Diastolische Funktion bei Athleten
ORIGINALIA
"3000 SCHRITTE MEHR AM TAG" VS. GEFÜHRTE SPAZIERGÄNGE

Vergleich der gesundheitlichen Auswirkungen von "3000 Schritte mehr am Tag" vs. geführte Spaziergänge

Health Benefit of "3000 Steps more per Day" versus Structured Walks

ZUSAMMENFASSUNG

Problemstellung:  Der  gesundheitliche  Nutzen  von  strukturierten,  trainingsgesteuerten Bewegungsprogrammen wurde vielfach nachgewiesen. Hingegen ist die gesundheitliche  Bedeutung  von  Alltagsaktivitäten  mit  flexiblen  und  unstrukturierten Aktivitäten nur wenig erforscht. Ziel dieser Studie war es daher, die gesundheitlichen Effekte einer flexiblen Gehintervention mit jenen einer strukturierten Gehintervention  von  identischem  Aktivitätsvolumen  zu  vergleichen.Methoden: Mit Hilfe eines Cross-Over-Designs wurden zwei 15-wöchige Gehinterventionen (strukturiert vs. flexibel) vergleichend untersucht. Hierzu wurden 29 bisher inaktive Probanden (16 Frauen) mit einer täglichen Baselineaktivität von 6931±2709 Schritten im Alter von 57,0±7,2 Jahren in zwei Gruppen eingeteilt. Die strukturierte Trainingsintervention umfasste zwei geführte 10.000 Schritte-Spaziergänge pro Woche. In der flexiblen Intervention beinhaltete die Aufgabe jeden Tag 3000 Schritte mehr im Vergleich zur Baseline zu gehen. Zwischen den Interventionen wurde eine zweiwöchige Trainingspause eingehalten. Zur Interventionskontrolle wurde über den Interventionszeitraum die Anzahl der Schritte mit Hilfe eines Pedometers kontrolliert. Vor und nach der ersten sowie nach der zweiten Intervention wurde Körpergewicht (BMI) und die walkingspezifische Fitness mit einem 2-km-Walkingtest erhoben. Ergebnisse: Beide Interventionen führten zu einer Reduktion des BMI (p<0,01) und zu einem Anstieg der walkingspezifischen Fitness (p<0,01) während der ersten 15 Wochen. Nach der zweiten Intervention konnten keine  weiteren  Veränderungen  beobachtet  werden.  Diskussion:  Die  Ergebnisse zeigen, dass strukturierte und flexible Gehinterventionen bei bisher inaktiven Erwachsenen zu ersten gesundheitlichen Anpassungen, aber zu keinen weiterführenden Leistungssteigerungen führen. Es konnten keine Unterschiede zwischen den Gehinterventionen mit gleichem Aktivitätsvolumen festgestellt werden.

Schlüsselwörter: Gehen, Belastungssteuerung, Pedometer, körperliche Aktivität, Cross-Over-Design.

SUMMARY

Background: The health benefit of structured exercise programs is evidenced by many studies. Yet, the health impact of lifestyle-oriented interventions including flexible  and  unstructured  activities  has  only  been  addressed  by  a  few  studies. Therefore, the aim of this study was to analyze the health effects of flexible compared to structured walking intervention with equal weekly activity volume. Methods: Two 15-week walking programs (structured vs. flexible) were compared in a cross-over-design. 29 sedentary subjects (16 women) aged 57.0±7.2 years with a baseline activity of 6931±2709 steps were assigned to two groups. The structured program included two monitored 10,000-step walks per week while the flexible program  imposed  an  additional  3000  steps  per  day  compared  to  each  subject’s baseline activity. The first intervention was followed by a 2-week training break. The number of steps was monitored by a pedometer during the whole intervention.  Body  weight  (BMI)  and  walking-related  fitness  was  assessed  with  a  2-km walking test at the beginning and after each intervention. Results: Both programs led  to  a  decrease  in  BMI  (p<0.01),  and  an  increase  in  walking-related  fitness (p<0.01) during the first 15 weeks. No further changes were found during the second intervention phase. Conclusion: The findings indicate that both structured and flexible walking interventions lead to initial adaptations but cannot achieve further  improvements  in  previously  sedentary  participants.  The  results  suggest that there is no difference between walking interventions with equal amounts of physical activity.

Key Words: Walking, load management, pedometer, physical activity, cross-over design.

EINLEITUNG

Der gesundheitliche Nutzen von strukturierten, trainingsgesteuerten Bewegungsprogrammen mit klarer Definition des Belastungsreizes von Dauer, Intensität, Umfang und Häufigkeit wurde vielfach nachgewiesen  (19).  Basierend  auf  diesen  Erkenntnissen  wurden internationale  Aktivitätsempfehlungen  etabliert,  die  30  Minuten gesundheitsförderlicher  Aktivität  an  mindestens  fünf  Tagen  der Woche  in  der  Gesundheitsförderung  fordern  (9).  Diese  Minimalempfehlung zur gesundheitsförderlichen Aktivität impliziert moderate Intensität und eine Mindestdauer von 10 Minuten (9), und gilt hinsichtlich ihres gesundheitlichen Nutzens als unbestritten (19). Neueste Erkenntnisse belegen, dass nicht nur die gesundheitsförderliche Aktivität, sondern auch die Basisaktivität eine ernstzunehmende, gesundheitliche Relevanz hat (8, 24, 28). Diese Basisaktivität beinhaltet kurzfristige, spontane körperliche Aktivität mit leichter, moderater oder hoher Intensität sowie eine Dauer von <10 Minuten (9). In diesem Zusammenhang kommt der Alltagsaktivität und ihrer Förderung, die sowohl gesundheitsförderliche Aktivität als auch Basisaktivität enthält, eine besondere Bedeutung zu.

Eine den Alltag prägende Aktivitätsform ist das Gehen. Zahlreiche  Bewegungsinterventionen,  die  bewegungsinaktive  Menschen zu  vermehrter  körperlicher  Aktivität  motivieren  möchten,  haben eine Erhöhung des Gehverhaltens zum Ziel (21, 29). In diesem Zuge war es Ziel zahlreicher Untersuchungen, nachzuprüfen, inwiefern sich  Gesundheitseffekte  bei  kurzen  Geheinheiten  (3x10Minuten) im  Vergleich  zu  langen  Geheinheiten  (1x30Minuten)  mit  moderater  Intensität  verhalten.  Konträre  Ergebnisse  hinsichtlich  der Gesundheitseffekte wurden erzielt (7, 13, 17). Weitestgehend unerforscht bleiben Basisaktivitäten unterschiedlichster Intensitäten, die eine Dauer von <10 Minuten aufweisen (14, 20).
Die Bewegungskampagne „3000 Schritte mehr am Tag“ des deutschen  Bundesministeriums  für  Gesundheit  propagiert  seit 2005 das flexible Gehen in all seinen Facetten (z.B. kurze und lange Gehabschnitte, schnelle und langsame Schritte) und integriert dabei sowohl gesundheitsförderliche Aktivität als auch Basisaktivität.  Erste  positive  Effekte  auf  die  Ausdauerleistungsfähigkeit und die subjektive Lebensqualität konnten für diese flexible Intervention ohne konkrete Belastungsvorgaben in einer vorausgegangenen Studie nachgewiesen werden (26). Unklar ist allerdings, ob diese Effekte mit den Gesundheitseffekten einer strukturierten Gehintervention, die ausschließlich gesundheitsförderliche Aktivität beinhaltet, vergleichbar sind.
Daher  war  das  Ziel  dieser  Studie,  gesundheitliche  Effekte einer flexiblen Intervention (3000 Schritte mehr am Tag) mit jenen einer strukturierten Gehintervention (zwei lange geführte Spaziergänge pro Woche) von identischem Aktivitätsvolumen zu vergleichen.

MATERIAL UND METHODEN

Studiendesign
Mit  Hilfe  eines  Cross-Over-Designs  wurden  die  Interventionsformen „3000 Schritte mehr am Tag“ ( flexibel) und zweimal wöchentlich geführte 90-minütige Spaziergänge (ca. 10.000 Schritte, strukturiert) auf ihre gesundheitlichen Effekte hin untersucht.

Stichprobe
Durch die Bewerbung der Interventionsstudie in der lokalen Presse gingen 554 Interessentenmeldungen per E-Mail ein. Um sportlich inaktive und gesunde Versuchspersonen zu selektieren, wurden  die  Interessenten  gebeten,  einen  Aktivitätsfragebogen  zur sportlichen und körperlichen Alltagsaktivität sowie einen Screeningbogen  (Physical  Activity  Readiness  Questionnaire  –  PAR-Q (23)) zu beantworten. Einschlusskriterien für die Studienteilnahme waren: 1) Alter zwischen 35 und 69 Jahre, 2) kein Sporttreiben, 3) Body Maß Index (BMI) <35kg/m2 und 4) die Bereitschaft, über den Interventionszeitraum nur Bewegung durch „zu Fuß-Aktivitäten“  aufzusummieren.  Ausschlusskriterien  wurden  durch  den PAR-Q bestimmt. Aus den 213 eingegangenen Bögen wurden 40 Personen  ausgewählt,  von  denen  sich  34  Personen  zur  Studienteilnahme  bereiterklärten.  Fünf  Studienteilnehmer  brachen  die Intervention aufgrund von Zeitmangel (n=1), Verletzung (n=1), Motivationsproblemen  (n=1)  oder  keiner  Angabe  (n= 2)  ab.  Im endgültigen Studienkollektiv waren somit 29 Probanden (16 Frauen/13 Männer) im Alter von 57,0±7,2 Jahren.

Untersuchungsgang
In der Testwoche T0 erfolgte die Erfassung der Baselineaktivität anhand der täglich zurückgelegten Schritte mit dem Pedometer HJ-720IT-E  über  den  Zeitraum  von  sieben  Tagen.  Basierend  auf der  „Baselinegehaktivität“  wurden  die  Probanden  zufällig  unter Beachtung  gleichmäßiger  Geschlechterverteilung  in  die  Interventionsgruppen  A  und  B  eingeteilt.  In  zwei  Fällen  musste  der dringende  persönliche  Gruppenwunsch  der  Probanden/innen zur Gewährleistung der Partizipation in der Studie berücksichtigt werden.  Nach  der  Eingangsdiagnostik  T1 folgte  die  15-wöchige erste Interventionsphase, die mit T2 abschloss. Nach zweiwöchiger Interventionspause folgte die zweite 15-wöchige Interventionsphase und endete mit T3 (s. Abb. 1).
Die  Aktivitätsparameter  während  T0 und  der  Intervention waren die Anzahl der Gesamtschritte, aerobe Schritte sowie aerobe Minuten. Zur „blinden Datenerhebung“ während T0 wurde das individuell eingestellte Pedometer (Schrittlänge, Körpergewicht) versiegelt  (3).  Während  der  Interventionsphasen  diente  das  Pedometer zur Aktivitätskontrolle der Probanden. Alle vier Wochen erfolgte eine Datensicherung der Aktivitätsparameter durch das elektronische Auslesen des Pedometerspeichers. Zusätzlich führten die Probanden ein Schritttagebuch.
Während  T1,T2 und T3 folgte  die  Diagnostik  der  anthropometrischen und walkingspezifischen Leistungsfähigkeitsparameter. Körpergröße (normierte Messlatte an der Wand) und Körpergewicht  (Körperanalysewaage  BF  500,  OMRON  Medizintechnik, Mannheim)  wurden  barfuß  und  mit  leichter  Oberbekleidung gemessen.  Die  benötigte  Gehzeit  währen  des  2km-UKK-Walking-Tests  (15)  sowie  die  Belastungsherzfrequenz  (Pulsmesser Polar M31) wurde einen Tag später erfasst. Aus Walkingzeit, Belastungsherzfrequenz sowie Alter, Geschlecht und BMI der Probanden wurden mit Hilfe verschiedener Koeffizienten der Fitness Index (FI) sowie die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) berechnet (15). Ein FI zwischen 90 und 110 gilt als durchschnittlich, ein  Wert  darunter  als  unterdurchschnittlich  und  oberhalb  als überdurchschnittlich (15).
Die Interventionsphase I startete im Februar 2008. Gruppe A begann mit der strukturierten Intervention von zwei Spaziergängen pro Woche mit 10.000 Schritten und gleichbleibendem, individuellen Baselineaktivitätsniveau während der restlichen fünf Tage. Gruppe  B  absolvierte  im  Vergleich  zur  Baselineaktivität  „3000 Schritte  mehr  am  Tag“.  Die  Interventionsart  wurde  nach  dem Cross-Over Prinzip vor der Interventionsphase II getauscht. Der Studienablauf  richtete  sich  nach  den  Empfehlungen  der  Ethikkommision der Deutschen Sporthochschule Köln.

Messapparatur
Der  HJ-720IT-E  (OMRON  Medizintechnik,  Mannheim)  ist 47x73x16mm  groß  und  wiegt  37g.  Die  zwei  integrierten  piezoelektrischen  Sensoren  nutzen  eine  Mehrplatzmethode,  so dass  eine  waagerechte  oder  senkrechte  Position  des  Pedometers  am  Hosenbund  oder  in  der  Hosentasche  möglich  ist.  Der vom  Hersteller  benannte  Modus  „aerob“  erlaubt  eine  Aussage über  gesundheitsförderliche  Aktivitätsumfänge,  die  10  Minuten und länger umfassen. Schritte werden als „aerob“ gezählt, wenn durchgehend mindestens 60 Schritte pro Minute über einen Zeitraum  von  mindestens  10  Minuten  absolviert  werden.  „Aerobe Minuten“ beschreiben die verbrachte Dauer, in der die „aeroben Schritte“ zurückgelegt werden. Der HJ-720IT-E verfügt über eine USB-Schnittstelle, mit deren Hilfe der 41-Tage Speicher stundengenau für jeden Tag elektronisch ausgelesen werden kann.

Statistik
Die statistische Auswertung erfolgte mit Hilfe des Datenverarbeitungsprogramms PASW© (Version 18). Der Vergleich der Aktivitätsparameter der beiden Interventionsgruppen wurde mit dem t-Test für unabhängige Stichproben berechnet. Die Interaktionseffekte von Gruppe (A vs. B) und Zeit (T1,T2,T3) wurden mit Hilfe der mehrfaktoriellen Varianzanlayse berechnet. Bei signifikantem Haupteffekt wurde der Post-Hoc Test nach Newman-Keuls angewendet. Für die Varianzanalysen wurde die Effektstärke über das partielle Eta-Quadrat (η2) angegeben. Das Signifikanzniveau wurde bei p<0,05 angesetzt.

ERGEBNISSE

Aktivitätsverhalten innerhalb der Testwoche und Intervention
Zwischen  den  eingeteilten  Interventionsgruppen  A  und  B  lagen bezüglich  der  Pedometerdaten  während  der  Testwoche  und  den Interventionsphasen  keine  statistischen  Unterschiede  vor  (s.  Tab. 1).  In  Interventionsphase  I  verfehlte  Gruppe  A  die  Zielvorgabe  um durchschnittlich 215 Schritte, Gruppe B um 418 Schritte gegenüber dem Interventionsziel „3000 Schritte mehr“. Innerhalb der Interventionsphase II verfehlte Gruppe A um 410 Schritte ihr Ziel, Gruppe B übertraf die Zielvorgabe mit 77 Schritten pro Tag (s. Tab. 2).

Interventionseffekte – Körpergewicht / Body Mass Index (BMI)
Gruppe A reduzierte ihr Körpergewicht während der Interventionsphase I um 2,0kg (2,5%; p<0,05) und Gruppe B um 1,5kg (1,7%; p<0,05). Der BMI reduzierte sich für Gruppe A um 0,9kg/m2(3,2%; p<0,01)  und  für  Gruppe B  um 0,4kg/m2 (1,4%;  p<0,01).  Zwischen den Testzeitpunkten T2 zu T3 konnte keine relevante Veränderung beobachtet  werden.  Gruppenunterschiede  waren  nicht  signifikant (s. Tab. 3).

Interventionseffekte – walkingspezifische Leistungsfähigkeit
Die Testzeit für den 2km Walking Test verringerte sich von T1 zu T2 für  die  Gruppe  A  um  37  Sekunden  (3,3%;  p<0,01)  und  für  die Gruppe  B  um  51  Sekunden  (4,4%;  p<0,01).  Von  T2 zu T3 wurden keine  Veränderungen  beobachtet.  Für  den  FI  ließ  sich  Analoges dokumentieren.  Die  errechnete  VO2max  änderte  sich  während des Interventionszeitraumes nicht (p=0,15; η2=0,14). Signifikante Gruppenunterschiede waren für alle walkingspezifischen Parameter nicht zu erkennen (s. Tab. 3).

DISKUSSION

Compliance der Interventionsaufgabe
Nach der Aktivitätseinteilung von Tudor-Locke et al. (25) war das Untersuchungskollektiv während der Baselineerhebung als „wenig aktiv“  einzustufen.  Gemessen  an  anderen  Pedometerstudien  für inaktive Kollektive lag die Baselineaktivität der Probanden in der vorliegenden  Studie  im  oberen  Randbereich  (4, 21).  Während  der Intervention war das Aktivitätsvolumen beider Gruppen identisch, so  dass  die  Rahmenbedingungen  für  eine  vergleichende  Analyse vorhanden waren. Die Interventionscompliance von deutlich über 95%  in  beiden  Interventionsphasen  ist  als  sehr  hoch  einzustufen und damit höher im Vergleich zu anderen Studienergebnissen mit 83% (4), 90% (13) und 91% (7). Die hohe Compliance der Versuchspersonen kann durch die engmaschige Kontrolle der Gehaktivität aufgrund des unmittelbaren Feedbacks der Gehaktivität über das Pedometer erklärt werden.

Interventionseffekte – Körpergewicht
Die  Reduktion  des  Körpergewichts  (2,5%/1,7%)  und  BMI (3,2%/1,4%) der Gruppen A und B während der ersten Interventionsphase liegt etwas höher im Vergleich zu anderen Studienergebnissen, bei denen die Veränderungen zwischen 1,6%- 1,9% variieren (12, 18, 22). Ob vermehrte körperliche Aktivität in strukturierter oder flexibler Form erfolgen sollte, ist den Ergebnissen der Phase I  zufolge  unbedeutend.  Im  Gegensatz  dazu  stehen  die  Ergebnissen von Jakicic et al. (11) und Donnelley et al. (7), die eine höhere Gewichtsreduktion für die Gruppen mit zusammenhängenden Bewegungseinheiten  im  Gegensatz  zu  Interventionsgruppen  mit kurzen,  häufigen  Einheiten  feststellten.  Diese  gegenläufigen  Ergebnisse  könnten  durch  die  fehlende  Belastungssteuerung  in  der vorliegenden flexiblen Intervention begründet werden. Es lässt sich nicht ausschließen, dass ein Teil der Probanden in der flexiblen Intervention  dennoch  beispielsweise  30-minütige  Spaziergänge  absolviert hat. Somit wäre der anvisierte Unterschied zwischen den beiden vorliegenden Interventionsformen nur bedingt vorhanden und könnte die ähnlichen Körpergewichtsveränderungen erklären.
Aufgrund der ausgebliebenen weiteren Körpergewichtsreduktion  in  der  Interventionsphase  II  wird  vermutet,  dass  innerhalb der zweiten 15 Interventionswochen der Reiz von wöchentlichen 20.000- 21.000 Schritten mehr gegenüber der Baseline zu gering war und  nur  zu  einem  Erhalt  des  Status  Quo  ausreichte.  Eine  mögliche Erklärung hierfür kann die Empfehlung des American College of Sports Medicine (6) sein, die für einen weiteren Gewichtsverlust eine tägliche moderate Aktivität von ca. 60 Minuten (200- 300 Minuten/Woche)  rät.  Diese  Empfehlung  wurde  in  der  vorliegenden Studie mit 180- 210 Minuten moderater Intensität pro Woche nur sehr knapp erreicht.

Interventionseffekte – walkingspezifische Leistungsfähigkeit
Beide Interventionsgruppen erzielten zwar signifikante Verbesserungen in der walkingspezifischen Fitness (Gehzeit und FI), allerdings mit geringer Effektstärke. Die errechnete VO2max hingegen erfuhr  keine  signifikante  Steigerung  (p=0,15)  über  den  Gesamtzeitraum.  Somit  ist  davon  auszugehen,  dass  der  geringe  Effekt durch eine Ökonomisierung des Stoffwechsels und des Herzkreislaufsystems  auf  submaximalem  Niveau  stattgefunden  hat.  Der stärkere Zuwachs innerhalb der Gruppe B während der Interventionsphase  I  ist  vermutlich  aufgrund  des  anfänglich  niedrigeren Leistungsniveaus  zu  erklären,  welches  als  unterdurchschnittlich einzuordnen  ist.  Demzufolge  waren  die  Anpassungsreserven  der Gruppe B höher.
Die  nicht  vorhandenen  Gruppenunterschiede  zwischen  den Interventionsformen  bezüglich  der  Ausdauerleistungsfähigkeit stimmen  mit  zahlreichen  Untersuchungen  zum  Vergleich  von kontinuierlicher  Aktivität  und  intermittierender  Aktivität  überein (2, 5, 7, 17, 30). Allerdings konnten Murphy et al. (13) in einer Gruppe mit mehreren kleinen Trainingseinheiten pro Tag (3x10 Minuten, 5x/Woche) im Gegensatz zu einer Gruppe mit einer langen Trainingseinheit (1x30 Minuten, 5x/Woche) eine signifikante Verbesserung der relativen VO2max nach 6-wöchiger Interventionsphase feststellen (12,5% vs. 3,7%). Demgegenüber stellte die Arbeitsgruppe um Jakicic (11) nach den ersten sechs Interventionsmonaten eine signifikante Leistungsverbesserung einer Gruppe  mit  langen  Trainingseinheiten  im  Vergleich  zu  einer  Gruppe mit  mehreren  kurzen  Trainingseinheiten  fest.  Insgesamt  liegen inkonsistente Studienergebnisse vor.
Ausbleibende Verbesserungen im Laufe der Phase II im Bereich  der  walkingspezifischen  Leistungsfähigkeit  lassen  wiederum  vermuten,  dass  die  Anpassungsprozesse  für  den  gegebenen Reiz  des  einfachen  Gehens  nach  den  ersten  15  Wochen,  unabhängig  von  der  wöchentlichen  Belastungsverteilung,  erschöpft waren.  Allerdings  konnte  das  erreichte  Niveau  mit  der  weitergeführten  Gehaktivität  erhalten  werden.  Die  Stabilisierung  der Leistungssteigerung stimmt mit den Ergebnissen anderer Studien (11, 22) überein, während sich in der Studie von Coleman et al. (5) die  Teilnehmer  in  den  zweiten  16  Interventionswochen  weiterhin  tendenziell  (p=0,06)  verbesserten.  Eine  Begründung  für  die fortlaufende Leistungssteigerung in der Studie von Coleman et al. (5) könnte in der unpräzisen Angabe der Belastungsintensität mit >3 MET (Metabolisches Äquivalent) liegen, die unter Umständen höher lag als in der vorliegenden Studie.
Ein Novum dieser Studie ist, dass über einen Zeitraum von 30 Wochen, stundengenau die Gehaktivität der Probanden dokumentiert  wurde,  und  somit  die  Interventionseffekte  auf  die  tatsächlich durchgeführte Aktivität zurückgeführt werden konnten. Hierzu wurde ein valides und reliables Pedometer benutzt (10). Limitationen zeigen sich innerhalb des Untersuchungsganges in der nicht-randomisierten Gruppenzuteilung, die dringende persönliche  Anliegen  von  zwei  Teilnehmern  berücksichtigte  sowie in  der  fehlenden  Ernährungskontrolle,  welche  in  zukünftigen Studien ergänzt werden sollte. Bezüglich des Studiendesigns ist die  kurze  Trainingspause  von  nur  zwei  Wochen  zu  kritisieren, wenngleich die Wahl der Dauer dieser Phase mit anderen Studiendesigns, bei denen die Dauer zwischen 10 Tagen und 2 Wochen variierte, konform geht (1, 13). Dennoch sind Überhangeffekte der ersten  Phase  nicht  auszuschließen.  Diese  sollten  durch  gezielte Erhebungen  am  Ende  von  Phase  I  und  zu  Beginn  von  Phase  II erfasst  werden.  Grenzen  wirft  zusätzlich  die  gewählte  Diagnostik  der  walkingspezifischen  Leistungsfähigkeit  auf,  trotz  einer nachgewiesenen  Validität  von  r =0,69–0,84  (16).  Dies  vor  allem vor dem Hintergrund, dass nicht widerspruchslose Veränderungen  in  der  Ausdauerleistungsfähigkeit  nachgewiesen  wurden. Hier  wäre  eine  Spiroergometrie  unter  Laborbedingungen  von Vorteil gewesen.
Schwierig  hinsichtlich  der  Methodik  gestaltet  sich  der  Vergleich von strukturierter und flexibler Aktivität, vor allem aufgrund der  unpräzisen  Beschreibung  der  Interventionsaufgabe  „3000 Schritte  mehr  am  Tag“  im  Hinblick  auf  die  Trainingssteuerung. So könnten möglicherweise vielfältige, kurze Aktivitätseinheiten (Basisaktivität), aber auch Gehaktivitäten „en bloc“ (gesundheitsförderliche  Aktivität)  zur  Realisation  der  Interventionsaufgabe genutzt  worden  sein.  Demzufolge  gelingt  mit  der  vorliegenden Studie nur eine unzureichende Aussage zum gesundheitlichen Effekt der Basisaktivität, da auch in der Interventionsgruppe „3000 Schritte  mehr  am  Tag“  vornehmlich  die  gesundheitsförderliche Aktivität (aerobe Schritte) zugenommen hat.
Zusammenfassend  kann  festgehalten  werden,  dass  bei  bisher  inaktiven  Personen  das  vermehrte  Gehen  innerhalb  von  15 Wochen  zu  ersten  Körpergewichtsreduktionen  und  Fitnessverbesserungen  führte.  Dabei  hatte  die  Steigerung  des  Gesamtvolumens  einen  entscheidenden  Einfluss.  Strukturierte  sowie  flexible Gehinterventionen zeigten vergleichbare Resultate. In der zweiten Interventionsphase  zeigte  sich  eine  Stabilisierung  der  Interventionseffekte, jedoch folgten keine weiteren Anpassungen. Demnach eignet sich das Gehen als erste Maßnahme, um gesundheitsförderliche  Anpassungserscheinungen  auszulösen,  allerdings  scheinen für weitere Verbesserungen höhere Intensitäten oder höhere Umfänge notwendig zu sein. In diesem Zusammenhang zeigt sich ein zukünftiger Bedarf nach Interventionsstudien, die einer klaren Abgrenzung der Basisaktivität gegenüber der gesundheitsförderlichen Aktivität nachkommen. Dieses kann vor allem durch höherwertige Aktivitätssensoren wie z.B. Akzelerometer, erfolgen, die die Aktivität minutengenau wiedergeben und Informationen zur Intensität bereitstellen (27).

Angaben zu finanziellen Interessen und Beziehungen, wie Patente, Honorare oder Unterstützung durch Firmen: Keine.

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Korrespondenzadresse:
Dr. Birgit Wallmann
Zentrum für Gesundheit
der Deutschen Sporthochschule Köln
Am Sportpark Müngersdorf 6
50933 Köln
E-Mail: wallmann@dshs-koeln.de