Sportmedizin
ORIGINALIA
VERGLEICH VON MESSVERFAHREN ZUR HRV-ANALYSE

Vergleich von Messverfahren zur Analyse der Herzfrequenzvariabilität (HRV)

Analysis of Heart-Rate Variability

Bereich Arbeitsmedizin, Medizinische Fakultät, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg

ZUSAMMENFASSUNG

Eine  Vergleichbarkeit  der  Untersuchungsergebnisse  zur  Analyse  der Herzfrequenzvariabilität  (HRV)  hängt  u.a.  von  der  Austauschbarkeit  der Messsysteme ab. Ziel der Studie ist die Beurteilung der Qualität des Messergebnisses für nachfolgende HRV-Analysen im Vergleich der Pulsuhr RS800CX (Polar® Electro Oy / Kempele)  mit  dem  MT-101  Holter -ECG  (Schiller / Baar).  Die  Erfassung  der RR-Intervalle erfolgte während einer Kommissioniertätigkeit bei zehn Probanden (m, 28 ± 3 Jahre) synchron mit beiden Messsystemen. In einem weiteren Versuch wurden beide Messsysteme bei einer Fahrradergometrie (FE) mit einem weiteren EKG-Messsystem  CM3000-12  (Getemed/ Teltow)  verglichen.  Die  Auswertung erfolgte auf der Grundlage des Bland- & Altmann-Kriteriums Limit of Agreement (1, 2, 5) für Kennwerte des Zeitbereichs (RR-Intervalle, MeanRR, SD, RMSSD), des Frequenzbereichs  (LF-Power,  HF-Power,  LF/HF-Ratio)  und  des  Poincaré-Plots (SD1, SD2). Im Gegensatz zu den Kennwerten MeanRR, SD, LF-Power und SD2 zeigen  die  Parameter  zur  Charakterisierung  kurzfristiger  Schwankungen  der HRV-Dynamik (RMSSD, SD1, HF-Power) bei geringer Ausprägung einen niedrigen Übereinstimmungsgrad. Dieser ist auf die Auflösung der exportierten RR-Intervalle beim Schiller-EKG von 8 ms und nicht, wie erwartet, von 1 ms zurück zuführen.Die Ergebnisse der FE kennzeichnen eine deutlich höhere Übereinstimmung der RR-Intervalle der Pulsuhr vs. Getemed-EKG (LoA 3.54 ms) als beim Schiller-EKG vs. Getemed-EKG (LoA 13.97 ms). Für die Interpretation der Kennwerte MeanRR, SD,  LF-Power  und  SD2  können  beide  Messsysteme  als  gleichermaßen  geeignet angesehen  werden.  Eine  hinreichend  genauere  Information  zu  den  Parametern RMSSD, SD1 und HF-Power liefert die Pulsuhr im Vergleich zum Schiller-EKG.

Schlüsselwörter:  Herzfrequenzvariabilität, Messverfahren, Limit of Agreement.

SUMMARY

Analysis  of  heart  rate  variability  (HRV)  is  increasingly  being  used  in  sports medicine  and  sports  science.  However  different  measuring  systems  as  well  as different  analytical  methods  have  been  applied,  making  it  difficult  to  compare study results. Therefore we aimed at comparing the MT-101-Holter-ECG (Schiller / Baar) with the newest mobile heart frequency monitor RS800CX (Polar® Electro Oy  /  Kempele).  Study  subjects  were  ten  healthy  males  (age  28±3  years).  The capture of RR-intervals occurred during a picking scenario with both measuring systems  simultaneously.  Furthermore  both  measuring  systems  were  compared to  simultaneous  HRV  measurement  by  Getemed-ECG  CM3000-12  (Getemed/Germany, Teltow) during a standardized cycle test. The evaluation was calculated using  the  procedure  by  Bland-&  Altmann  (1, 2, 5)  on  the  basis  of  time  domain parameters (RR intervals, MeanRR, SD, RMSSD), frequency domain parameters (LF-power,  HF-power,  LF/HF-Ratio)  and  parameters  of  the  Poincaré-plot  (SD1, SD2). In contrast to MeanRR, SD, LF-power and SD2 parameters RMSSD, SD1, and HF-power parameters showed a low agreement for small values in comparison of  both  heart  frequency  monitor  and  Schiller-ECG  because  the  resolution  of exported RR-intervals is equal to 8 ms by Schiller-ECG instead of expected 1 ms. The results of cycle test demonstrate a higher correspondence of the RR-intervals by the heart frequency monitor vs. Getemed-ECG (LoA of 3.54 ms) than by SchillerECG vs. Getemed-ECG (LoA of 13.97 ms). Based on our results the heart frequency monitor and Schiller-ECG are interchangeable for MeanRR, SD, LF power and SD2 parameters. For analysis of the RMSSD, SD1 and HF-power parameters the heart frequency monitor is more accurate and should be recommended.

Key Words: Heart rate variability, measuring systems, Limit of Agreement.

PROBLEM- UND ZIELSTELLUNG

Die  Analyse  der  Herzfrequenzvariabilität  (HRV)  gewinnt  auch in  sportmedizinischen  und  trainingswissenschaftlichen  Fragestellungen  zunehmend  an  Bedeutung  (10).  In  wieweit  Ergebnisse unterschiedlicher  Studien  vergleichbar  sind,  hängt  neben  dem analytischen  Design  der  Untersuchung  u.  a.  auch  von  der  Austauschbarkeit von Messsystemen ab.
Gründe für den Einsatz alternativer Systeme zur Messwerterfassung können neue bzw. bessere Messverfahren und -prinzipien, ein geringerer Kostenaufwand bei der Anschaffung bzw. beim Unterhalt, eine praktikable Handhabbarkeit beim Praxiseinsatz sowie eine einfache Analyse der Messwerte (u. a.) sein.
Für die Anwendung der HRV-Analyse in Feldversuchen werden Pulsuhren, als portables Messsystem mit optionaler Registrierung von RR-Intervallen, aufgrund ihres geringen apparativen Aufwands und der einfachen Handhabbarkeit verstärkt genutzt. Dementsprechend gibt es mittlerweile eine Reihe von Untersuchungen, die die Messgenauigkeit der Pulsuhr Polar® S810(i) im Vergleich zu alternativen EKG-Messsystemen prüfen (6, 7, 11, 15, 19).
Analog  diesem  Vorgehen  war  das  Ziel  der  vorliegenden  Untersuchung,  die  Qualität  der  Messergebnisse  der  aktuell  eingeführten Pulsuhr für wissenschaftliche Fragestellungen zu beurteilen.
Nach den Richtlinien der Task Force (18) wird eine Abtastfrequenz von 250 Hz bis 500 Hz oder höher für eine anschließende HRV-Analyse  als  optimal  angesehen.  Deshalb  scheint  das  Schiller-EKG,  mit  einer  einstellbaren  Frequenz  von  1kHz,  für  einen direkten  Vergleich  mit  der  Pulsuhr  geeignet  zu  sein.  Neben  den RR-Intervallen wird auch der Vergleich von HRV-Kennwerten mit einbezogen,  da  Messwertabweichungen  im  Tachogramm  zu  abweichenden  Aussagen  in  den  unterschiedlichen  Kennwertbereichen führen können.
Ziel dieser Studie ist die Beurteilung der Qualität des Messergebnisses für nachfolgende HRV-Analysen im Vergleich der Pulsuhr mit dem Schiller-EKG.

MATERIAL UND METHODEN

Probandenkollektiv
An  der  Studie  nahmen  zehn  gesunde,  männliche  Probanden  mit einem Durchschnittsalter von 28 ± 3 (25- 34) Jahren teil. Mit Hilfe  eines  Anamnese-Fragebogens  wurde  sichergestellt,  dass  keine Herz-Kreislauf-Erkrankung,  kein  Diabetes  mellitus,  neurologische oder  psychiatrische  Erkrankungen  oder  eine  medikamentöse  Beeinflussung  der  Herztätigkeit  vorlagen.  Alle  Studienteilnehmer waren  Nichtraucher.  Zudem  wurden  die  Probanden  angehalten, ausgeruht und ohne eine starke psycho-physiologische Belastung am Vortag bzw. am Testtag selbst zu erscheinen. Am Tag der Messung  sollte  die  letzte  Mahlzeit  spätestens  zwei  Stunden  vor  dem Test  aufgenommen  werden.  Die  Konsumierung  von  Alkohol  und koffeinhaltigen Getränken waren zwölf Stunden vor dem Test nicht mehr zugelassen.

Untersuchungsablauf
Die  simultane  Datenerhebung  fand  praxisnah  während  einer zweistündigen  Kommissioniertätigkeit  (im  Sinne  einfacher  Bewegungsaufgaben) statt. Den Probanden wurde zur Datenerfassung einerseits die Pulsuhr mit Brustgurtsender (unter M. pectoralis) und Armbandempfänger angelegt. Andererseits wurde das digitale Schiller-EKG mit drei thorakalen Brustwandableitungen und  1000  Hz  Einstellung  appliziert.  Nach  der  Inbetriebnahme beider  Messsysteme  wurde  durch  manuelle  Triggerung  der  Geräte die zeitliche Synchronisation der Datensätze garantiert. Die Registrierung  der  RR-Intervalle  verlief  kontinuierlich  über  die insgesamt  160  Minuten  dauernde  Untersuchung.  Der  Untersuchungsverlauf wurde in folgende Phasen gegliedert:

•     Ruhephase    Liegen    Pre-Test    (zehn    Minuten);
•     Ruhephase    Stehen    Pre-Test    (zehn    Minuten);
•     Kommissioniertätigkeit    (zwei    Stunden);
•     Ruhephase    Liegen    Post-Test    (zehn    Minuten);
•     Ruhephase    Stehen    Post-Test    (zehn    Minuten).

Zur Überprüfung der Messwertaufnahme der eingesetzten Geräte wurden in einem weiteren Versuch beide Messsysteme mit dem zusätzlichen Getemed-EKG verglichen. Dazu erfolgte im Rahmen einer  Fahrradergometrie  (FE)  die  zusätzliche  Aufzeichnung  der Herzaktivität  (12-Kanal-EKG-Ableitung)  bei  einem  gesunden, männlichen Probanden. Die zeitliche Triggerung der Messsysteme wurde analog dem geschilderten Vorgehen durchgeführt. Das Belastungsprotokoll  orientierte  sich  an  den  Empfehlungen  der WHO:  fünf  Minuten  Ruhephase,  Belastungsbeginn  bei  50  Watt, Steigerung der Belastung alle zwei Minuten um jeweils 25 Watt bis zur maximalen Ausbelastung, fünf Minuten Erholungsphase.

Datenverarbeitung
Datenverarbeitung  der  Kommissioniertätigkeit:  Die  Daten  des Schiller-EKGs wurden mit Hilfe der Software Schiller MT-200 Holter-ECG (Version 2.54) ausgelesen. Nach der Prüfung klinischer Auffälligkeiten des EKGs durch einen Mediziner folgte der Export der RR-Intervalle. Mit Hilfe des Polar® ProTrainer 5TM (Version 5.30.150)  konnten  die  RR-Intervalle  der  Pulsuhr  für  die  weitere Verarbeitung  bereitgestellt  werden.  Für  die  Artefaktidentifikation  kam  ein  dafür  erstelltes  Bearbeitungsprogramm  (8)  auf  der Grundlage    eines    in    der    Literatur    beschriebenen    Filteralgorithmuszum  Einsatz  (9).  Nach  diesem  Verfahren  werden  Rohwerte  bei einer  Abweichung  größer  30%  des  Roh-RR-Intervalls  zu  einem gleitend  kalkulierten  Referenzwert  als  Artefakt  gekennzeichnet. Durch den Algorithmus werden Typ-vier- und Typ-fünf-Artefakte nach Marchant-Forde et al. detektiert (13).
Die  messwertgenaue  Synchronisation  der  Datensätze  erfolgte mit dem dafür entwickelten Bearbeitungsprogramm HRVSync. Auf der Grundlage der manuellen Triggerung wird jeweils ein  artefaktfreier  Zeitbereich  (n  =  40)  der  beiden  Datensätze gegeneinander  verschoben.  Bei  minimaler  Varianz  werden  die Datenbereiche als synchron angesehen und nach visueller Kontrolle  gespeichert.  Die  Artefaktelimination  wurde  in  Microsoft® Office  Excel  2003  durchgeführt.  Das  erkannte  Artefakt  der  Datenreihe sowie das zeitliche Äquivalent der zweiten Datenreihe wurden gelöscht und der synchrone Verlauf der folgenden Daten blickdiagnostisch  bestätigt.  Dadurch  ist  ein  direkter  Vergleich der RR-Intervalle der Messsysteme möglich.
Als  Datenbasis  für  die  folgende  HRV-Analyse  wurden  Zeitfenster mit einer Dauer von neun Minuten gewählt:

•    Ruhephase    Liegen    Pre-/Post-Test    (2. bis einschl. 10. Minute),
•    Ruhephase    Stehen    Pre-/Post-Test    (2. bis einschl. 10. Minute),
•    Arbeitsphase    (5.    bis    einschl.    13.    Minute),
•    Arbeitsphase    (55.    bis    einschl.    63.    Minute),
•    Arbeitsphase    (105.    bis    einschl.    113    Minute)

Es konnte sichergestellt werden, dass die prozentuale Artefaktbestimmung 5 % nicht überschreitet. Für die Berechnung der HRVParameter kam die Software Kubios HRV (Biosignal Analysis and Medical  Imaging  Group,  Universität  Kuopio,  Finnland,  Version 2.0) zum Einsatz. Durch die Anwendung der Detrending-Methode    „Smoothn    priors“    (Lambda    =    500)    kann    von    einem    quasistationären Signalcharakter des jeweiligen Tachogramms ausgegangen werden. Als Resultat des Resamplings (4 Hz) liegen äquidistante Messwertabstände als Vorraussetzung für die Transformation in den Frequenzbereich (FFT) vor. Analog zu den Vorgaben der Task Force (18) sind die Frequenzbänder definiert.
Neben  dem  Vergleich  der  RR-Intervalle  wurden  die  Kennwerte    MeanRR,    SD    und    RMSSD    der    Zeitbereichsanalyse,    LF-Power,    HF-Power    und    LF/HF-Ratio    der    Frequenzbandanalyse    (FFT)sowie SD1 und SD2 des Poincaré-Plots in den Vergleich der Messsysteme mit einbezogen.
Datenverarbeitung  bei  FE:  Der  Rohdateneinzug  der  Pulsuhr und  des  Schiller-EKGs  erfolgte  analog  der  oben  beschriebenen Vorgehensweise. Die Daten des Getemed-EKGs wurden mit Hilfe der     Software     CardioLink®     ausgelesen,     analysiert     und     exportiert.Die  Artefaktidentifikation,  Datensynchronisation  und  manuelle Artefaktelimination  wurden  für  die  drei  Messsysteme  wie  bereits beschrieben durchgeführt und die RR-Intervalle verglichen.
In  Kenntnis  der  qualitativen  Analyse  wurde  zur  weiteren Quantifizierung  des  Datenmaterials  auf  der  Basis  des  Polardatensatzes eine Aufnahmefrequenz von 125 Hz simuliert (RR-Intervall125Hz    =    round[RR-Intervall/8]*8)    und    mit    dem    Datensatzdes Schiller MT-101 verglichen.

Statistik
Das    Limit    of    Agreement    (LoA)    nach    Bland    und    Altman    (5)    wurde    bereits  häufig  für  den  Vergleich  von  Messmethoden  eingesetzt  (6, 7, 11, 14, 15, 17). Für den Ergebnisvergleich der eingesetzten Messsysteme    bei    der    Kommissioniertätigkeit,    ist    das    LoA    für    Datensätze mit Messwiederholung und nicht-stationären Messwerten anzuwenden (1, 2, 5).
Beim Vergleich der Daten der FE wurden der Mittelwert als systematische    Messwertabweichung    (Bias)    und    ein    95%-LoA    als1,96-fache Standardabweichung berechnet (2).
Trotzdem in verschiedenen Studien eine Übereinstimmung unterschiedlicher Messsysteme mit Hilfe des Intraclass Correlation Coefficient (ICC) festgestellt werden konnte (15, 17), berichten Bland und Altman (4) von nicht zufriedenstellenden Ergebnissen. Aufgrund der fehlenden Bestätigung des ICC beim Vergleich von Messsystemen wurde auf diese Interpretation verzichtet.
Ebenso  wird  die  Nutzung  der  Korrelationskoeffizienten  als ungeeignet  für  diese  Fragestellung  angenommen  (12, 4).  Eine statistische  Prüfung  von  Mittelwertunterschieden  wurde  nicht durchgeführt, da hierdurch keine Aussage zur Streuung der Messabweichung getroffen werden kann und ein signifikanter Unterschied bei eventuell vorliegendem Bias zu erwarten ist.
Da  aufgrund  des  Untersuchungsdesigns  (Ruhephasen  und Belastungsphasen)  die  RR-Intervalle  und  die  HRV-Kennwerte insgesamt eine große Range aufweisen, wurden Messwertabweichungen in Prozent des Mittelwertes des Kennwert-Paares interpretiert. Als annehmbare Abweichung wurde ein 95%-LoA von maximal 5% gewählt.


ERGEBNISSE

Es  konnten  die  Kennwerte  aller  Probanden  und  Phasen  in  die Datenbearbeitung  einbezogen  werden,  sodass  insgesamt  je  HRVKennwert 70-Wertepaare in die Auswertung eingingen. Der direkte Vergleich der RR-Daten bei der Kommissioniertätigkeit basiert auf n = 15773 und bei der FE auf n = 3197 RR-Intervallen. Die Messwertabweichungen  beider  Geräte  während  der  Kommissioniertätigkeit sind in Tab. 1 zusammengefasst.
Aufgrund  der  prozentualen  Messwertabweichung  der  Kennwerte RMSSD (Abb. 1), HF-Power und SD1 (Abb. 2), die jeweils einen deutlichen Trend zeigen, ist die Abbildung der Messwertabweichung über    das    LoA    nicht    geeignet.    Abb.    1    zeigt    beispielhaft    die    Gegenüberstellung  der  RR-Intervalle  für  einen  Probanden.  Der  Bias  liegt  mit 0,04    ms    bei    einem    LoA    von    2,02%    in    einem    akzeptablen    Bereich.
Bei    den    Kennwerten    MeanRR,    SD    (Abb.    1),    SD2    und    LF-Powerwirkt  sich  die  Messwertabweichung  geringer  aus  als  bei  den  RRIntervallen    und    weist    ein    maximales    LoA    von    1,3%    auf.    Ausgenommen    den    LF/HF-Ratio    ist    der    Bias    bei    allen    HRV-Kennwerten    positiv, während beim Vergleich der RR-Intervalle kaum ein Bias (0,04 ms) zu erkennen ist.
Die Kennwerte RMSSD, SD und die HF-Power sind bei geringen Messwerten durch stärker ausgeprägte Messwertabweichungen gekennzeichnet. Sowohl der RMSSD als auch der SD1-Kennwert zeigen eine maximale Abweichung von 19,24% bzw. 19,05% (Tab.1).
Hinsichtlicht  der  Prüfung  der  Messwerte  des  Schiller-EKGs und  der  Pulsuhr  sind  die  Ergebnisse  der  Vergleichsmessung  mit dem  Getemed-EKG  in  Tab.  2  zusammengefasst.  Im  Gegensatz  zu den    Vergleichen    des    Getemed-EKG    vs.    Schiller-EKG    (LoA=13,97    ms)und    des    Schiller-EKG    vs.    Pulsuhr    (LoA=13,73    ms)    zeigt    die    Gegenüberstellung    des    Getemed-EKG    vs.    Pulsuhr    ein    LoA    von    3,54    ms.
Bei der Prüfung der Messwerte auf der Grundlage der Datenbasis des Schiller-EKG konnte nachgewiesen werden, dass für alle exportierten RR-Intervalle des Schiller-EKG gilt: RR-Intervall modulo 8 = 0. Bei simulierter Abtastfrequenz von 125 Hz der Pulsuhr stimmen beim Vergleich mit dem Schiller-EKG 71,2% der RR-Intervalle überein. Weitere 25,7% der RR-Intervalle zeigen eine Abweichung von ± 8 ms. Die verbleibenden 3,1% sind sehr wahrscheinlich Typ-eins- bis Typ-drei-Artefakte nach Marchant-Forde (13).

DISKUSSION

Als Voraussetzung für die Analyse der HRV-Kennwerte ergab die Prüfung    der    RR-Intervalle    ein    annehmbares    LoA    im    Sinne    einergeringen Messwertabweichung. Die Form der Punktwolke beim Vergleich  der  RR-Intervalle  weist  bei  hohen  Messwerten  eine geringere Dispersion der Messwertabweichungen auf. Aufgrund dessen ist eine größere Übereinstimmung der Messsysteme während der Ruhephasen gegeben. Eventuell bilden sich bewegungsbedingte Artefakte während der Kommissioniertätigkeit ab.
Der  Vergleich  der  Messsysteme  bei  der  Kommissioniertätigkeit    zeigt    über    die    HRV-Kennwerte    MeanRR,    SD,    LF-Power    und    SD2eine geringe Messwertabweichung bezogen auf den Mittelwert des Messwertpaares. Demnach können die Mess systeme Schiller-EKG und  Pulsuhr  bezüglich  der  Qualität  des  Messergebnisses  dieser HRV-Kennwerte als vergleichbar angesehen werden.
Auffällig  und  deutlich  ausgeprägter  werden  Abweichungen bei den Parametern sichtbar, welche kurzfristige Schwankungen in der Dynamik des RR-Tachogramms (RMSSD, HF-Power, SD1) beschreiben.  Diese  führen  bei  kleinen  Messwerten  zu  nicht  akzeptablen Unterschieden.
Entgegen der Annnahme, dass bei einer eingestellten Abtastrate von 1 kHz das RR-Ereignis mindestens auf 1ms genau zu bestimmen ist, war bei den exportierten Daten des Schiller-EKGs eine zeitliche Auflösung  von  8  ms  gegeben.  Der  Vergleich  mit  einer  simulierten Aufnahmefrequenz der Pulsuhr von 125 Hz ergab, dass bei ca. 71% aller Messwertpaare Übereinstimmungen vorlagen. Die Abweichung der Messwertpaare bei 25,7% um ± 8 ms ist auf die Messungenauigkeit der Systeme zurückzuführen und widerspiegelt die ausgeprägte Diskrepanz in den Kennwerten, die die schnelle Fluktuation des RRSignals beschreiben. Aufgrund der Filterung von Typ-vier- und Typfünf-Artefakten  können  die  verbleibenden  3,1%  der  RR-Intervalle Typ-eins-  bis  Typ-drei-Artefakte  nach  Marchant-Forde  (13)  zugeordnet werden. Insgesamt verursachen extreme Schwankungen als Folge einer geringeren zeitlichen Auflösung einen größeren Einfluss auf die Parameter RMSSD, HF-Power und SD1.
Der  Vergleich  der  Messsysteme  bei  der  FE  verdeutlicht  eine hohe  Messwertabweichung  des  Schiller-EKGs  zur  Pulsuhr  und zum  Getemed-EKG.  Im  Gegensatz  dazu  weisen  die  Pulsuhr  und das  Getemed-EKG  eine  geringere  Messwertabweichung  auf.  Das Ergebnis beschreibt eine höhere Genauigkeit der exportierten RRIntervalle der Pulsuhr im Vergleich zum Schiller-EKG.
Ausgehend von hinreichend genauen RR-Intervallen der Pulsuhr  sind  die  Messwertabweichungen  der  HRV-Kennwerte,  die insbesondere  die  schnellen  Fluktuationen  der  RR-Intervalle  beschreiben, vor allem dem Schiller-EKG zuzuschreiben. Aus diesem Grund  kann  zur  Beurteilung  dieser  HRV-Kennwerte  der  Einsatz der Pulsuhr gegenüber dem Schiller-EKG präferiert werden.

SCHLUSSFOLGERUNGEN

Ziel  der  Studie  war  der  Vergleich  der  Pulsuhr  mit  dem  SchillerEKG  zur  Beurteilung  der  Qualität  der  erfassten  RR-Intervalle  für nachfolgende  HRV-Analysen.  Die  Ergebnisse  verdeutlichen  ein geringes    LoA    der    Parameter    MeanRR,    SD,    LF-Power    und    SD2.    Fürdiese  HRV-Kennwerte  liefern  die  Messsysteme  ein  vergleichbares Ergebnis. Die HRV-Kennwerte, die die kurzfristigen Änderungen in der Dynamik des RR-Tachogramms beschreiben, zeigen hingegen eine deutliche Abweichung. Diese ist zurückzuführen auf eine Auflösung der exportierten RR-Intervalle des Schiller-EKGs von 8 ms, obwohl die 1-kHz-Option vorgegeben war.
Die  zusätzliche  Prüfung  der  Messwertabweichung  der  RRIntervalle der beiden Messsysteme mit dem Getemed-EKG ergab, dass die Pulsuhr präzisere RR-Intervalle liefert als das Schiller-EKG. Sollen bei einer HRV-Analyse Kennwerte interpretiert werden, welche die kurzfristigen Änderungen des Signals beschreiben, ist aufgrund  der  Ergebnisse  dieser  Studie  der  Einsatz  der  Pulsuhr  dem Schiller-EKG  vorzuziehen.  Da  sich  die  gezeigten  Messwertabweichungen dieser Parameter vor allem auf geringe Ausprägungen der Kennwerte auswirken, bleibt nachfolgend zu prüfen, ob und bis zu welchem Beanspruchungsgrad der Probanden eine zeitliche Auflösung von 8 ms zu adäquaten Befunden führt.

Angaben zu finanziellen Interessen und Beziehungen, wie Patente, Honorare oder Unterstützung durch Firmen: Keine.

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Korrespondenzadresse:
PD Dr. phil. habil Lutz Schega
Bereich Arbeitsmedizin, Medizinische Fakultät
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
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