Onkologie und Bewegung
ÜBERSICHT
SPORTINTERVENTION KINDERONKOLOGIE

Sportinterventionsprogramme in der pädiatrischen Onkologie

Exercise Interventions in Pediatric Oncology

Universitätsklinikum Münster, Institut für Experimentelle Muskuloskelettale Medizin, Funktionsbereich Bewegungsanalytik

ZUSAMMENFASSUNG

Pädiatrische Patienten mit einer Krebserkrankung sind in ihrer körperlichen Aktivität während und nach der Behandlung oft deutlich eingeschränkt. Sie werden zudem für ein bis zwei Jahre von den normalen Möglichkeiten zur sportlichen Betätigung, wie dem Schul- und Vereinssport, ferngehalten. Mit wachsenden Überlebensraten müssen darüber hinaus auch die Spätfolgen der Behandlung, die sich häufig auf die körperliche Leistungsfähigkeit auswirken, beachtet werden. In der Erwachsenenonkologie haben sich in diesem Zusammenhang Sportinterventionsprogramme als gutes therapiebegleitendes Mittel erwiesen. In der Kinderonkologie stehen solche Programme und deren wissenschaftliche Auswertung noch ganz am Anfang. In der vorliegenden Übersichtsarbeit soll der internationale Stand der Forschung aufgezeigt werden. Dabei wird deutlich, dass es in einigen Bereichen bereits vielversprechende Ansätze gibt, die positive Ergebnisse auf das Immunsystem, das muskuloskelettale System sowie mögliche Fatigue-Problematiken zeigen. Unterschiedliche Ergebnisse finden sich bezüglich des HerzKreislauf-Systems, der Funktion und der gesundheitsbezogenen Lebensqualität. Die aktuelle Forschungslage macht zudem die Limitationen der Studien deutlich. Diese bestehen in den geringen Teilnehmerzahlen und dem heterogenen Patientengut. Die Studien sind darüber hinaus untereinander nicht vergleichbar. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es daher nicht möglich, allgemein gültige Aktivitätsempfehlungen zu geben. Es wird jedoch deutlich, welche Parameter von Bedeutung sind und bei der Planung zukünftiger Studien beachtet werden sollten. Darauf aufbauend werden einige Überlegungen zur Planung und Durchführung von Sportinterventionsprogrammen in den unterschiedlichen Therapiephasen aufgezeigt.

Schlüsselwörter: Kinderonkologie, körperliche Aktivität, Bewegungsmotivation, Therapiephasen

SUMMARY

Pediatric patients undergoing cancer treatment are drastically limited in their physical activity. Furthermore, they are kept away from normal options of participating in sports activities e.g. school sports or sports clubs. With respect to the increasing/improvingsurvival rates, late effects of treatment – often affecting physical fitness – have to be addressed. In adult cancer patients exercise interventions proved to be a suitable in addition to therapy. This scientific proof is still missing in pediatric oncology and research is right at the beginning. The present review presents the international state of the art. In some areas like the immune system, the skeletal system and chronic fatigue promising results were found. Differing results were revealed for the cardiovascular system, functional mobility and health-related quality of life. In general, the present studies show the limitations of research in this field. Primarily, small sample sizes and heterogeneous patient groups have to be considered as a limitation. Furthermore, comparisons between the different studies are hardly possible. Therefore, general recommendations or activity prescriptions cannot be made at present. However, studies show which parameters have to be considered when planning exercise intervention and investigations on their effects. Some of these considerations are presented in this review to give some directions on planning and conducting exercise interventions in pediatric oncology during different stages of treatment.

Key Words: pediatric oncology, physical activity, motivation to move, stage of
treatment

EINLEITUNG

Krebserkrankungen im Kindesalter gehören mit einer Inzidenz von 15 pro 100000 zwar zu den selteneren Erkrankungen, sind aber – hinter den Unfällen – dennoch Todesursache Nummer zwei bei Kindern (Kinderkrebsregister 2007). Leukämien und Tumoren des Zentralnervensystems machen dabei einen Großteil der Erkrankungen aus (Kinderkrebsregister 2007). Verbesserungen der Behandlungsmöglichkeiten und tumorspezifische Therapieoptimierungsstudien haben zu deutlich höheren Heilungsraten und einer 5 Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit von ca. 80% geführt ( Jahresbericht Kinderkrebsregister 2011). Dennoch ist die Therapie sehr intensiv und beinhaltet in der Regel eine Chemotherapie sowie je nach Tumorentität auch Operationen und Strahlentherapie. Zudem sind zahlreiche Spätfolgen der Behandlung dokumentiert.
Während der intensiven Behandlungsphase erleben die Patienten vielfältige krankheits- und therapiebedingte Einschränkungen, was meist eine verminderte körperliche Leistungsfähigkeit zur Folge hat (16). Die Patienten haben oft mit akuten Nebenwirkungen der Behandlung wie Müdigkeit und Übelkeit zu kämpfen. Bedeutende Spätfolgen der Erkrankungen und ihrer Behandlung sind Beeinträchtigungen des Herz-Kreislauf- und des muskuloskelettalen Systems sowie der Nierenfunktion und des endokrinen Systems (12). Je nach Behandlungsschema fallen diese Spätfolgen unterschiedlich stark aus.
Betrachtet man die beschriebenen Probleme so wird deutlich, dass sich für einen Großteil der akuten Einschränkungen und der Spätfolgen eine bewegungs- und sportorientierte Intervention als geeignete Gegenmaßnahme anbietet (Gesundheitsberichterstattung des Bundes: körperliche Aktivität). Viele Patienten fühlen sich jedoch gerade aufgrund der Behandlung oder der Spätfolgen nicht in der Lage, körperlich aktiv zu werden. Hier kann ein Teufelskreis entstehen, der in einer fortschreitenden Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit resultiert. Aufgrund der Erkrankung selbst sowie der wiederholten stationären Aufenthalte verlieren die Patienten darüber hinaus häufig den engen Kontakt zu ihrem sozialen Umfeld und können für etwa eineinhalb bis zwei Jahre nicht am Schul- und Freizeitsport teilnehmen (10, 14). Zum einen fehlt dadurch einer der regelmäßigen Anreize zur körperlichen Betätigung, zum anderen wird den jungen Patienten damit ein essentieller Teil des (sozialen) Lebens und der Normalität genommen, was vielfältigen Einfluss auf die Entwicklung und das Wohlbefinden der Patienten hat. Die Ergebnisse einer Studie mit Überlebenden einer kindlichen Krebserkrankung betonen insbesondere die Bedeutung von Sportaktivitäten für den Auf- und Ausbau eines sozialen Umfeldes aus Sicht der Betroffenen (2).

Abbildung 1: Ziele von Sportinterventionen in den einzelnen Therapiephasen.
Aufgrund der beschriebenen Probleme und der positiven Erfahrungen in der Erwachsenenonkologie gibt es in unterschiedlichen pädiatrisch-onkologischen Arbeitsgruppen in Deutschland die Überzeugung, dass es sinnvoll sein sollte, Sportinterventionsprogramme auch für pädiatrische Krebspatienten anzubieten. Es gibt Überlegungen, wie diese Programme aussehen könnten und was bei Ihrer Planung und Durchführung beachtet werden muss. Im Vergleich zur Erwachsenenonkologie existieren bislang jedoch nur wenige Studien, die sich mit diesem Aspekt befassen, so dass zu diesem Thema nur eine begrenzte Evidenz vorliegt.
In der vorliegenden Übersichtsarbeit soll der internationale Stand der Forschung reflektiert werden. Zudem soll herausgearbeitet werden, welche unterschiedlichen Ziele mit einer Intervention verfolgt werden können (Abb. 1) und welche Parameter bei der Planung einer Intervention aus Sicht der Autoren zu beachten sind.

STAND DER FORSCHUNG

In den vergangenen Jahren gab es zunehmend Studien zur Effektivität von körperlicher Aktivität und Sportinterventionsprogrammen in der Onkologie. In der Erwachsenenonkologie konnte für unterschiedliche Tumorentitäten der positive Einfluss ausreichender körperlicher Aktivität auf verschiedenste gesundheitsrelevante Parameter nachgewiesen werden (5). Diese reichen von körperlicher Leistungsfähigkeit und Therapieverträglichkeit bis hin zu psychologischen Parametern und Fatigue. Zudem wurden hier bereits die unterschiedlichsten Phasen, von der Prävention über die Akut- und Nachsorgephase bis hin zum Langzeit follow-up und zu den Rezidivraten untersucht.
Aufgrund dieser positiven Erfahrungen gibt es inzwischen Bemühungen, entsprechende Studien ebenso bei kindlichen Krebspatienten durchzuführen. Die Studienlage ist jedoch noch recht überschaubar und verdeutlicht in erster Linie die verschiedenen Probleme, die bei der Planung weiterer Studien beachtet werden sollten.
So konnte gezeigt werden, dass die körperliche Aktivität der pädiatrischen Patienten während der Therapie drastisch reduziert ist (23). Viele Patienten erholen sich nach Ende der Therapie schrittweise und können ihre körperliche Aktivität wieder steigern. Unterschiede zu Gleichaltrigen zeigen sich dann meist nur noch bezüglich der Bewegungsintensität (1, 25). Einige Studien, die Überlebende einer Krebserkrankung im Kindesalter nachuntersuchten, zeigten jedoch auch, dass die körperliche Aktivität langfristig eingeschränkt bleiben kann (24).
Aufgrund dieser Ergebnisse und der Bedeutung ausreichender körperlicher Aktivität gerade für diese Patienten, sollten gezielte Interventionen entwickelt und deren Umsetzbarkeit sowie deren Effekte überprüft werden.
Zwei Übersichtsartikel aus den Jahren 2009 und 2011 machen deutlich, dass die Studienlage zu Interventionen im Moment zwar noch uneinheitlich ist. Dennoch konnte die Umsetzbarkeit entsprechender Interventionen während und nach der Therapie aufgezeigt werden (8, 24). Es konnten auch bereits erste positive Ergebnisse ermittelt werden. Vielversprechende Ergebnisse wurden bezüglich der Effekte auf das Immunsystem (4, 11, 17) und das muskuloskelettale System (7, 9, 13, 18) gefunden. Bezüglich des Herz-KreislaufSystems (13, 15, 18, 20, 22), der Funktion (6, 7, 13, 18, 22) und der gesundheitsbezogenen Lebensqualität (6, 9, 13, 18, 21) sowie der Vermeidung oder Reduzierung einer Fatigue-Symptomatik (3, 9, 22)zeigt sich eher ein uneinheitliches Bild.
Am intensivsten untersucht wurden bisher Patienten mit Akuter Lymphatischer Leukämie (ALL), da diese auch den Großteil der onkologischen Erkrankungen im Kindesalter ausmachen. Es wurden aber auch gemischte Patientengruppen untersucht. Methodisch eignen sich in erster Linie betreute Programme, bei denen die Patienten von einem Sport- oder Physiotherapeuten oder Sportwissenschaftler angeleitet und begleitet werden. Im Gegensatz dazu scheinen Heimübungsprogramme weniger geeignet zu sein, weil hier die Motivation fehlt und Regelmäßigkeit leidet (8). Bei betreuten Programmen ist jedoch häufig die Organisation und Erreichbarkeit der Programme für die Patienten schwierig. Die meisten Interventionsstudien, die Effekte zeigen konnten, erstrecken sich über einen relativ kurzen Zeitraum von 8-12 Wochen (4, 19). Der Nachweis der Nachhaltigkeit der Interventionen ist hier schwierig.
Aus wissenschaftlicher Sicht zeigen alle bisherigen Studien deutliche methodische Limitationen. Probleme stellen vor allem die kleinen Gruppengrößen, die in einigen Studien beschriebene unregelmäßige Teilnahme an der Intervention und eine Inhomogenität der Gruppen beispielsweise bezüglich des Alter oder der Therapiephase, dar. Auch sind Vergleiche zwischen den Studien unmöglich, da sowohl unterschiedliche Interventionen als auch verschiedene Parameter untersucht wurden sowie Konsens-relevante Endpunkte fehlen. Es ist daher schwierig, abschließende Schlussfolgerungen zu ziehen oder gar klare Dosis-Wirkungszusammenhänge nachzuweisen.
Erfahrungsgemäß ergeben sich bezüglich der Umsetzbarkeit von Interventionen in erster Linie Probleme bei der Motivation, der langfristigen Teilnahme an Interventionen und dem Umgang mit Patienten, die auch vor der Erkrankung eher inaktiv waren.

KONSEQUENZEN UND PLANUNG EINER INTERVENTION

Basierend auf der aktuellen Literaturlage und den Erfahrungen einer im Jahre 2006 begonnenen Sportintervention in der Kinderonkologie können einige Konsequenzen zur Planung einer entsprechenden Intervention abgeleitet werden.
Das Interventionsprogramm wurde während der akuten Behandlungsphase eingeführt. Ziel dieses Programms war in erster Linie die Mobilisierung der Patienten. Darüber hinaus sollte den Patienten Selbstvertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit vermittelt werden. Dazu sollten die Patienten während der stationären Aufenthalte einmal täglich für 30-60 Minuten aktiv sein. Das Programm enthielt Elemente aus den Bereichen Kraft-, Ausdauer-, Koordination- und Beweglichkeitstraining sowie Spiel- und Entspannungseinheiten. Je nach Tagesform der Pateinten wurde aus den verschiedenen Bereichen ein Trainingsprogramm zusammengestellt. Es standen eine Turnhalle und ein Fitnessraum mit Kraft- und Ausdauergeräten zur Verfügung. Darüber hinaus wurden Kleingeräte eingesetzt, die auch in das Krankenzimmer mitgenommen werden konnten. Eine Auswertung des Interventionsprogrammes bei einer Untergruppe pädiatrischer Knochentumorpatienten konnte die Machbarkeit einer entsprechenden Intervention und erste Effekte auf die körperliche Aktivität während der Therapiepausen zeigen. Darüber hinaus wurden die speziellen Herausforderungen deutlich, aus denen die im Folgenden aufgezeigten Überlegungen resultieren.
Zur besseren Einschätzung der Patienten und ihrer Sport- und Bewegungshintergründe sollte zunächst mit einer individuellen Anamnese begonnen werden. Dabei sollten neben den anthropometrischen Daten auch bisherige Sporterfahrungen und Motivationen für Sport und körperliche Aktivität abgefragt werden. Zudem sollten, wenn möglich, motorische Test durchgeführt werden, um die individuelle Ausgangssituation besser einschätzen und möglichen Schwächen gezielt entgegenwirken zu können. Diese Tests dienen im Verlauf auch der Kontrolle möglicher Veränderungen in Folge der Intervention. In der Kinderonkologie spielt darüber hinaus die Art der Krebserkrankung und ihre Behandlung sowie die draus resultierenden Einschränkungen eine entscheidende Rolle. Für manche Patienten gibt es beispielsweise operationsbedingte Entlastungsvorgaben oder es kommt – durch die Chemotherapie bedingt – zu Neuropathien. Diese Faktoren können sich ständig verändern oder auch akut auftreten und sollten daher ggf. mehrfach abgefragt werden. Bevor mit einer Intervention begonnen wird, sollte in jedem Fall das Einverständnis der behandelnden Ärzte eingeholt werden. Je nach Situation ist auch eine Rücksprache mit Pflegepersonal und Physiotherapeuten sinnvoll.
Ein entscheidender Differenzierungsbedarf ergibt sich nun aufgrund der Therapiephase. In diesem Artikel soll dabei in erster Linie auf die Differenzierung zwischen akuter Behandlungsphase und Nachsorge bzw. der Erhaltungstherapie bei Leukämie eingegangen werden. Diese Phasen unterscheiden sich vor allem hinsichtlich der Zielsetzung der Intervention sowie der Umsetzbarkeit und der jeweiligen Herausforderungen. Abgeleitet aus der Erwachsenenonkologie sollen Interventionsprogramme während der akuten Therapiephase einem Leistungsverlust entgegenwirken. Im Anschluss an die akute Phase dienen Interventionen einer Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit.
Während der akuten Behandlungsphase sind die jungen Patienten nicht in den Schul- und Freizeitsport integriert und müssen sich daher entweder selbst motivieren oder von außen motiviert werden. Inzwischen hat sich durchgesetzt, dass eine Krebserkrankung nicht mehr als Kontraindikation zur Bewegungstherapie zu sehen ist. Verständlicherweise spielt gerade in der akuten Behandlungsphase die Tagesform eine große Rolle. Selten gibt es aber tatsächliche medizinische Gründe, wie beispielsweise Fieber oder zu geringe Thrombozyten-Zahlen, die eine Intervention verbieten würden. Ziel der Interventionen in diesem Setting kann daher zunächst einmal die Mobilisierung der Patienten sein, die sonst die überwiegende Zeit im Bett verbringen. Darüber hinaus soll den Patienten ein gewisses Zutrauen zu ihrem Körper und ihrer eigenen Leistungsfähigkeit zurückgegeben werden. Selbst wenn der Patient nicht zum Sportangebot kommen kann, ‘kann die Bewegung zum Patienten gebracht werden‘. Dazu können unterschiedliche Kleingeräte genauso hilfreich sein wie im Patientenzimmer befindliche Fahrradergometer oder aktivitätsfördernde Computerspiele. In der Regel sind die Stationen nicht mit Turnräumen ausgestattet, sodass das Patientenzimmer oder der Stationsflur gleichzeitig als Sporthalle dient. Herausfordernd sind hier meist die relativ engen Platzverhältnisse. Im Idealfall verfügt die Station oder die Klinik über gesonderte Sport- und Trainingsräume. Sind diese entsprechend ausgestattet, können mit den Patienten verschiedene Sportarten ausprobiert werden. Dazu zählen z.B. Tischtennis und Badminton oder auch die Nutzung von einfachen Krafttrainingsgeräten.
Klar vordefinierte Inhalte und durchstrukturierte Übungsprogramme haben sich aus unserer Sicht als nicht praktikabel erwiesen. Zum einen nimmt die Tagesform großen Einfluss, zum anderen sind pädiatrische Patienten von einem strengen Trainingsprogramm oft schnell gelangweilt und müssen eher spielerisch zur Aktivität motiviert werden. In der Regel werden die Interventionsprogramme den in jeder Hinsicht individuell vorhandenen Möglichkeiten angepasst. Grundsätzlich könnten sich die Interventionen an Schulsportinhalten orientieren, um nachzuvollziehen welche motorischen Fähigkeit und Fertigkeiten Gleichaltrige und Mitschüler im Schulsport einüben.
Es hat sich gezeigt, dass eine während der akuten Behandlungsphase durchgeführte Intervention nicht über das Ende der Therapie hinaus wirkt (25). Daher sollte auch der Zeit nach Abschluss der Behandlung gesonderte Aufmerksamkeit zukommen.Ein Teil der Patienten nimmt nach Abschluss der Akutphase an einer Rehabilitationsmaßnahme teil und hat in diesem Setting Berührungspunkte mit körperlicher und sportlicher Aktivität. Im Anschluss kehren die Patienten dann langsam in ihren Alltag zurück.Sie besuchen stundenweise die Schule und nehmen auch sonst wieder Kontakte zu alten Bezugskreisen auf. Ziel der Interventionen in dieserPhase ist es, die Patienten bei dieser Wiedereingliederung zu begleiten und beispielsweise eine (schnellere) Teilnahme am Schulsport unter Berücksichtigung der speziellen Situation und der individuellen Einschränkungen zu ermöglichen. Möglicherweise bestehende motorische Defizite können in einer sicheren Umgebung und unter entsprechender Aufsicht ausgeglichen werden. Diese Interventionen finden nach Möglichkeit in Gruppen statt, um auch den Aspekt der Gruppendynamik in die Intervention mit aufzunehmen. Inhaltlich kann hier noch besser als in der akuten Behandlungsphase der Schulsport als Orientierung dienen.

ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK

Sportinterventionsprogramme in der Kinderonkologie haben sich in ersten Versuchen als durchführbar und effektiv erwiesen. Besonders scheinen sich betreute, individuell gestaltete Interventionen anzubieten. Es sollte daher angestrebt werden, die Patienten und ihre Betreuer über die grundsätzliche Durchführbarkeit und vorhandenen Möglichkeiten zu informieren. Erste Studien zeigten positive Ergebnisse in Bezug auf das Immunsystem, das muskuloskelettale System und Fatigue-Problematiken. Unterschiedliche Ergebnisse finden sich für das Herz-Kreislauf-System, die Funktion und die gesundheitsbezogene Lebensqualität. Bisher fehlt jedoch noch die wissenschaftliche Evidenz,um eindeutige Trainingsempfehlungen aussprechen zu können.
In Deutschland werden inzwischen an unterschiedlichen Orten Interventionsprogramme während und nach der Therapie angeboten. Zum intensiveren Austausch von Erfahrungen wird eine Netzwerkbildung angestrebt. Zu diesem Zweck fand im November 2012 ein erster Workshop mit Teilnahme der verschiedenen Standorte statt. Ein Netzwerk würde darüber hinaus die Möglichkeit multizentrischer Studien eröffnen, die zu einer Verbesserung der Datenlage und der Evidenz führen könnte.

Angaben zu finanziellen Interessen und Beziehungen, wie Patente,
Honorare oder Unterstützung durch Firmen: keine.

LITERATUR

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