Sportmedizinische Betreuung bei Olympia – eine interdisziplinäre Herausforderung
Sports Medical Care at the Olympics – an Interdisciplinary Challenge
Die Olympischen Sommerspiele haben seit jeher einen besonderen Reiz. Obwohl die Kommerzialisierung in den vergangenen Jahrzehnten deutlich fortgeschritten ist, so haben die Spiele selbst ihren besonderen Charakter behalten. Bei keiner anderen Veranstaltung werden sportliche Höchstleistungen in so vielen unterschiedlichen Sportarten gleichzeitig erbracht. Bei keiner anderen Veranstaltung treffen sich so viele SportlerInnen aus nahezu allen Ländern dieser Welt um in den gemeinsamen Wettstreit zu treten. Sportmedizinische Betreuung stellt bei diesem Großereignis Herausforderung und Chance dar. Der Aspekt die AthletInnen der eigenen Mannschaft medizinisch optimal zu versorgen steht für die betreuenden Sportmediziner im Vordergrund. Hier sind die gesamte Bandbreite und die unterschiedlichen Facetten dieses interdisziplinären Fachgebiets gefragt. Zusätzlich bieten die Olympischen Spiele dem „kleinen“ Fach der Sportmedizin eine gute Plattform internationale Kontakte zu knüpfen und zu pflegen.
Das Betreuungskonzept des Deutschen Olympischen Sportbundes umfasst eine umfängliche Versorgung der AthletInnen der einzelnen Sportarten, die in der Regel durch die langjährigen Verbandsärzte der entsprechenden Sportverbände abgedeckt wird. Während der Olympischen Spiele ist der betreuende Sportmediziner häufig in "hausärztlicher Funktion" tätig. Die verantwortlichen Mediziner sind nicht nur für die medizinische Versorgung von Hochleistungssportlern zuständig, sondern decken mit einer ärztlichen Grundversorgung auch ein breites Spektrum an weiteren Personen (Trainer, Funktionäre, Gäste) ab. Aus Sicht der Fachrichtungen ist eine internistische und orthopädische Basisversorgung im Umgang mit den Sportlern genauso wichtig, wie die Koordination zwischen den klinischen Spezialdisziplinen, die vor Ort zur Behandlung der unterschiedlichsten Krankheitsbildern bei Athleten sowie Betreuern notwendig sind.
Dies reflektiert die Anforderungen an die moderne Sportmedizin in der Praxis. Bei der Betreuung im Hochleistungssport wird dem Sportmediziner eine verantwortungsvolle Aufgabe zu teil. Neben der präventiven Gesundheitsuntersuchung und Leistungsdiagnostik ist die interdisziplinäre Kompetenz des Sportmediziners in besonderem Maß gefragt. Bei Hochleistungssportlern steht die Gesundheitserhaltung im Vordergrund, da der intakte Körper Grundvoraussetzung für Höchstleistungen jeglicher Art ist. Für Normalpersonen zum Teil banal erscheinende Erkrankungen können beim Leistungssportler zu erheblichen Leistungseinschränkungen in Training und Wettkampf führen. Der betreuende Arzt muss daher entsprechende Probleme frühzeitig erkennen und lösen. Neben den klassischen, in der Sportmedizin vertretenen Fachrichtungen, wie Allgemeinmedizin, Innere Medizin und Orthopädie muss hierzu die gesamte Bandbreite der Medizin konsiliarisch einbezogen werden. Kontakte zu klinischen Fächern wie z.B. der Gynäkologie, der Neurologie oder der HNO-Medizin müssen genutzt werden, um den unterschiedlichen medizinischen Anforderungen und Bedürfnissen der AthletInnen optimal gerecht zu werden. Es ist von immenser Bedeutung, dass auf der einen Seite mit möglichst hoher Fachkompetenz gearbeitet wird, auf der anderen Seite aber die unterschiedlichen Untersuchungsbefunde beim betreuenden Sportmediziner zusammenlaufen, damit diese fachkompetent unter besonderer Berücksichtigung des Sports bewertet und zum gesundheitlichen Wohl der betreuten AthletInnen sinnvoll umgesetzt werden können. Dies ist insbesondere unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich sehr komplexen Vorgaben im Anti-Doping-Bereich von großer Bedeutung. Hier ist ein hohes Maß an Fachkenntnis notwendig, um unter strenger Berücksichtigung der bestehenden AntiDoping-Regularien eine optimale medizinische Behandlung der AthletInnen zu gewährleisten.
Die Betreuung von Leistungssportlern ist allerdings nur ein Teilaspekt der Sportmedizin. Eine wichtige Aufgabe liegt zudem in der Prävention und Rehabilitation verschiedenster Krankheiten. Hier spiegelt sich ebenfalls der interdisziplinäre Charakter des Fachgebiets wider. In der Prävention gibt es klare Evidenzen zur Bedeutung von körperlicher Aktivität bei zahlreichen Erkrankungen wie Adipositas, Diabetes mellitus und arterieller Hypertonie. Neben den etablierten Koronarsportgruppen werden zwischenzeitlich Sporttherapien für Lungen- und Osteoporosepatienten sowie für Krebspatienten angeboten. Zusätzlich sind die klassischen Zivilisationskrankheiten des Bewegungsapparates in den Fokus präventiv-medizinischer Anstrengungen gerückt. In diesen klinisch orientierten Teilgebieten der Sportmedizin steht die disziplinübergreifende ärztliche Tätigkeit ebenfalls im Vordergrund. Ebenso muss hier, wie bei der Versorgung der Leistungssportler, die Kommunikation zwischen verschiedenen Teildisziplinen zum Wohle der Patienten umgesetzt werden.
Die Aufgaben der Sportmedizin bei den Olympischen Spielen sind in vielen Bereichen exemplarisch für die geschilderten interdisziplinären Aufgabenstellungen in der täglichen Praxis des Sportmediziners. Da das allgemeine Interesse an dieser Veranstaltung immens ist, ergibt sich hieraus die Möglichkeit, insbesondere die sportmedizinische Betreuung vor und während der Olympischen Spiele zu nutzen, Kontakte zwischen den verschiedenen Spezialdisziplinen der Medizin auf- bzw. auszubauen. Von der verstärkten Kooperation und dem verbesserten Verständnis zwischen den unterschiedlichen Fachrichtungen sollten dann in Zusammenhang mit der Sportmedizin Sportler und Patienten gleichermaßen profitieren.