. Zusätzlich ist die Streuung der Werte in den Gruppen sehr viel höher als bei Boeer et al., obwohl die Medianwerte der beiden Gruppen den in der Literatur beschriebenen Mittelwerten gesunder Probanden entsprechen (3). Dies könnte durch die auftretenden Extremwerte bei den Messungen mit dem Posturomed bedingt sein, deren Problematik darin besteht, dass ein Fehlversuch, bei dem der Einbeinstand nicht aufrechterhalten werden kann, nicht in die Wertung miteinbezogen wird und der Proband damit ein viel geringeres Wegsignal aufweist als ein Proband, der durch große Ausgleichsbewegungen starke Schwankungen gerade noch abfangen kann.
Aufgrund dieser sehr hohen Variabilitäten, die innerhalb der Probanden sowohl beim Tandemstand mit geschlossenen Augen als auch beim Einbeinstand auf dem Posturomed zwischen Messtag 1 und 2 auftraten, wurde die Plausibilität der Ergebnisse unter Durchsicht der Probandenakte auf eventuelle Auffälligkeiten am jeweiligen Messtag oder während der Messung überprüft. Für die Messungen wurden jedoch keine Besonderheiten dokumentiert.
Vorraussetzung für eine hohe Trainingseffizienz sind eine gute Compliance sowie ein geringes Verletzungsrisiko. Im Allgemeinen führen Interventionsformen in der Gruppen bzw. persönlich betreute Trainingsprogramme zur Behandlung der Osteoarthrose zu einer besseren Therapietreue im Vergleich zu einem zuhause durchgeführten Trainingsprogramm (21). Die Motivation und Therapietreue (98 %) der Probanden für das Heimtraining im Rahmen der vorliegenden Studie waren deutlich größer als bisher veröffentlichte Daten aus der Literatur: in einer Studie mit vergleichbarer Interventionsform lag die Compliance bei 77 % (29). Die enge Betreuung der Probanden durch die Gruppentherapie und die Bindung an den langjährigen Ansprechpartner in den Hüftsportgruppen könnte dabei einen Grund für die hohe Compliance in dieser Studie darstellen.
Der positive Wirkmechanismus eines Balancetraining auf die Maximalkraft und den Ausgleich muskulärer Dysbalancen im Bereich der unteren Extremitäten wurde bereits in der Literatur beschrieben (18). Umgekehrt stellten Lord et al. nach einem zwölfmonatigen allgemeinen Kraft- und Balancetraining bei älteren Frauen eine signifikante Verbesserung des dynamischen Gleichgewichts fest, was die Autoren vorwiegend auf die Kraftsteigerung der Hüftflexoren und -extensoren zurückführten (24). Die Auswirkung einer reinen Kraftintervention auf die statische Gleichgewichtsfähigkeit konnte in diesem Zusammenhang jedoch bisher nicht nachgewiesen werden. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung zeigte sich keine systematische Verbesserung der Gleichgewichtsfähigkeit bei der Interventionsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe durch ein Krafttraining der hüftübergreifenden Muskulatur.
SCHLUSSFOLGERUNGEN UND AUSBLICK
Der kurze Interventionszeitraum, das kraftbasierte Training, die vorliegenden hohen inter- und intraindividuellen Unterschiede und der bereits hohe Trainingszustand der Probanden, aufgrund der regelmäßigen Teilnahme an den Hüftsportgruppen, könnten Faktoren dafür sein, dass kein Effekt des Heimtrainings auf die Gleichgewichtsfähigkeit der Probanden nachgewiesen werden konnte.
Um die Effizienz eines Heimtrainings auf die Gleichgewichtsfähigkeit zu verbessern, sollten funktionelle Aspekte im Krafttraining sowie koordinative Übungen in das Trainingskonzept eingebunden und die Interventionszeit verlängert werden.
Außerdem würde die Ausführung des Tandemstands auf einer Druckmessplatte, um den Gesamtweg des Druckschwerpunktes zu quantifizieren (11, 14), diesen Test für die gewählte Stichprobe sensitiver machen. Zusätzlich könnte der Einbeinstand auf der Druckmessplatte eine geeignete Alternative zum Posturomed darstellen, um der Problematik des Umgangs mit ungültigen Versuchen für die vorliegende Zielpopulation entgegenzuwirken.
Hinsichtlich der in Zukunft wachsenden Bevölkerungszahl an Personen mit Osteoarthrose und den steigenden Kosten des Gesundheitssystems (29), stellt das Heimtraining in Verbindung mit dem Hüftsport eine kostengünstige Alternative dar, um die negativen Auswirkungen der Coxarthrose zu reduzieren oder zumindest aufzuhalten. Die Evaluierung dieses Konzepts sollte daher weiterverfolgt werden.
Angaben zu finanziellen Interessen und Beziehungen, wie Patente, Honorare oder Unterstützung durch Firmen: keine
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Dipl. Sportwiss. Regina Miller
Universitätsklinikum Tübingen, Abteilung Sportmedizin
Silcherstraße 5
72076 Tübingen
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