Menschen mit Handicap
ORIGINALIA
REHABILITATIVES KRAFTTRAINING NACH KREUZBANDPLASTIK

Wirkung eines Trainings im offenen und geschlossenen
kinetischen Systems nach vorderer Kreuzbandplastik

Effect of Training in Open and Closed Kinetic Systems on the Anterior Drawer Laxity after Anterior Cruciate Ligament Graft during Outpatient Rehabilitation

ZUSAMMENFASSUNG

Problem: Aufgrund höherer Dehnung des VKB werden offene kinetische Systeme im rehabilitativen Krafttraining nach VKP nicht empfohlen. Die Studie hatte zum Ziel, den Effekt eines Krafttrainings im offenen und geschlossenen System nach VKP auf die Laxizität des Kniegelenks während ambulanter Rehabilitation zu prüfen. Methodik: 31 Patienten nach VKP wurden in zwei Trainingsgruppen zugeordnet. Das Krafttraining begann ab zehnter postoperativer Woche und erstreckte sich über den verordneten Rehabilitationszeitraum. Zu Beginn und am Ende wurden die subjektive Befindlichkeit, Anthropometrie, vordere Schublade und Kraft geprüft. Ergebnisse: Das Risiko einer erhöhten Laxizität war in beiden Gruppen gleich (RR 0,96). Eine Straffungswahrscheinlichkeit der Plastik scheint im offenen kinetischen System erhöht (OR 3,3). Das prozentuale Kraftdefizit der Beuger und Strecker reduzierte sich signifikant (p<0,01). Beide Belastungssysteme zeigten vergleichbare Abnahmen der Umfangsdifferenzen (p>0,05). Die Lysholm Scores verbesserten sich signifikant (p<0,01). Anhand des Vergleichs der Trainingssysteme ließen sich bei keinen der untersuchten Parameter signifikante Effekte nachweisen (p>0,05). Schlussfolgerung: Rehabilitatives Krafttraining lässt in beiden kinetischen Systemen eine Zunahme der Kraftfähigkeiten erwarten. Das Risiko einer erhöhten Laxizität beider Trainingssysteme ist gleich gering. Der Einsatz offener kinetischer Systeme stellt kein zusätzliches Risiko für die Plastik dar. Somit eröffnet sich eine weitere Handlungsmöglichkeit im rehabilitativen Krafttraining und bedeutet für den Patienten mehr Übungsvielfalt.

Schlüsselwörter: Trainingstherapie, Krafttraining, vorderes Kreuzband, offene und geschlossene kinetische Systeme.

SUMMARY

Problem: Due to the greater elongation of the ACL, open kinetic systems are not recommended in rehabilitative strength training. The study was aimed at investigating the effect of strength training in open and closed systems on the laxity of the knee joint, evaluated during outpatient rehabilitation. Methods: 31 patients were allocated to two homogeneous training groups. Strength training started from the tenth postoperative week and stretched over the prescribed rehabilitation period. At the beginning and the end, the subjective state, anthropometry, anterior drawer and strength were tested. Results: The risk of increased laxity was similar in both groups (RR 0.96). A tightening of the plastic seems to be increased in an open kinetic system (OR 3.3). The percentage of the flexor and extensor strength deficit was significantly reduced (p<0.01). Both systems showed similar decreases in load size differences (p>0.05). The Lysholm Scores improved significantly (p<0.01). Comparison of the training systems showed no significant effect of the examined parameters (p>0.05). Conclusions: Rehabilitative strength training can result in an increase of force skills in both the kinetic systems. Here, the risk of increased laxity of the two training systems is equally low. This opens up a possibility of further activities in strength training and rehabilitation and means a wider variety of exercises for the patient.

Key Words: Exercise therapy, strength training, anterior cruciate ligament, open and closed kinetic systems.

EINLEITUNG

Isolierte Knieextensionen ohne Co-Kontraktion des Antagonisten bewirken eine höhere Zugspannung für das vordere Kreuzband (10, 31). Dabei tritt eine bis zu 4% temporäre Längenänderung des vorderen Kreuzbandes (VKB) ein. Das könnte für rekonstruierte VKB‘s ein Risiko darstellen und eine Bandlockerung oder Ruptur provozieren. Deshalb werden postoperativ im Therapieprozess geschlossene kinetische Systeme empfohlen. Durch das reflektorische Zuschalten der Beugemuskulatur während der Beinstreckung bleibt ein vermehrtes Tibiagleiten aus. Die Dehnung des rekonstruierten VKB ist dabei verringert. Temporäre Dehnungsreize auf das VKB können als biologische Wachstumsreize interpretiert und können straffend wirken (11). Bisherige Befunde deuten auf eine Vergleichbarkeit beider kinetischer Systeme im Hinblick einer schonenden Belastung der VKP hin (17, 18, 26, 27, 32, 39). Mikkelsen et al. (26) zeigten, dass Kreuzbandpatienten beim kombinierten Einsatz beider Systeme eher zum Sport zurückkehrten, als Patienten die nur im geschlossenen kinetischen System trainierten. Morrissey et al. (27) stellten zum Ende der Intervention mittels offenen kinetischem System fest, dass Patienten mit höherer Quadrizepskraft geringere Laxizitäten der VKP aufwiesen. Tagesson et al. (39) zeigten in einer Studie signifikante Unterschiede der Extensorenkraft in der zwölften postoperativen Woche zu Gunsten des Trainings im offenen kinetischen System auf. Der in Studien untersuchte Beobachtungszeitraum und Zeitpunkt der Intervention ist oft nicht wie in der Praxis vom Kostenträger verordnet (27, 28, 32). Somit entspricht dies nicht dem klinischen Alltag. Aufgrund der existierenden Befunde ist anzunehmen, dass offene kinetische Systeme im Rehabilitationsprozess Vorteile für den Patienten bringen können, was aber unter klinischen Bedingungen untersucht werden sollte. In dieser prospektiv randomisierten Trainingsstudie wurden das Training im offenen und geschlossenem System auf das Risiko hinsichtlich einer höheren Laxizität, Effekt auf die Kraftfähigkeiten und subjektivem Empfinden hin untersucht.

METHODIK

Untersuchungsgut
31 Probanden (23 männlich, 8 weiblich) wurden nach mündlicher und schriftlicher Aufklärung in die von der Ethikkommission der Sächsischen Landesärztekammer Dresden (EK-BR-26/08-1) genehmigten Studie aufgenommen (Tab. 1). Die Probanden verletzten sich in den Sportarten Fußball (N=16), Handball (N=1), Volleyball (N=2), Basketball (N=1), Ski Alpine (N=2) und Sonstiges (N=9).

Untersuchungsgang
Die Probanden wurden nach klinischer Anamnese und unter Berücksichtigung der Einschlusskriterien einem Prätest unterzogen. Als Einschluss galt zehn Wochen postoperativ, SemitendinosusGrazilistransplantat, unilaterale Verletzung des VKB. Als Ausschluss galt eine Reruptur, schwere Knorpelschäden, Ergüsse sowie Bewegungseinschränkungen des Kniegelenks unter 90° Flexion. Infolgedessen ordnete man die Patienten abwechselnd der Kontrollgruppe (TG1=geschlossenes kinetisches System) und der Versuchsgruppe (TG2=offenes kinetisches System) zu. Zum Ende des verordneten Rehabilitationszeitraumes wurde dann der Posttest durchgeführt.

Testverfahren
Die Testverfahren bestanden aus dem Lachmanntest zur Prüfung der vorderen Schublade (Rolimeter, Aircast®), isokinetischer Test der Oberschenkelmuskulatur (Cybex 6000 Norm®, Winkelgeschwindigkeit 120°/Sekunde, 5 Wiederholungen, konzentrisch-konzentrisches Testmuster), Oberschenkelumfangsmessung im Liegen (10cm und 20cm proximal des oberen Patellapol), Lysholm Score und einem Achterlauf (6m Abstand, 1 Minute) (2). Der Lysholm Score als zuverlässiger Fragebogen prüft die Befindlichkeit des Patienten durch Therapieinterventionen nach Kreuzbandverletzungen (40). Der Achterlauf entstammt einer Testbatterie für Patienten nach VKB und gilt als zuverlässiger Test die Kniestabilität in der Laufbewegung zu prüfen (2). Die Aufgabe bestand hierbei, die maximale Anzahl an Achterrunden innerhalb einer Minute zu absolvieren. In der Literatur ist die biologische Variabilität des VKB nicht bekannt. Da diese Kenntnis aber wichtig ist, um klinisch relevante Veränderungen der Laxizität beurteilen zu können, wurden eigene Voruntersuchungen durchgeführt. Auf deren Basis wurde eine kritische Differenz von 2mm herangezogen (Root Mean Square Error (RMSE=0,6mm)*2,77). Demzufolge können relevante Veränderung nur bei Überschreitung dieser Grenze angenommen werden.

Trainingsprogramm
Zu Beginn wurde eine zehnminütige Erwärmung auf dem Fahrradergometer durchgeführt (0,5- 0,8Watt/kg bei 60- 80U/min). Die Probanden trainierten wöchentlich 3 bis 5mal mit einer Dauer von 30- 45 Minuten. Die Festlegung der Ausgangswiderstände erfolgte an jedem Gerät mittels 20 Wiederholungsmaximum. Das Training fand an Sequenzgeräten sowie Seilzügen statt (Tab. 2). Dabei wurde das Gewicht so gewählt, dass die letzten 2 Wiederholungen unter deutlicher Ermüdung zu realisieren waren. Im Training wurden 15 bis 20 Wiederholungen mit 4- 5 Sätzen durchgeführt, wobei das Gewicht über den Trainingszeitraum je nach Empfinden des Patienten erhöht wurde (Abb.1).

Statistische Verfahren
Zur Prüfung auf Normalverteilung wurde der Shapiro Wilk Test (N<50) verwendet. Normalverteilte Daten wurden mittels abhängigen t-Test auf Prä-PostUnterschiede geprüft. Gruppenunterschiede wurden durch den unabhängigen t-Test geprüft. Bei Nicht-Normalverteilung erfolgte die Prüfung mittels WilcoxonTest und Mann-Whitney U-Test. Effekte des Faktors Zeit und Trainingssystem (TS) wurden mittels Varianzanalyse mit Messwiederholung geprüft. Das Signifikanzniveau wurde mittels Bonferroni korrigiert. Die Wahrscheinlichkeiten einer erhöhten bzw. verringerten Laxizität wurden als relatives Risiko (RR) und Odds Ratio (OR) angegeben. Die Effektstärke wurde mittels Cohens’d berechnet. Das Signifikanzniveau lag bei 5%.

ERGEBNISSE

Alle Probanden beendeten die Studie ohne Komplikationen. Die Patienten absolvierten 13±2,9 verordnete Trainingstherapieeinheiten (TE). Die TG1 trainierte 12±2 und TG2 14±3 Tage (t-Test; p>0,05). Das unverletzte Bein wies in beiden Trainingsgruppen eine geringere vordere Schublade auf (t-Test; p<0,01) (Tab. 3). Zwei Patienten der TG2 und einer der TG1 überschritten zum Posttest die kritische Differenz von 2mm. Das relative Risiko (RR) einer erhöhten Laxizität lag zwischen beiden Trainingsgruppen bei 0,96 (95% KI 0,8- 1,2). Neun Patienten der TG2 und drei der TG1 zeigten eine um mindestens 1,7mm reduzierte vordere Schublade. Die Wahrscheinlichkeit einer reduzierten vorderen Schublade war im offenen System bei 50% und im geschlossenen System bei 23%. Das Odd‘s Ratio einer geringeren Laxizität der VKP lag bei 3,3 (95% KI 0,7- 16,3). Im Weiteren zeigten sich zwischen beiden Extremitäten signifikante Unterschiede der maximalen Drehmomente zu Beginn um am Ende der Trainingsintervention (p<0,05). Nach der Intervention lagen in beiden Gruppen signifikante Steigerung der maximalen Drehmomente und damit verbunden signifikante Abnahmen der bilateralen Kraftdefizite und Oberschenkelumfangsdefizite vor (ANOVA, p<0,001). Beide Trainingsgruppen zeigten signifikante Zunahmen des Lysholm Score. Ein Gruppeneffekt lag bei allen Parametern nicht vor (ANOVA, p>0,05).

DISKUSSION

Die Studie hatte zum Ziel unter klinischen Bedingungen die Wirkung eines Trainings im offenen und geschlossenen kinetischen System während ambulanter Rehabilitation an Patienten nach VKP auf die Laxizität der Plastik, Kraftfähigkeiten, Oberschenkelumfang, Achterlauf und Befindlichkeit zu untersuchen. Die Befindlichkeit wurde mittels Lysholm Score, welcher als valider Fragebogen nach Knieverletzungen gilt, erhoben (40).
Dieser fragt nach Funktionseinschränkungen bei alltäglichen Belastungen, wie Treppensteigen oder Hocken. Situationen ohne Gegnereinwirkung mit schnellem Richtungswechsel nach Landung oder durch plötzliches Abstoppen können zur Kreuzbandverletzung führen (30). Zur Prüfung der Verträglichkeit dieser Aktivitäten werden motorische Tests drei bis sechs Monate nach der Operation zur Prüfung der Sporttauglichkeit eingesetzt (2, 40). Ein zuverlässiger Test ist der hier gewählte Achterlauf. Da hier von der zehnten bis zur 14. postoperativen Woche untersucht wurde, konnte durch die Gefahr der Überlastung ein Achterlauf nur zum Posttest verwendet werden. Obwohl es der Patientenpool in Rehabilitationseinrichtungen kaum zulässt, homogene Patientengruppen zu rekrutieren, lag dies hier anhand der Ausgangsdaten vor. Aufgrund ungleicher Geschlechterverteilung, konnte wegen zu geringer Anzahl weiblicher Patienten in beiden Gruppen nicht auf Effekte geprüft werden. Der Belastungsreiz im offenen kinetischen System wurde hier ab der zehnten postoperativen Woche appliziert, da eine zu frühe Belastung nach der Rekonstruktion eine Elongation der Plastik provozieren kann (13). Die Tibiatranslation (vordere Schublade) im Lachmanntest unterliegt Faktoren wie der Zugkraft des Untersuchers, Muskelspannung sowie hormonellen Schwankungen. Aufgrund fehlender Daten wurde eine Variabilität bis 2mm aus eigenen Voruntersuchungen als Grenze zur erhöhten Laxizität herangezogen.
Die vorliegenden Effektstärken beider Trainingsgruppen zeigten, dass ein Training mittels offener kinetischer Systeme stets hohe bis sehr hohe Effekte bewirkte (Abb. 2). Auch wenn der bestehende Unterschied in den untersuchten Parametern nicht signifikant war, kann tendenziell von einen effektiveren Krafttraining im offenen kinetischen System gesprochen werden.
Das Risiko einer möglichen Lockerung der Plastik scheint für beide Trainingsvarianten gleich (Abb. 3). Vielmehr könnte das Training im offenen kinetischen System straffend auf die Plastik wirken (27, 39). Die von Fleming et al. (10) berechnete Dehnung des VKB bis 4,4% bei isolierter Knieextension scheint laut diesen Ergebnissen keinen negativen Effekt auf die Laxizität der Plastik zu zeigen. Diese Dehnung würde einer temporären Längenänderung von 1,7mm bis 1,8mm entsprechen (8, 22). Bei aktiver Streckung des Kniegelenkes nehmen die Zugkräfte auf das Bandmaterial zu (35). Die maximal tolerierbare Zugkraft des Transplantats von 414N bis drei Monate nach Rekonstruktion scheint durch diese Belastung keine Überlastung darzustellen, wobei prinzipiell von einer hohen Variabilität auszugehen ist (25, 35). Shoemaker et al. (37) berechneten bei simulierter Kniestreckung am Leichenpräparat Zugkräfte bis 38,1±10N. Die temporären Längenänderungen des VKB bei aktiver Extension mittels isolierter Quadrizepskontraktion besitzen scheinbar keinen negativen Effekt auf die Laxizität. Vielmehr ist anzunehmen, dass gelenkumgebendes Gewebe auftretende Kräfte absorbiert. Trainingsstudien über mehrere Wochen zeigten vergleichbare Ergebnisse (16, 20, 28, 32, 39). Temporäre Dehnungen des Transplantats könnten einen biopositiven Wachstumsreiz auf das proliferierende Gewebe auslösen und zur erhöhten Stabilität beitragen (11). Morrissey et al. (27) konnten bei höherer Kraftbelastung eine geringere Laxizität feststellen. Heijne und Werner (17) überprüften den Einsatz des Trainings offener und geschlossener Systeme in der zweiten und zwölften postoperativen Woche und stellten ebenso keine erhöhte Laxizität der VKP fest. In der vorliegenden Studie zeigten die Patienten postoperativ deutliche Kraftunterschiede zur gesunden Extremität.
Das entstandene Defizit in den Extensoren wird auf eine selektive Muskelatrophie des M. vastus medialis unmittelbar nach der Verletzung zurückgeführt (12). Die Patienten entwickeln zur „Schonung“ einen funktionellen Adaptionsmechanismus, welcher die herabgesetzte Quadrizepsaktivität durch vermehrte Arbeit der ischiocrualen Muskulatur kompensiert (4). Eine verminderte neuronale Aktivierung aufgrund der geschädigten Bandstruktur gilt als Ursache für eine verminderte Kraft des Muskels (24, 41). Das hier festgestellte höhere Defizit der Knieextensoren gegenüber den Flexoren blieb in beiden TG nach der Intervention erhalten. Eine gering höhere Kraftzunahme in den Extensoren konnte nur in der TG2 festgestellt werden, entgegen der Annahme, dass bei Extension der Knie im offenen System eine höhere neuromuskuläre Aktivität im Quadrizeps vorliegt (20, 29). Mikkelsen et al. (26) und Tagesson et al. (39) zeigten signifikante Unterschiede in der Kraft zu Gunsten des Trainings im offenen kinetischen System auf. Das noch beträchtliche bilaterale Kraftdefizit nach der Rehabilitation deutet auf eine langsame neuromuskuläre Erholung hin. Erst Differenzen von 5- 10% kann als normaler bilateraler Kraftunterschied angesehen werden (21). Der kostenträgerabhängige Zeitraum von 15- 20 Tagen scheint für die meisten Patienten zu kurz. Eine verbesserte inter- und intramuskuläre Koordination erhöhen die Kraft besonders zu Beginn der Trainingsphase. Eine Reintegration des Bandtransplantates in das neuronale System und die dadurch verbesserte Afferenz führt zu Kraftanstiegen (6). Manuelle Messungen mittels Maßband sind eine praktikable und zuverlässige Möglichkeit zur Quantifizierung von Umfangsdifferenzen (3, 34, 38). Nach der Intervention wurde eine signifikante Reduktion der Umfangsdifferenzen festgestellt und sind zu diesem postoperativen Zeitpunkt (14. Woche) als gering einzuordnen. Umfangsdifferenzen korrelieren mit insuffizienter Quadrizepsmuskulatur nach VKP (5). Jedoch müssen Kraftzunahmen nicht generell mit der Abnahme von Umfangsseitendifferenzen einhergehen (9). Hypertrophie der Muskulatur kann durch Sauerstoff- und ATP-Mangel in der Muskelzelle stimuliert werden. Dies führt zur Aktivierung der Nukleinsäuren und der Eiweißsynthese. Krafttraining mit Schädigung der Z-Scheiben führt zur Erhöhung von IGF-1, Zytokine (IL-4) und MGF (Mechano Growth Factor), welche dann eine Satellitenzellaktivierung stimuliert (14, 15, 19, 23, 33). Erst ein Zeitraum von sechs Wochen Krafttraining führt zur Hochregulation der IL-4 Rezeptoren (1, 33). Da hier der Trainingszeitraum bei maximal vier Wochen lag, war hier die Intervention zu kurz, um Umfangdifferenzen auszugleichen. Somit beschränkte sich die Adaption primär auf neuronale Mechanismen. Die Lysholm-Scores beider Trainingsgruppen lassen auf eine bessere Befindlichkeit der Patienten bei alltäglichen Belastungen unabhängig vom Training schließen. Tagesson et al. (39) konnten Vergleichbares feststellen. Es erreichen nur 85% der gesunden Männer und 69% gesunder Frauen 100 Punkte (7, 40).
Schlussfolgernd bleibt festzuhalten, dass auf Grundlage der vorliegenden Befunde beide Trainingssysteme als sicher, im Sinne einer Elongation der Plastik angenommen werden können. Damit eröffnet sich für den Patienten mehr Übungsvielfalt und kann einer Monotonie im Training vorbeugen. Zu prüfen bleibt, inwiefern eine Kombination beider kinetischer Systeme im klinischen Setting eine effektivere Reduktion des bilateralen Defizits herbeiführt.

Angaben zu finanziellen Interessen und Beziehungen, wie Patente, Honorare oder Unterstützung durch Firmen: keine.

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