Neuromuskuläre Auswirkungen von Krafttraining im Kindes- und Jugendalter: Hinweise für die Trainingspraxis
Neuromuscular Impact of Strength Training in Children and Adolescents:
Implications for Exercise
ZUSAMMENFASSUNG
Aufgrund internationaler Forschungsberichte hat sich die Haltung gegenüber Krafttraining im Kindes- und Jugendalter während der letzten Jahre deutlich verändert. Unter der Prämisse der „richtigen“ Anwendung kann Krafttraining als sichere und effektive Maßnahme zur Steigerung der Kraftfähigkeiten, zur Erhöhung der Knochendichte und zur Verletzungsprophylaxe angesehen werden. Deutschsprachige Publikationen haben die internationale Datenlage bislang nur unzureichend wahrgenommen. Daher werden in diesem Überblicksbeitrag die neuromuskulären Auswirkungen von Krafttraining im Kindes und Jugendalter sowie die daraus folgenden Hinweise für die Trainingspraxis anhand der relevanten Literatur beschrieben. Die Resultate dieses Überblicks deuten darauf hin, dass sich Krafttrainingsmethoden für Erwachsene nicht direkt auf den sich im Wachstum befindenden Organismus übertragen lassen. Hierfür sind in erster Linie Unterschiede in den physiologischen Voraussetzungen von Kindern und Erwachsenen verantwortlich, die zu differierenden trainingsbedingten Anpassungsreaktionen führen und dadurch eine altersgerechte Planung des Krafttrainings mit Kindern und Jugendlichen erfordern.
Schlüsselwörter: Kinder und Jugendliche, Krafttraining, neuromuskuläre Leistungsfähigkeit
SUMMARY
The attitude towards resistance or strength training in children and adolescents has changed throughout the last couple of years due to international research efforts. Today, resistance training has proved to be a safe and effective regimen to increase strength performance, to enhance bone density, and to prevent injuries in youth sports and recreational activities. However, only little research has been done in German-speaking countries. On the basis of the relevant literature, this review deals with the neuromuscular impact of resistance training in children and adolescents as well as with the resultant implications for exercise. The findings of this review imply that resistance training protocols for grown-ups cannot directly be applied for the needs of children and adolescents. Differences in the physiological condition of children and grown-ups seem to be responsible for this phenomenon, which again cause divergent training-related neuromuscular adaptations. As a consequence, age-specific planning of resistance training protocols is mandatory.
Key words: children, adolescents, strength training, neuromuscular performance
EINLEITUNG
Der Einsatz von Krafttraining im präpubertären Kindes- (Mädchen ~6-11 Jahre, Jungen ~6-12 Jahre, Tanner I) und pubertären oder adoleszenten Jugendalter (Mädchen ~12-18 Jahre, Jungen ~13-18 Jahre, Tanner II-V) (60) war über viele Jahre hinweg umstritten (17), da erste Studien, welche in den 1960er bis 1980er Jahren durchgeführt wurden, keine oder nur geringe trainingsbedingte Kraftzuwachsraten bei diesen Zielgruppen dokumentieren konnten (11, 39, 64). Aufgrund dieser Untersuchungen, die teilweise gravierende methodische Mängel (z.B. geringer Trainingsumfang) aufwiesen (5, 28), bestand lange Zeit die Annahme, dass Krafttraining erst postpubertär (>18 Jahre) sinnvoll eingesetzt werden sollte (1). Diese Aussage basierte auf der Annahme, dass ein Mangel an zirkulierenden muskelaufbauenden Hormonen (z.B. Testosteron) im kindlichen insbesondere präpubertären Organismus, einen Kraftzuwachs verhindere (1). Weiterhin wurde diskutiert, dass intensive Trainingsreize, wie sie z.B. beim Krafttraining vorkommen können, ein retardierendes Längenwachstum bedingen (9) und zudem Schädigungen des passiven Bewegungsapparates (z.B. Apophysenabriss, Verletzung der Epiphysenfuge) verursachen (8, 45, 53). Analysen des alltäglichen kindlichen Bewegungsverhaltens zeigen aber auch, dass beispielsweise bei Sprüngen Kraftspitzen bis zum Achteinhalbfachen des Körpergewichts auf den Bewegungsapparat einwirken (31). Aus verschiedenen Berichten zu den verletzungsbedingten Ursachen im Krafttraining mit Kindern und Jugendlichen geht daher hervor, dass weniger die Belastungsintensität als vielmehr unkontrollierte und somit unphysiologische Hebetechniken sowie unzureichend ausgebildete Betreuungspersonen für krafttrainingsbedingte Verletzungen im Kindes- und Jugendalter verantwortlich sind (13, 65). Neue Untersuchungen belegen, dass ein kontrolliert durchgeführtes altersspezifisches Krafttrainingsprogramm im Kindes- und Jugendalter kein erhöhtes Verletzungsrisiko birgt (37, 54), keinen negativen Einfluss auf biologische Reifungsprozesse hat (54) und signifikante Kraftgewinne der Maximalkraft und Kraftausdauer hervorrufen kann (19, 20, 25, 28, 55).
Vor diesem Hintergrund und der Feststellung, dass sich zwischen 1975 und 2000 die motorische Leistungsfähigkeit von deutschen Kindern und Jugendlichen in Form eines säkularen Trends um mehr als 10% verschlechterte (6), hat der Einsatz von Krafttraining im Kindes- und Jugendalter erheblich an Bedeutung gewonnen. In der Schulsportforschung scheinen diese Entwicklungen erkannt worden zu sein, da aus drei kürzlich erschienenen Publikationen in Fachzeitschriften Hinweise und Empfehlungen zu vermehrtem Einsatz von Krafttraining in der Schule zu entnehmen sind (33, 34, 61). Obwohl sich die Einstellung zum Krafttraining im Kindes- und Jugendalter langsam zum Positiven verändert, gibt es immer noch einige bedeutsame Aspekte, die geklärt werden müssen, um ein sicheres und effektives Krafttraining in diesem Lebensabschnitt zu gewährleisten.
Aus diesem Grunde werden im vorliegenden Literaturüberblick die neuromuskulären Auswirkungen von Krafttraining im Kindes- und Jugendalter sowie die sich daraus ergebenden Hinweise für die Trainingspraxis anhand der relevanten Literatur diskutiert.
Kraftzuwachs im Kindes- und Jugendalter
Eine Vielzahl von Studien belegt eindrücklich (18, 20, 25, 29, 43, 49, 51, 52, 63), dass altersgerechtes Krafttraining mit Kindern und Jugendlichen zu erheblichen Kraftzuwachsraten führt (vgl. Tab. 1). Abhängig vom Trainingszustand des Probandenkollektivs, der angewandten Belastungsintensität, -häufigkeit und -dauer, den trainierten Muskelgruppen und der eingesetzten Messmethodik beträgt die trainingsbedingte Krafterhöhung zwischen 13 und 40% (12, 28). In einer Studie konnte sogar ein 74%-iger Kraftzuwachs nach einem achtwöchigen Training mit zwei Trainingseinheiten pro Woche ermittelt werden (26). Die beschriebenen Kraftgewinne beziehen sich, je nach Studiendesign und zugrunde liegender Fragestellung, auf Verbesserungen der Maximalkraft und/oder der Kraftausdauer (20, 25).
An einer Studie von Faigenbaum et al. (20) nahmen 43 Mädchen und Jungen (Alter 10.6±1.3 Jahre) teil, die randomisiert in drei Gruppen eingeteilt wurden. Die erste Gruppe (GR 1, n=12, Alter 10.4±1.2 Jahre) führte über einen Zeitraum von acht Wochen zweimal pro Woche ein „Einsatz – Training“ (Training mit einer Serie pro Übung) an kindgerechten Krafttrainingsmaschinen mit sechs bis zehn Wiederholungen durch und die zweite Gruppe (GR 2, n=19, Alter 10.4±1.5 Jahre) mit 15 bis 20 Wiederholungen. Zu Beginn des Trainingszeitraums wurde die Trainingslast so gewählt, dass gerade noch sechs (GR 1) bzw. 15 (GR 2) Wiederholungen an den jeweiligen Krafttrainingsgeräten geschafft werden konnten. Die Trainingsprogression wurde zunächst über den Umfang, d.h. eine Erhöhung der Wiederholungszahl (GR 1: 6 bis 10 Wdh.; GR 2: 15 bis 20 Wdh.) und erst dann über die Intensität, d.h. eine Lasterhöhung reguliert. Letzteres bewirkte wiederum eine Reduktion der Wiederholungszahl auf den ursprünglichen Wert. Die Kontrollgruppe (KON, n=12, Alter 10.9±0.9 Jahre) nahm nur an den Eingangs- und Abschlussmessungen teil. Erfasst wurde die Maximalkraft beim Bankdrücken über das sog. „Einer – Wiederholungs – Maximum“ oder „One Repetition Maximum“ (1 RM – entspricht der Last, die einmal zur Hochstrecke gebracht werden kann) und die Kraftausdauer in der Beinpresse über das 15 RM (entspricht der Last, die gerade noch fünfzehnmal zur Hochstrecke gebracht werden kann). Beide Interventionsgruppen erzielten nach dem Training signifikant höhere Zuwachsraten im 1 RM Test als die Kontrollgruppe (GR 1: 21%, p<0.05, Effektstärke (ES) =0.54 (40); GR 2: 23%, p<0.05, ES=0.67; KON: 1%, nicht signifikant (n.s.)). Beim Test zur Analyse der Kraftausdauer konnte jedoch nur die GR 2 eine signifikante Verbesserung aufweisen (GR 1: 32%, n.s., ES=1.02; GR 2: 42%, p<0.05, ES=1.50; KON: 4%, n.s.).
Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass bei präpubertären Kindern die Einsatz – Methode mit hohen Wiederholungszahlen und moderater Intensität zu größeren Kraftzuwachsraten der Maximalkraft und der Kraftausdauer führt, als die Methode mit niedrigen Wiederholungszahlen und hoher Intensität. Beim Krafttraining mit Erwachsenen hat es sich gezeigt, dass sich die Maximalkraft mit hohen Intensitäten und niedrigen Wiederholungszahlen besser trainieren lässt als mit moderaten Intensitäten und hohen Wiederholungszahlen (36). Die hier vorgestellten Untersuchungsergebnisse lassen vermuten (20), dass das kindliche Nerv-Muskel System andere Anpassungsmechanismen auf Krafttrainingsreize zeigt, als das von Erwachsenen. Auf die möglichen Ursachen dieses Phänomens wird zu einem späteren Zeitpunkt eingegangen.
Die in den einzelnen Entwicklungsstufen Präpubertät, Pubertät und Postpubertät zur Verfügung stehenden Anpassungsreserven an Krafttraining sind jeweils an die vorherrschenden physiologischen Voraussetzungen im entsprechenden Entwicklungsabschnitt gekoppelt. Hierbei müssen zwei Faktoren berücksichtigt werden, welche maßgeblich die Trainierbarkeit der Kraft beeinflussen. Diese umfassen einerseits die bestehenden hormonellen Regulationsmechanismen und andererseits das Verhältnis des zur Verfügung stehenden Kraftpotentials zum Körpergewicht (4). Nur vor diesem Hintergrund lassen sich die Untersuchungsergebnisse zum Kraftgewinn durch Krafttraining in diesen, von Wachstum geprägten, Lebensabschnitten beurteilen.
In einer Studie von Pfeiffer et al. (50) trainierten präpubertäre (n=15, Alter 10.3±1.2 Jahre, Tanner I), pubertäre (n=15, 13.1±1.0 Jahre, Tanner II-IV) und postpubertäre (n=10, 19.8±1.2 Jahre, Tanner V) Versuchspersonen über einen Trainingszeitraum von acht Wochen mit drei Trainingseinheiten pro Woche an Kraftmaschinen und mit Freihantelgewichten. Pro Trainingseinheit führten die Probanden neun Übungen für die untere und obere Extremität mit jeweils drei Serien bei 50%, 75% und 100% des 10 RM durch, wobei 100% des 10 RM der Trainingslast entspricht, die gerade noch zehnmal zur Hochstrecke gebracht werden kann. Vor und nach der Trainingsphase fanden Messungen zur Erfassung des maximalen Drehmoments der Knie- und Ellbogenextensoren und –flexoren an einem Isokineten bei Winkelgeschwindigkeiten von 30 und 120°/s statt. Es konnte ermittelt werden, dass sich nach dem Training das maximale Drehmoment aller Interventionsgruppen im Vergleich zu dem der Kontrollgruppen signifikant erhöht hatte. Weiterhin geht aus der Studie hervor, dass der absolute Kraftgewinn bei den pubertären und postpubertären Probanden höher war, als bei den präpubertären Versuchspersonen. Die Relativierung der jeweiligen Kraftzuwachsraten auf das Körpergewicht ergab, dass präpubertär höhere Gewinne verzeichnet werden konnten als pubertär und postpubertär. Daraus ergibt sich, dass die Trainierbarkeit der Kraft in allen drei dargestellten Wachstumsphasen gegeben ist, wobei man in Bezug auf die Höhe des Kraftzuwachses zwischen absoluten und relativen Werten unterscheiden muss, um den jeweiligen physiologischen Voraussetzungen gerecht zu werden. Die Resultate von Pfeiffer et al. (50) werden von weiteren Studien bestätigt (55, 64).
Nachdem nun geklärt werden konnte, dass sich Krafttraining im Kindes- und Jugendalter leistungspositiv auf die Maximalkraft und die Kraftausdauer auswirkt und der relative Kraftgewinn sogar höher ausfällt als bei Erwachsenen, bleibt die Frage nach möglichen geschlechts- und muskelspezifischen Anpassungserscheinungen an Krafttraining im Kindes- und Jugendalter offen. Darüber hinaus gilt es die Nachhaltigkeit der Effekte eines Krafttrainingsprogramms mit Kindern und Jugendlichen zu überprüfen.
Im Hinblick auf die Frage nach dem Geschlecht ist der Literatur zu entnehmen, dass sich krafttrainingsbedingte Zuwachsraten bei präpubertären Mädchen und Jungen nicht oder nur geringfügig unterscheiden (4). Mit dem Eintritt in die Pubertät und dem damit einhergehenden erhöhten Testosteronspiegel bei Jungen werden diese jedoch ersichtlich (4, 55).
Die Frage nach Unterschieden im Kraftzuwachs zwischen unterer und oberer Extremität lässt sich anhand der zur Verfügung stehenden Literatur nicht eindeutig klären. Pfeiffer et al. (50) berichten, dass die obere Extremität präpubertärer und pubertärer Jungen stärker auf Krafttrainingsreize reagiert als die untere, wohingegen aus einer Studie von Faigenbaum et al. (25) hervorgeht, dass die untere Extremität besser auf Krafttrainingsreize anspricht als die obere. Einschränkend muss jedoch erwähnt werden, dass in der zuletzt erwähnten Studie zwei Übungen pro Trainingseinheit für die untere Extremität angewandt wurden und lediglich eine für die obere. Es sind also weitere Untersuchungen zur abschließenden Klärung dieser Problematik notwendig.
Es bleibt also noch die Frage nach der Nachhaltigkeit von Kraftgewinnen (sog. „Detraining – Effekt“) im Kindes- und Jugendalter offen. Die Überprüfung von „Detraining – Effekten“ ist bei dieser Altersgruppe methodisch schwer durchzuführen, da sich die Kraft auch nach Beendigung des Trainings weiterhin wachstumsbedingt verbessert (5). Daher haben sich in der Vergangenheit nur wenige Studien dieser komplexen Problematik angenommen (10, 24). Der Untersuchung von Faigenbaum et al. (24) ist zu entnehmen, dass ein achtwöchiges Krafttrainingsprogramm mit sieben- bis zwölfjährigen Mädchen und Jungen (n=15, Alter 10.8±0.4 Jahre, davon n=13 Tanner I und n=2 Tanner II) zu einer 53%-igen Verbesserung der Leistung im 6 RM Test in der Beinpresse (p<0.05) und zu einem 41%-igen Zuwachs im 6 RM Test beim Bankdrücken führte (p<0.05). Im gleichen Zeitraum erzielte die Kontrollgruppe (n=9, Alter 10.0±0.4 Jahre, davon n=8 Tanner I und n=2 Tanner II) eine durchschnittliche Verbesserung von 8% in den jeweiligen Tests (n.s.). Nach einer achtwöchigen „Detrainingphase“ reduzierte sich das Kraftniveau der Interventionsgruppe in der oberen Extremität um 19% und in der unteren Extremität um 28% (jeweils p<0.05) und bildete sich damit nahezu auf das Niveau einer untrainierten Kontrollgruppe zurück.
Diekmann et al. (10) konnten hingegen in einer Krafttrainingsstudie mit 132 Mädchen und Jungen im Alter von acht bis zehn Jahren über einen Zeitraum von zwei Jahren mit drei zwölfwöchigen Trainingsperioden die Nachhaltigkeit von Maximalkraftgewinnen nachweisen. Zwischen den Trainingsblöcken lag jeweils eine Pause von neun Monaten. Das Krafttraining über die drei Trainingsperioden bewirkte bei der Interventionsgruppe (n=66) eine 26- 27%-ig höhere dynamische Bein- und eine 14- 15%-ig höhere Armkraft als bei der Kontrollgruppe (n=66). Des Weiteren deuten die Studienergebnisse darauf hin, dass sich bereits erzielte Trainingsgewinne nicht negativ auf folgende Trainingszuwächse auswirken. Zudem konnte ermittelt werden, dass die erzielten Trainingsgewinne während der neunmonatigen „Detrainingsphasen“ weitgehend stabil blieben. Dies zeigte sich u.a. in den entwicklungsbedingten Zuwachsraten der Interventionsgruppe während der Trainingspausen, die keine nennenswerten Unterschiede zu denen der Kontrollgruppe aufwiesen. Eine abschließende Beurteilung zur Nachhaltigkeit von trainingsbedingten Kraftgewinnen ist auf der Basis der derzeit zur Verfügung stehenden Literatur nicht möglich.
Neuromuskuläre Ursachen für den Kraftzuwachs im Kindes- und Jugendalter
Anpassungsmechanismen an Krafttraining können sich je nach Dauer, Häufigkeit und Intensität der gewählten Trainingsmethode dominant im zentralen Nervensystem, in der Muskulatur oder in Form eines verbesserten Zusammenspiels dieser beiden Strukturen bemerkbar machen (56). Es wird berichtet, dass beim Erwachsenen während der ersten vier Trainingswochen in erster Linie neuronale Mechanismen für den Kraftzuwachs verantwortlich sind (56). Dies bedeutet, dass sich die durch das zentrale Nervensystem regulierte Rekrutierung, Frequenzierung und Synchronisation motorischer Einheiten verbessert (intramuskuläre Koordination) und das Zusammenspiel einzelner Muskelgruppen koordinierter wird (intermuskuläre Koordination) (46). Erst nach einem Zeitraum von sieben Wochen konnte in einer Studie ein signifikantes Muskelfaserdickenwachstum bei entsprechender Reizsetzung im m. vastus lateralis festgestellt werden, wobei erste Wachstumstendenzen bereits ab der zweiten Woche zu erkennen waren (35).
Neuronale Mechanismen
Im Organismus präpubertärer Kinder ist das muskelaufbauende Hormon Testosteron im Vergleich zu dem pubertierender Jugendlicher oder Erwachsener nur im geringen Maße vorhanden, sodass die Anpassungsmechanismen an Krafttraining v.a. auf neuronaler Ebene stattfinden (49, 52, 55). Der Studie von Ramsay et al. (52) ist zu entnehmen, dass ein 20-wöchiges Krafttrainingsprogramm mit drei Trainingseinheiten pro Woche bei präpubertären Jungen (neun bis elf Jahre, Tanner I) zu einer 35%- bzw. 22%-igen Verbesserung der Leistung im 1 RM Test beim Bankdrücken respektive der Beinpresse geführt hat. Die unter isometrischen Bedingungen erfasste Maximalkraft der Ellbogenflexoren erhöhte sich trainingsbedingt um 37% und die der Kniestrecker um 25% (jeweils p<0.05). Eine Analyse des maximalen Drehmoments unter isokinetischen Bedingungen ergab für die Ellbogenflexoren eine 26%-ige Verbesserung und für die Knieextensoren eine 21%-ige Erhöhung (jeweils p<0.05). Die computertomographische Erfassung des Muskelquerschnitts von Oberarm und Oberschenkel zeigte keine trainingsbedingten Veränderungen. Es konnte jedoch ein Trend zu einer erhöhten Aktivität von Motoneuronen in den Beinextensoren und den Armflexoren festgestellt werden.
Aus der Studie von Ozmun et al. (49) geht hervor, dass ein achtwöchiges Krafttraining mit drei Trainingseinheiten pro Woche bei präpubertären Kindern (GR 1: n=8, Alter 10.5±0.5 Jahre, Tanner I) zu einem signifikanten Kraftzuwachs (28%, p<0.05) der Ellbogenflexoren unter isokinetischen Bedingungen (90°/s) führte. In der Kontrollgruppe (GR 2: n=8, Alter 10.0±0.4 Jahre, Tanner I) konnte ein 15%-iger Zuwachs festgestellt werden (n.s.). Der Kraftgewinn der GR 1 ging mit einer signifikanten Erhöhung der Muskelaktivität im m. biceps brachii (iEMG) einher (17%, p<0.05). In der GR 2 war eine 6%-ige Reduktion im iEMG festzustellen (n.s.). Umfangsmessungen des Oberarmes ergaben keine signifikanten Veränderungen. Den Studienergebnissen zufolge lässt sich die intramuskuläre Koordination in Form einer verbesserten Rekrutierung und Frequenzierung motorischer Einheiten durch Krafttraining im Kindesalter positiv beeinflussen.
Da diese Zuwachsraten jedoch nicht ausreichen, um den gesamten Kraftgewinn zu erklären, scheint insbesondere ein verbessertes Zusammenspiel synergistischer Muskeln (intermuskuläre Koordination) und möglicherweise auch eine reduzierte Koaktivität antagonistischer Muskeln für den Kraftzuwachs im Kindesalter verantwortlich zu sein (27). In diesen Mechanismen vermuten Faigenbaum et al. (20, 25) auch die Ursache dafür, dass präpubertäre Kinder bei Krafttrainingsmethoden mit hohen Wiederholungszahlen und moderaten Intensitäten höhere Zuwachsraten im Bereich der Maximalkraft und der Kraftausdauer zeigen, als bei Trainingsmethoden mit niedrigen Wiederholungszahlen und hohen Intensitäten.
Sale (55) zufolge weist das kindliche Nerv-Muskelsystem entwicklungsbedingte Defizite in den Bereichen Ansteuerung agonistischer Muskeln und Zusammenspiel synergistischer Muskeln auf, die, im Vergleich zu Erwachsenen, ein größeres neuronales Anpassungs- und Entwicklungspotenzial bedingen. Faigenbaum et al. (20, 25) schließen daraus, dass diese Anpassungsreserven über Methoden mit hohen Wiederholungszahlen besser abgerufen werden können als über Methoden mit niedrigen Wiederholungszahlen.
Hypertrophie
In den meisten Studien zum Krafttraining im Kindesalter wird Hypertrophie als mögliche Ursache für den Kraftzuwachs ausgeschlossen (4, 49, 52). Es muss jedoch erwähnt werden, dass in diesen Untersuchungen vorwiegend anthropometrische Verfahren (z.B. Umfangsmessung) zur Bestimmung des trainingsbedingten Zuwachses an Muskelmasse zum Einsatz kamen. Deren Messgenauigkeit ist jedoch im Vergleich zu bildgebenden Verfahren (z.B. Computertomographie, Magnetresonanztomographie) eingeschränkt (62).
In einer Studie von Fukunaga et al. (32) nahmen Erst- (n=15, Alter 6.9±0.3 Jahre, radiologische Knochenalterbestimmung am Handgelenk (rkh=6.2±0.5 Jahre), Dritt- (n=17, Alter 9.0±0.3 Jahre, rkh=8.1±1.1 Jahre) und Fünftklässler (n=20, Alter 10.9±0.3 Jahre, rkh=10.7±2.0 Jahre) an einem zwölfwöchigen Krafttrainingsprogramm teil. Die Versuchspersonen der Interventionsgruppen führten über einen Trainingszeitraum von zwölf Wochen dreimal pro Woche und zweimal pro Trainingstag maximale isometrische Kontraktionen der Ellbogenflexoren mit einer Kontraktionsdauer von 10s durch. Eine Kontrollgruppe bestehend aus Erst- (n=14, Alter 7.0±0.3 Jahre, rkh=6.4±0.9 Jahre), Dritt- (n=17, Alter 9.0±0.2 Jahre, rkh=8.8±0.6 Jahre) und Fünftklässlern (n=16, Alter 11.1±0.2 Jahre, rkh=10.8±1.0 Jahre) nahm lediglich an den Eingangs- und Abschlussmessungen teil. Es wurde das maximale Drehmoment (isokinetisch bei 60, 180, 300°/s) und die Maximalkraft (isometrisch) der Ellbogenflexoren und-extensoren sowie die Querschnittsflächenveränderungen des Oberarms mittels Ultraschalluntersuchung erfasst. Die Autoren berichten, dass bei allen Gruppen keine trainingsbedingten Verbesserungen des maximalen Drehmoments festgestellt werden konnten. Die Maximalkraft hingegen erhöhte sich bei den Jungen in allen drei Altersgruppen signifikant (p<0.05), wohingegen bei den Mädchen nur die Erstklassschülerinnen signifikante Zuwachsraten aufwiesen (p<0.05). Eine Vergrößerung der Querschnittsfläche des Oberarms konnte ebenfalls analysiert werden. Während jedoch bei den Dritt- und Fünftklassschülern der GR 1 ein signifikanter Zuwachs der Muskelquerschnittsfläche im Oberarm ermittelt wurde (dritte Klasse Jungen: p<0.01, ES=0.23; dritte Klasse Mädchen: p<0.05, ES=0.74; fünfte Klasse Jungen: p<0.001, ES=0.54; fünfte Klasse Mädchen: p<0.01, ES=0.19), war bei der GR 2 (mit Ausnahme der Drittklassschüler (männlich) und der Fünftklassschüler (weiblich)) ein signifikant erhöhter Fettanteil festzustellen (p<0.05). Fukunaga et al. (32) folgern aus diesen Ergebnissen, dass sich in der Muskulatur präpubertärer Kinder bei ausreichender Reizsetzung Hypertrophie induzieren lässt. Aus zwei anderen Untersuchungen gehen ähnliche Ergebnisse hervor (44, 59). Zur abschließenden Klärung dieser Frage sind weitere Studien notwendig.
Aufgrund des Testosteronanstiegs bei Jungen in der Pubertät ist der trainingsbedingte Kraftzuwachs in diesem Lebensabschnitt sowohl auf neuronale Faktoren als auch auf Hypertrophie zurückzuführen (42). Bei pubertären Mädchen sind weiterhin in erster Linie neuronale Mechanismen für den Kraftgewinn verantwortlich (41). Die gezielte Durchführung eines submaximalen Krafttrainings (70- 80% des 1RM) mit der Wirkweise Hypertrophie (36) erscheint daher erst ab der Pubertät bei Jungen sinnvoll zu sein (49).
HINWEISE FÜR DIE TRAININGSPRAXIS
Es stellt sich nun die Frage nach den Hinweisen und Rückschlüssen, die aus den oben aufgeführten neuromuskulären Auswirkungen von Krafttraining im Kindes- und Jugendalter für die Trainingspraxis gezogen werden können. Hierbei ergeben sich zunächst allgemeine Richtlinien, die vor der Aufnahme und während der Durchführung des Krafttrainings Berücksichtigung finden sollten (2). Ein wichtiger Aspekt ist hierbei der Zeitpunkt, ab welchem Krafttraining im Kindesalter aufgenommen werden kann.
Nach Faigenbaum et al. (17) sollten Kinder erst dann mit einem Krafttraining beginnen, wenn sie kognitiv, emotional und sozial dazu in der Lage sind. Bei einem normalen Entwicklungsverlauf scheint dies zwischen dem siebten und achten Lebensjahr der Fall zu sein. Eine medizinische Untersuchung vor Beginn des Krafttrainings ist ratsam, jedoch nicht zwingend erforderlich, sofern keine offensichtlichen gesundheitlichen Probleme vorliegen. Vor der Aufnahme des Krafttrainings sollten Lehrer/Trainer auf mögliche Gefahrensituationen beim Krafttraining hinweisen und das Trainieren ohne geschulte Aufsicht grundsätzlich verbieten. Ein Betreuungsverhältnis von einer Aufsichtsperson zu zehn Kindern/Jugendlichen hat sich bewährt, wobei es gerade zu Trainingsbeginn sinnvoll ist, zusätzliches Betreuungspersonal hinzuzuziehen (17). Bei der Durchführung des Krafttrainings an Geräten, mit Freihanteln oder dem eigenen Körpergewicht liegt die oberste Priorität auf der korrekten, physiologischen Bewegungsausführung. Nur so können Fehlbelastungen und daraus resultierende Verletzungen vermieden werden. Um eine technisch saubere Bewegungsausführung zu gewährleisten, ist es angebracht, die Krafttrainingsübungen zunächst ohne Gewichtslast und erst nach mehrmaliger korrekter Ausführung mit geringer Zusatzlast durchzuführen. Auf diese Weise nähert man sich langsam der eigentlichen Trainingslast an, die schließlich in einem optimal koordinierten Bewegungsablauf zur Hochstrecke gebracht werden kann. Zum besseren Verständnis dieser Informationen sollten die Richtlinien zum Ablauf des Krafttrainings im Kindes- und Jugendalter methodisch – didaktisch ansprechend (z.B. visuell) veranschaulicht werden (17).
Umsetzung des Krafttrainings: Maschinen, Freihanteln, eigenes Körpergewicht
In einer Studie von Brown et al. (7) konnte ermittelt werden, dass Krafttraining mit Adoleszenten zu lediglich 0.003 Verletzungen pro 100 Stunden praktizierten Krafttrainings führte. Aus einem Literaturüberblick geht hervor (37), dass im Fußball 6.2 und im Basketball 1.0 Verletzungen pro 100 Stunden Spiel/Training zustande kommen. Daraus kann abgeleitet werden, dass ein kurzzeitig durchgeführtes Krafttraining eine sichere Trainingsmaßnahme zur Verbesserung der Kraftfähigkeiten im Kindes- und Jugendalter darstellt (15), wobei hier weitere Studien notwendig sind, welche die gesundheitlichen Auswirkungen eines lang andauernden Krafttrainingsprogramms evaluieren.
Der Literatur ist zu entnehmen, dass Krafttraining mit Kindern und Jugendlichen an Kraftmaschinen (49), mit Freihanteln (54) oder mit dem eigenen Körpergewicht (29) durchgeführt wurde. Es stellt sich nun die Frage, welche der drei oben aufgeführten Krafttrainingsmittel für den Einsatz mit Kindern und Jugendlichen am besten geeignet ist.
Dem maschinengestützten Krafttraining im Kindes- und Jugendalter stand man lange Jahre sehr skeptisch gegenüber, da man davon ausging, dass Fehlbelastungen und damit Verletzungen durch das Training an Geräten verursacht wurden (47). Dies ist jedoch nur dann richtig, wenn die Kraftmaschinen keine kindgerechten Einstellungen im Hinblick auf Gelenkspositionen und Lastdosierung zulassen. Da sich jedoch die Geräte im Bereich der Rehabilitation so weiterentwickelt haben, dass Feinabstufungen der Gewichtslast und exakte Einstellungen der Gelenkspositionen möglich sind und zudem viele Hersteller von Kraftmaschinen Geräte für Kinder produzieren, erscheint es sinnvoll, diese für das Krafttraining mit Kindern und Jugendlichen einzusetzen. Ein weiterer Vorteil des Krafttrainings an Kraftmaschinen ist die exakte Dosierung der Belastungsintensität und damit die zielgerichtete Ansteuerung einer spezifischen Kraftfähigkeit. Demgegenüber stehen geringe koordinative Anforderungen des maschinengestützten Trainings, der hohe Betreuungsaufwand sowie die teuren Anschaffungs- oder Nutzungskosten von Krafttrainingsgeräten (47).
Das Training mit Freihanteln bietet ebenfalls den Vorteil der exakten Dosierung der Belastungsintensität. Zudem kann die gesamte Gelenksamplitude für das Training ausgenutzt werden. Die anspruchsvollen koordinativen Anforderungen der Bewegungsausführung sind einerseits positiv zu werten, da sie eine hohe funktionelle Relevanz besitzen, andererseits auch negativ, da Anfänger leicht überfordert werden. Aus diesem Grunde sollte dieses Trainingsmittel nur bei Fortgeschrittenen oder im Leistungssport eingesetzt werden. Der hohe Betreuungsaufwand muss ebenfalls negativ erwähnt werden (47).
Lange Zeit galt das Training mit dem eigenen Körpergewicht als die einzig sinnvolle Form des Krafttrainings im Kindes- und Jugendalter, da Krafttraining an Geräten oder mit Freihanteln zu hohe Belastungen induzieren und damit den Bewegungsapparat schädigen könnte (30). Aufgrund der bereits beschriebenen Belastungsspitzen im kindlichen Bewegungsalltag erscheint diese Aussage als nicht gerechtfertigt. Ein Nachteil des Trainings mit dem eigenen Körpergewicht ist die schwer kontrollierbare Belastungsdosierung des Trainings. Dadurch wird die progressive Trainingsgestaltung erschwert. Dennoch hat das Training mit dem eigenen Körpergewicht gegenüber den beiden anderen Trainingsmitteln Vorteile, die insbesondere im Bereich der einfachen und kostengünstigen Durchführung liegen (47).
Eine abschließende und allgemein zutreffende Empfehlung kann nicht geleistet werden, da eine Vielzahl von Faktoren, wie z.B. die zur Verfügung stehende Infrastruktur die Auswahl der Trainingsmittel bestimmen. Um das Training möglichst abwechslungsreich und interessant für die Kinder zu gestalten, wäre eine Kombination der drei Trainingsmittel sinnvoll, sofern die körperlichen Voraussetzungen dies zulassen.
Belastungsnormativa im Krafttraining mit Kindern und Jugendlichen
Für das dimensionsanalytisch klar strukturierte Krafttraining mit Erwachsenen sind empirisch gesicherte Belastungsvorgaben auf der Grundlage morphologisch-physiologischer Wirkweisen vorhanden (36). Studien von Faigenbaum et al. (20, 25) deuten darauf hin, dass diese nicht direkt auf das Krafttraining mit Kindern und Jugendlichen übertragen werden können. Im Folgenden werden daher Belastungsnormativa empfohlen, die sich an der Literatur zum Krafttraining mit Kindern und Jugendlichen orientieren.
Auf- und Entwärmen
Vor dem Krafttraining sollte ein allgemeines Aufwärmprogramm für ca. zehn Minuten durchgeführt werden, welches dynamische Übungen (z.B. Sprünge) mit mittlerer bis hoher Intensität enthält (16). Im Anschluss wird in Form eines spezifischen „warm ups“ für ca. fünf Minuten an Krafttrainingsgeräten mit geringen Lasten trainiert. Der Hauptteil des Krafttrainings sollte in etwa 30 Minuten andauern (20). Nach dem Krafttraining wird ein „cool down“ Programm zur Förderung der schnellen Regenerationsfähigkeit durchgeführt.
Belastungsumfang
Da bei präpubertären Kindern die Anpassungserscheinungen an Krafttraining vorwiegend im neuronalen Bereich stattfinden, scheint auf der Basis der Angaben von Sale (56) ein Zeitraum von vier Trainingswochen mit zwei Einheiten pro Woche ausreichend zu sein, um Kraftgewinne zu erzielen. Die meisten Trainingsstudien wurden jedoch in einem Zeitfenster von acht bis zwölf Wochen durchgeführt und zeigten positive Effekte (14). In Bezug auf die Trainingshäufigkeit berichten Faigenbaum et al. (22), dass ein einmaliges Krafttraining pro Woche bereits zu Kraftzuwachsraten führt. Diese sind jedoch um etwa ein Drittel höher, wenn zweimal pro Woche an nicht aufeinanderfolgenden Tagen trainiert wird. Im Krafttraining mit Kindern und Jugendlichen haben sich unterschiedliche Serien- und Wiederholungszahlen als effizient erwiesen, die von einer Serie und sechs bis zehn Wiederholungen (20) bis hin zu fünf Serien und 15 Wiederholungen (38) reichen. Aus den Darstellungen in der Literatur ergibt sich, dass bei Anfängern ein Einsatztraining mit einem Umfang von 6-20 Wiederholungen am besten geeignet ist, um Anpassungsmechanismen im neuromuskulären System hervorzurufen (27). Hierbei hat es sich gezeigt, dass Trainingsmethoden mit moderaten Intensitäten (15- 20 RM) und hohen Wiederholungszahlen (15- 20 Wiederholungen) zu größeren Zuwachsraten im Bereich der Maximalkraft und der Kraftausdauer führen als Trainingsmethoden mit hoher Intensität (6- 10RM) und niedriger Wiederholungszahl (20, 25). Zudem wird berichtet, dass die Kinder bei der Ausübung hoher Wiederholungszahlen mehr Spaß am Krafttraining zeigten als bei der Durchführung niedriger Wiederholungszahlen (25).
Eine Trainingseinheit besteht üblicherweise aus jeweils einer Übung pro großer Muskelgruppe, sodass zwischen sechs und zehn Übungen pro Einheit durchgeführt werden. Hierbei sollten mehrgelenkige Übungen vor eingelenkigen Übungen trainiert werden, da diese koordinativ anspruchsvoller sind und Ermüdungsprozesse in diesem frühen Stadium des Trainings eine untergeordnete Rolle spielen. Zwischen den Übungen sollte eine Pausendauer von ein bis zwei Minuten eingeplant werden (15).
Belastungsintensität und -dauer
Die Belastungsintensität sollte im Anfängerbereich über die subjektive Belastungssteuerung (z.B. Borg Skala) oder über die maximal mögliche Wiederholungszahl (z.B. 15-20 RM) reguliert werden (15, 21). Die Durchführung von 1 RM Tests ist bei Untrainierten ungeeignet, da maximale Belastungen bei schlechter Bewegungsausführung eine gewisse Verletzungsgefahr bergen können. Bei Kindern und Jugendlichen mit Krafttrainingserfahrung oder leistungssportlicher Ausrichtung kann die Belastungsintensität durchaus über das 1RM reguliert werden, sofern die Betreuung
durch gut ausgebildetes Personal gewährleistet ist. Aus einer Studie von Faigenbaum et al. (23) geht hervor, dass 1RM Tests mit sechs bis zwölfjährigen Kindern bei korrekter technischer Ausführung und fachmännischer Betreuung kein Verletzungsrisiko darstellen. Die Progression des Trainings wird zunächst über die Erhöhung der Wiederholungszahl sowie der Serienzahl und erst dann über die Steigerung der Last bewirkt.
Eine detaillierte Zusammenfassung der Belastungsnormative für das Krafttraining im Kindes- und Jugendalter findet sich in den Tabellen 2 und 3.
SCHLUSSBETRACHTUNG
In Anbetracht der sich zurückbildenden körperlichen Leistungsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen westlicher Industrienationen stellt Krafttraining, bei altersgerechter Anwendung, eine sichere und zielgerichtete Maßnahme zur Leistungssteigerung der Kraftfähigkeiten dar. In Abhängigkeit vom Alter, dem Trainingszustand und der Belastungsdosierung können trainingsbedingte Verbesserungen maximaler, explosiver sowie ausdauernder Krafteinsätze erzielt werden. Einerseits wirkt dieser Leistungszuwachs verletzungsprophylaktisch, andererseits trägt er zur Erweiterung der Handlungsfähigkeit im Alltag und im Sport bei. Neben der Kraft sollten parallel die Ausdauer, Beweglichkeit und Koordination entwickelt werden, um damit die Grundlagen für die Alltags- und Sportmotorik sowie für die Gesunderhaltung in späteren Jahren zu schaffen.
Angaben zu finanziellen Interessen und Beziehungen, wie Patente, Honorare oder Unterstützung durch Firmen: Keine.
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Dr. Urs Granacher
Institut für Sport und Sportwissenschaften
der Universität Basel
Brüglingen 33
4052 Basel
Schweiz
E-Mail: urs.granacher@unibas.ch