Leserbrief „Trinken ist wichtig“
Letter to the Editor „Drinking is of Importance“
An die Schriftleitung,
wir danken für den Diskussionsbeitrag zu unserem Artikel (5). Dessen Thema ist die Diagnostik des Flüssigkeitsstatus, nicht die Diskussion des Trinkverhaltens im Sport. Die Themen sind verwandt, aber zu komplex und umfangreich, um sie innerhalb eines einzelnen Standards darzustellen. Unseres Erachtens bildet die differenzierte, objektive und sachkundige Diagnostik allerdings die Grundlage zur Beurteilung und Optimierung der Flüssigkeitsaufnahme im Sport.Wir stimmen überein, dass das Durstempfinden als Marker der Hydration während der Belastung deutlich an Wertschätzung gewonnen hat und zitieren in unserem Artikel auch deshalb Goulet 2011 (4). Allerdings fokussieren wir auf standardisierte, objektive Bestimmungen in Ruhe, weil (i) die Dynamik der akuten Belastungssituation kaum zu erfassen ist, (ii) das objektive Monitoring in der akuten Belastungssituation quasi keine sportpraktische Bedeutung besitzt, (iii) bei wiederholten Belastungen (z. B. in Trainingslagern) die Statusund Verlaufsbestimmung in Ruhe wesentlich zur Beurteilung eines optimalen Hydrationsverhaltens ist und (iv) diese Messungenzur Beurteilung gesundheitlicher Aspekte in gewichtslimitierten Sportarten entscheidend sind.
Ein aktuelles Paper von Armstrong (1) beschreibt die Einschätzung des Hydrationsstatus in Ruhe (nach dem Aufstehen) mit Hilfe einer Skala zum Durstempfinden (3). Diese Methode ist unseres Wissens jedoch noch nie in einem Sportlerkollektiv evaluiert worden. Zudem gibt es keine Daten zur Reliabilität bei wiederholten Belastungen (Trainingslager, Etappenrennen etc.). Deshalb haben wir diese Arbeit nicht zitiert, würden sie aber wegen ihrer Originalität gern in einer kommenden DZSMAusgabe vorstellen.
Aus langjähriger, datenbasierter Erfahrung in Trainingslagern umfangsbetonter Sportarten wie Rudern wissen wir, dass viele Athleten ohne Feedback nicht die trainingsbedingt verlorene Flüssigkeit wieder aufnehmen und tatsächlich “unfreiwillig“ dehydrieren. Dennoch möchten wir eindeutig betonen, dass auch aus unserer Sicht das gegenteilige Overdrinking aufgrund der Gefahr der exercise induced hyponatremia (EAH) zu vermeiden ist. Wir haben die Problematik von EAH und overdrinking auch bei wiederholten kürzeren Belastungen beobachtet und sehen in unseren Daten weiterhin Hinweise einer inadäquaten ADHSuppression,die möglicherweise zudem mit trainingsindizierter Verringerung der osmotischen Sensitivität einhergeht (submitted).
Um Missverständnisse mit der akuten Belastungssituation zu vermeiden, hätten wir präzisier formulieren können, dass „Flüssigkeitsmangel häufig durch unfreiwillige Dehydration aufgrund von zu geringer Flüssigkeitsaufnahme, z. B. durch zu schwaches oder verzögertes Durstempfinden nach Belastungen“ entsteht. Wir danken für diesen Hinweis.
Wir sind einig, dass eine pauschale Aufforderung zu hohen Trinkmengen bei Sportlern problematisch wäre und der Studienlage widerspräche. Scheer verweist auf entsprechende Literatur (2).
Auch wir sehen die Themen EAH und Trinkverhalten für den Sport und für die Leserschaft der DZSM als relevant an.
LITERATUR
- Novel hydration assessment techniques employing thirst and a water intake challenge in healthy men. Appl Physiol Nutr Metab. 2014; 39: 138-144.
- Drinking policies and exercise-associated hyponatraemia: is anyone still promoting overdrinking? Br J Sports Med. 2008; 42: 796-801.
- Thirst and fluid intake following graded hypohydration levels in humans. Physiol Behav. 1987; 40: 229-236.
- Effect of exercise-induced dehydration on time-trial exercise performance: a metaanalysis. Br J Sports Med. 2011; 45: 1149-1156.
- Leserbrief „Monitoring des Flüssigkeitshaushalts im Sport“. Dtsch Z Sportmed.2015; 66; 161.
- Monitoring des Flüssigkeitshaushalts im Sport. Dtsch Z Sportmed.2014; 65: 342-346.
Sektion Sport- und Rehabilitationsmedizin
Universitätsklinikum Ulm
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